Demokratie Globale Gesellschaft
Trump will halten, was er verspricht
… und das heißt nichts Gutes. Was droht bei Trumps Rückkehr ins Weiße Haus für das progressive Amerika?
Es ist wieder soweit. Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten. Und er hat sich viel vorgenommen. „Die Versprechen, die ich mache, halte ich auch“ – so lautete Trumps Zusage an seine Wähler*innen in seiner Siegesansprache. Für viele, die ihn nicht gewählt haben, klang das wie eine Drohung. Was er vorhat, hat der Republikaner im Wahlkampf immer wieder klar gemacht.
Katharina Draheim ist ist Redakteurin bei Campact. Im Blog schreibt sie über Politik und Gesellschaft in den USA .
Trump hat bereits in seiner ersten Amtszeit bewiesen, dass er nachhaltigen Schaden anrichten kann. Und dieses Mal ist er noch besser vorbereitet: Er hat ein Team absolut treuer Gefolgsleute um sich versammelt, der Supreme Court ist bereits mit ihm wohl gesonnenen Richter*innen besetzt und hat seine rechtliche Immunität bestätigt, und die Republikaner, die die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses stellen, sind ihm gewogener denn je. Trump ist leider nicht einfach eine Witzfigur; er ist bald wieder der mächtigste Mann der Welt. Und das wird gefährlich.
Das progressive Amerika steht vor einer harten Zeit. Bevor wir über den Widerstand gegen Trumps Agenda sprechen, müssen wir genauer verstehen, was die USA erwartet. Denn Trumps innenpolitische Pläne drohen das Leben vieler Amerikaner*innen und die US-Gesellschaft grundlegend zu verändern. Hier geht es um einige seiner Wahlkampfversprechen, die besonders schwere Einschnitte bedeuten.
„Sie sind Tiere“ – Massenabschiebungen
In den USA leben etwa elf Millionen Migrant*innen ohne Papiere. Teilweise sind sie seit Jahren oder Jahrzehnten in den USA zu Hause. Für sie und ihre Familien bedeutet Donald Trumps Ankündigung, illegale Einwander*innen massenhaft abschieben zu wollen, eine existentielle Bedrohung. Auch, wenn Trump dafür diverse rechtliche, diplomatische, logistische und finanzielle Hürden nehmen muss, wird er handeln. „Tough gegen Einwanderung“ war eine von Trumps Hauptforderungen im Wahlkampf, er beschimpfte illegale Einwander*innen als Tiere.
Gerade in republikanisch dominierten Bundesstaaten wie Florida und Texas kann er mit Kooperation der örtlichen Behörden rechnen. Und seine Leute sind gut vorbereitet. Der für seine extrem rechten Positionen bekannte Stephen Miller, der Trump schon in seiner ersten Amtszeit in Einwanderungsfragen beraten hat und nun sein stellvertretender Stabschef werden soll, bekräftigte: „Präsident Trump wird alles tun, was notwendig ist.“ Miller und andere Trump-Vertraute haben die letzten Jahre bereits an den Plänen für ein solches Vorhaben gearbeitet.
„Linksradikale Verrückte“ – den inneren Feind bekämpfen
Schon während seiner ersten Präsidentschaft hat Donald Trump die Nationalgarde eingesetzt, um gegen Black-Lives-Matter-Demonstrant*innen vorzugehen. Und nun will er seinen Kampf gegen Protest in den USA ausbauen. Mit Blick darauf, ob am Wahltag Chaos zu erwarten sei, sagte er: „Wir haben hier ein paar kranke Leute, linksradikale Verrückte … das sollte sich sehr leicht von der Nationalgarde oder, wenn nötig, vom Militär lösen lassen, weil sie das nicht geschehen lassen können.“ Und Trumps ehemaliger Verteidigungsminister Mark Esper warnt, dass der designierte Präsident es ernst meint mit seinen Androhungen, das Militär im Inneren einzusetzen.
„Völlig korrupte Leute“ – der Angriff auf die Presse
Auch einen großen Teil der Medien zählt Trump zu den Feinden – dafür, dass sie ihn kritisiert oder nicht ausreichend gelobt haben. Schon jetzt hat sein Rachefeldzug gegen sie begonnen. In seiner letzten Präsidentschaft und auch im Wahlkampf hat er immer wieder deutlich gemacht, was er von der Presse hält: nichts. Er tituliert sie als „Fake News“, „korrupt“ und als „Blutsauger“. Diese Aussagen haben Gewicht, wenn sie vom bald wieder höchsten Vertreter des amerikanischen Staates kommen.
Doch dabei belässt Trump es nicht. Der designierte Präsident hat den Sender CBS News auf 10 Milliarden Dollar verklagt – wegen eines angeblich unfair geschnittenen Interviews mit Kamala Harris, das einen Nachteil für seinen Wahlkampf bedeutet habe. Gegen einen Journalisten des Senders ABC News hat Trump ebenfalls eine Klage angestrengt. Und Amazon-Gründer Jeff Bezos, der auch die Washington Post besitzt, hat Trump überschwänglich zur gewonnen Wahl gratuliert – und den Journalist*innen seiner Zeitung zuvor bereits in vorauseilendem Gehorsam untersagt, eine Wahlempfehlung auszusprechen. Er weiß aus Erfahrung, dass es dem Geschäft von Amazon schadet, wenn er den Präsidenten verärgert.
