Ostdeutschland Soziales
Mindestlohn: Das einzig Gute am Sondierungspapier
Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD sind bitter. Doch es gibt zumindest einen Lichtblick: Der Mindestlohn soll auf 15 Euro pro Stunde erhöht werden. Warum das gerade für Ostdeutschland wichtig ist, dazu schreibt Danny Schmidt hier.

Schon im Wahlkampf zur Bundestagwahl 2025 ein Thema: der Mindestlohn. Foto: IMAGO / Arnulf Hettrich
Im Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD steht viel schlechtes. Gerade im Bereich Migration könnte man denken, dass die AfD mit am Tisch gesessen hat und den Verhandlungsparteien den Text diktierte. Auch der Klimaschutz geht im Sondierungspapier unter. Einsatz gegen Rechtsextremismus wird nicht mal erwähnt. Es ist zum Haare raufen – und ein mieser Ausblick für die kommenden vier Jahre.
Doch mindestens eine gute Sache findet sich im Papier: Die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro. Eine Forderung, die schon lange von der Linken und Gewerkschaften erhoben wurde und die kürzlich auch von Grünen und SPD adaptiert wurde. In diesem Jahr feiert der Mindestlohn zehnjähriges Jubiläum in Deutschland. Für mich kam der Mindestlohn damals zu spät; ich war 2015 am Ende meiner Ausbildung. Vor der Einführung habe ich noch in Bars und Callcentern für lächerliche fünf Euro die Stunde gearbeitet. Zum Glück ist das etwas, was heute so gut wie nicht mehr vorstellbar ist.
Mindestlohn vor allem in Ostdeutschland wichtig
Der Mindestlohn war schon immer eine politische Maßnahme, die vor allem Frauen und vor allem Ostdeutschen genutzt hat. Denn auch 35 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD ist das Lohngefälle zwischen Ost und West nach wie vor massiv und existent.
Eine Kleine Anfrage der Linken-Politikerin Heidi Reichinnek offenbart: Steigt der Mindestlohn auf 15 Euro die Stunde, gehen 9,5 Millionen Arbeitnehmer*innen mit mehr Geld nach Hause. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Es gibt um die 45 Millionen erwerbstätige Menschen in Deutschland. Das heißt: Jede*r Fünfte verdient aktuell weniger als 15 Euro die Stunde – im reichsten Land Europas. Eigentlich ein Skandal. Und im Osten sieht es noch schlimmer aus: Hier bekommt aktuell fast jede*r Dritte weniger als den geplanten neuen Mindestlohn von 15 Euro pro Arbeitsstunde.
Mehr Lohn = Mehr Kaufkraft = Gut für die Wirtschaft
Der Mindestlohn bringt also mehr Geld in die Taschen von Millionen Menschen. Hunderttausende, schätzt Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz, wären mit einem Schlag nicht mehr auf die Aufstockung durch das Bürgergeld angewiesen. Ein höherer Mindestlohn bringt mehr Steuern, mehr Sozialabgaben: Die gesamte Gesellschaft profitiert. Die Kaufkraft steigt, was zu mehr Konsum und damit zu einer angekurbelten Wirtschaft führt. Der Mindestlohn hat sich bewährt in Deutschland – auch wenn er vor seiner Einführung als sozialistisches Teufelszeug verschrien war.
Jetzt kommt es darauf an, auch weitere lohnsteigernde Maßnahmen durchzusetzen – zum Beispiel mehr Tarifverträge. Gerade im Osten, wo Gewerkschaften und Tarifverträge chronisch unterrepräsentiert sind. Bundes- und Landesregierungen dürfen öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben, die hohe und gute Löhne zahlen. Öffentliche Beteiligungen müssen an gute Löhne für die Beschäftigten geknüpft sein. So kann, gerade im Osten, das Lohnniveau erhöht und – wer weiß – vielleicht auch irgendwann mal an den Westen angeglichen werden. Schön wär’s ja.