Bundestagswahl Demokratie
Was ist die Grundmandatsklausel?
Wer bei der Bundestagswahl unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt, hat trotzdem eine Chance auf den Einzug in den Bundestag. Dank der Grundmandatsklausel reichen drei gewonnene Wahlkreise für den Sprung ins Parlament aus.
![Wahlen in Deutschland: Eine Mutter mit zwei Kindern in der Wahlkabine](https://blog.campact.de/wp-content/uploads/2025/02/bundestagswahl-wahlkabine.jpg)
Am 23. Februar ist es so weit – Deutschland wählt. Foto: IMAGO / Political-Moments
In der Debatte über das Wahlrecht taucht immer wieder ein Begriff auf: die Grundmandatsklausel. Die Grundmandatsklausel ist ein zentraler Bestandteil unseres Wahlsystems, der sicherstellt, dass auch kleinere Parteien, die stark in bestimmten Regionen verankert sind, eine Stimme im Bundestag bekommen.
Warum die Grundmandatsklausel unsere Demokratie stärkt
Die Grundmandatsklausel besagt, dass eine Partei, die mindestens drei Direktmandate in den Wahlkreisen gewinnt, auch dann in den Bundestag einzieht, wenn sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschreitet. Das bedeutet, dass ihre Zweitstimmen voll in die Sitzverteilung einfließen. Diese Regelung ist besonders wichtig für kleinere Parteien, die regional stark sind. Bei der Bundestagswahl 2021 konnte die Linke beispielsweise nur dank der Grundmandatsklausel in den Bundestag einziehen.
Warum ist sie wichtig?
Die Grundmandatsklausel stärkt die Vielfalt im Bundestag. Ohne sie könnten Parteien mit einer starken regionalen Basis, aber weniger bundesweiter Unterstützung, komplett aus dem Parlament ausgeschlossen werden – selbst dann, wenn sie direkt gewählte Abgeordnete haben. Damit trägt die Klausel dazu bei, dass der Bundestag die Vielfalt der Meinungen und Interessen in der Bevölkerung besser widerspiegelt.
Zudem fördert die Klausel den Wettbewerb in den Wahlkreisen. Bürger*innen können sicher sein, dass ihre Stimme zählt – auch wenn sie eine Partei unterstützen, die auf Bundesebene unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt.
Debatte um Reformen
Die Grundmandatsklausel ist nicht unumstritten. Die Ampel-Regierung hatte sie 2023 aus der Wahlrechtsreform gestrichen. CSU und Linke legten daraufhin Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein und hatte damit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hat der nächsten Regierung jedoch aufgetragen, das Wahlrecht mit Blick auf die Fünf-Prozent-Hürde und die Grundmandatsklausel noch einmal nachzujustieren.
Wann die Grundmandatsklausel eine Rolle spielte
In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ermöglichte die Grundmandatsklausel kleinen Parteien mehrfach den Einzug in den Bundestag.
- 2021: Die Linke
Bei der vergangenen Bundestagswahl holte die Linke bei den Zweitstimmen nur 4,9 Prozent, gewann aber dank Sören Pellmann, Gregor Gysi und Gesine Lötzsch drei Direktmandate und zog entsprechend ihres Zweitstimmenergebnis mit 39 Abgeordneten in den Bundestag ein. - 1994 und 2002: PDS
Bei der Bundestagswahl 1994 scheiterte die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), der Nachfolgepartei der SED, mit 4,4 Prozent der Zweitstimmen an der Fünf-Prozent-Hürde. In Ostberlin gewann sie jedoch vier Direktmandate und zog in den Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2002 erzielte die PDS lediglich 4 Prozent der Zweitstimmen, gewann jedoch zwei Direktmandate – wieder in Ostberlin – und zog über die Grundmandatsklausel in den Bundestag ein. - 1953: Die Deutsche Partei
Bei der Bundestagswahl 1953 gewann die Deutsche Partei in Niedersachsen drei Direktmandate, obwohl sie bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreichte. Dank der Grundmandatsklausel zog sie dennoch mit ihrer vollen Stimmenanzahl in den Bundestag ein.
Linke hat realistische Chance auf drei Direktmandate
Die Linke ist seit 20 Jahren durchgehend im Deutschen Bundestag vertreten und hat auch bei dieser Wahl, trotz schlechter Umfrageergebnisse, eine realistische Chance auf mindestens drei Direktmandate: in Erfurt und Weimar mit Bodo Ramelow, in Leipzig mit Sören Pellmann und in Berlin mit Gregor Gysi.
Die Linke ist bereits bei der vergangenen Bundestagswahl mithilfe der Grundmandatsklausel in den Bundestag gekommen. Die Gefahr, dass Wählerstimmen für die Linke am Ende verschenkt sind, ist deshalb gering.
Strategisch Wählen
Bei der kommenden Bundestagswahl droht Deutschland ein massiver Rechtsruck. Progressive Parteien könnten historisch schlecht abschneiden. Daher ist es sinnvoll, zu überlegen, welche Partei man wählt.
Wie sinnvoll strategische Wahlentscheidungen sein kann, zeigte jüngst die Landtagswahl in Sachsen. Wie auf Bundesebene gibt es in Sachsen eine Grundmandatsklausel. Wer zwei Wahlkreise direkt gewinnt, umgeht die Fünf-Prozent-Hürde und zieht ins Parlament ein. Nur durch den Einzug der Linken fehlte der AfD am Ende ein Sitz zur Sperrminorität, mit der sie wichtige Beschlüsse im Bundestag hätte blockieren können.
Das kannst Du jetzt tun
- Gehe auf jeden Fall am 23. Februar wählen.
- Wähle mit Deiner Zweitstimme eine Partei, die Chancen auf den Einzug in den Bundestag hat – oder knapp an der 5-Prozent-Hürde scheitern könnte. Schafft es die Partei nicht über die 5-Prozent-Hürde, geht Deine Stimme verloren – und wird auf die anderen Parteien verteilt; auch die AfD wird so stärker.
- Überlege, welche Partei Du wählst. Hat in Deinem Wahlkreis die AfD Chancen auf den Sieg, dann wähle mit Deiner Erststimme die Person, die die AfD am ehesten schlagen kann.
- Rufe Deine Freund*innen und Bekannten zum Wählen auf. Bei der letzten Bundestagswahl lag die Wahlbeteiligung bei 76,6 Prozent. Fast jede*r Vierte hat also nicht gewählt.
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