Wiederholt hat Trump auch darüber gesprochen, TV-Sendern die Sendelizenz zu entziehen. Das wäre für ihn zwar nicht einfach umzusetzen. Doch auch wenn Trump die Pressefreiheit nicht unmittelbar beenden kann, kann er sie doch erheblich schwächen. Einen „Tod durch tausend Schnitte“ nennt Sharon Moshavi vom International Center for Journalists diese Taktik.
„Ihr könnt alle gehen“ – Arbeitnehmerrechte
Trump präsentiert sich gerne als Held der Arbeiter*innen. Aber das gilt nur, solange sie an seine populistischen Versprechungen glauben, durch Zölle und Abschiebungen wieder mehr und sicherere Arbeitsplätze für „echte“ Amerikaner*innen zu schaffen. Von Arbeitnehmerrechten hält der Immobilienmogul nicht viel. In einem Gespräch mit E-Auto-Bauer und Multimilliardär Elon Musk lobt er diesen dafür, dass er seine Angestellten sofort feuert, wenn sie streiken wollen. „Du bist der größte Rausschmeißer,“ so Trump zu Musk. „Du kommst rein und fragst ‚Ach, ihr wollt gehen?‘ Ich sage nicht, um welche Firma es geht, aber wenn sie streiken, sagst Du ihnen ‚In Ordnung. Ihr könnt alle gehen.‘“
In seiner ersten Präsidentschaft hat Trump das National Labor Relations Board – die Behörde, die die Beziehungen zwischen Arbeitergeber*innen und Arbeitnehmer*innen regelt – mit Gewerkschaftsgegner*innen besetzt. Expert*innen rechnen damit, dass sich das auch dieses Mal wiederholt. Unter anderem gehen sie davon aus, dass es noch schwieriger für Angestellte großer Firmen wird, eine eigene Gewerkschaft zu gründen. Das betrifft zum Beispiel prekäre Jobs wie Lieferant*innen für Amazon.
Die Gewerkschaften, die Angestellte im öffentlichen Sektor vertreten, müssen damit rechnen, dass die Trump-Regierung sie abschafft. So kann das geplante Sparprogramm für den Regierungsapparat leichter durchgesetzt werden, über das Elon Musk mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy wachen soll. Ramaswamy hat bereits angekündigt, auch Lehrergewerkschaften abschaffen zu wollen.
Und dann gibt es natürlich viele Gewerkschaftsmitglieder, die unmittelbar von Trumps Abschiebeplänen betroffen sind. Millionen von Arbeiter*innen im Gast- und Baugewerbe sowie in der Landwirtschaft werden so noch erpressbarer. Es ist zu befürchten, dass Regelungen, die Migrant*innen dann vor Abschiebung schützen, wenn sie Missstände an ihrem Arbeitsplatz anzeigen, aufgehoben werden.
Und damit sind Themen wie Abtreibungsrechte (akut gefährdet), fossile Energie (wieder massiv gefördert), Waffenrechte (auf dem Vormarsch), und viele andere Fragen noch gar nicht beleuchtet. Doch auch, wenn amerikanische Linke entsetzt über den Trump-Sieg waren, so waren sie doch nicht unvorbereitet. Mit kämpferischen Statements und Appellen an ihre Communities haben sie sich in der vergangenen Woche zu Wort gemeldet.
„Wir kämpfen weiter“ – die Antwort des progressiven Amerikas
Die demokratische Abgeordnete Alexandria Occasio-Cortez sieht übermüdet aus in dem Video, mit dem sie sich am Tag nach der Wahl an ihre Anhänger*innen richtet. Doch im Ton bleibt sie zuversichtlich: „Wir entscheiden uns dafür, zu kämpfen, zu gewinnen und füreinander da zu sein.“ Worauf es jetzt ankommt, so schiebt sie hinterher, ist die Mobilisierung der arbeitenden Amerikaner*innen. Sie glaubt nicht, dass eine „zu woke“ Politik die Menschen in Trumps Arme getrieben habe – ein Vorwurf, der immer wieder zu hören war. Vielmehr käme es darauf an, dass die Leute von ihrem Lohn leben können. Dafür gelte es nun zu kämpfen.
Die American Civil Liberties Union (ACLU), die sich für Bürgerrechte einsetzt, schreibt auf ihrer Website: „Die ACLU hat schon während seiner ersten Präsidentschaft über 400 Mal gegen seine illegalen Maßnahmen gekämpft. Dieses Mal sind wir noch besser vorbereitet.“ Die Organisation legt auf ihrer Website bereits in groben Zügen ihre Strategie dar: Rechtsbeistand für Whistleblower, rechtliches Vorgehen gegen Trumps Deportationspläne, Klagen zum Schutz von LGBTQI+ und Gegenwehr zur Einschränkung reproduktiver Freiheit.
Auch aus linken Gewerkschaftskreisen ist Zuversicht zu hören: „Jetzt müssen wir den Communities versichern, dass wir sie nicht allein lassen,“ so Antonia De Loera-Brus von den United Farm Workers. „Das hier ist eure Gewerkschaft, und eure Gewerkschaft wird immer auf eurer Seite sein.“
Wie wichtig Gemeinschaft gerade jetzt ist, betont auch Make the Road, eine Organisation von und für Immigrant*Innen: „Jetzt ist es an uns – an Migrant*innen, Arbeiter*innen, jungen Menschen, Frauen, der LGBTQI+-Community und ihren Verbündeten unsere Zukunft zu schützen.“ Das Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit ende nicht am Wahltag, schreibt die Organisation auf Instagram.
Ob es wirklich gelingt, eine stärkere Gemeinschaft zu bauen und wie viel die Gegenwehr gegen die Trump-Regierung erreicht – das werden die nächsten vier Jahre zeigen.