Allyship Feminismus
5 Dinge, für die es sich am Weltfrauentag zu kämpfen lohnt
Der Weltfrauentag, oder auch feministischer Kampftag, ist ein wichtiger Tag für die feministische Bewegung. Warum es so wichtig ist, dass Frauen – und auch Männer! – an diesem Tag für Frauenrechte auf die Straße gehen, liest Du hier.

Foto: IMAGO / epd
Schon vor 100 Jahren gingen weltweit Frauen für Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen auf die Straße. Wählen dürfen Frauen mittlerweile fast überall auf der Welt. Doch an der wirklichen Gleichberechtigung hapert es nach wie vor. Unter anderem deswegen gibt es den Weltfrauentag – und er ist nach wie vor sehr wichtig. Doch es geht nicht nur um cis geschlechtliche (= weiblich wahrgenommen und weiblich identifizierte) Frauen. Alle FLINTA-Personen (cis Frauen, Lesben, inter, nicht binäre, trans*, agender und weitere Personen) leider unter patriarchalen Strukturen, stereotypen Geschlechterrollen und der daraus hervorgehenden Diskriminierung – vor allem in den folgenden Bereichen.
Am 8. März 2025 wird der 114. Internationale Frauentag oder auch Weltfrauentag gefeiert. Ins Leben gerufen schon vor dem Ersten Weltkrieg, ist er seit über hundert Jahren einer der wichtigsten Feier- und Protesttage. Am 19. März 1911 fand er zum ersten Mal statt. Zehn Jahre später wurde er dann auf den 8. März gelegt.
Der Protesttag geht unter anderem auf Theresa Serber Malkiel zurück. 1874 im russischen Zarenreich geboren (in einem Gebiet, das heute zur Ukraine gehört), emigrierte ihre jüdische Familie 1891 in die USA. Hier setzte sie sich schon früh für gleiche Rechte und Bezahlung von Frauen ein, gerade in der Fabrikarbeit. Sie führte die ersten Arbeitsstreiks von Frauen zu dieser Zeit an.
1. Arbeitswelt
Das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Internationalen Frauentag 2025 lautet: „Machen, was nötig ist: Gleichstellung jetzt!“ Der Fachkräftemangel ist in Deutschland allgegenwärtig – trotzdem sind die Bemühungen, ein faires Arbeitsumfeld für alle Arbeitnehmer*innen zu schaffen, gering. Im Schnitt verdienen Frauen immer noch weniger als Männer, trotz gleicher Qualifikation und Leistung. Darauf macht der „Equal Pay Day“ am 7. März, einen Tag vor dem Weltfrauentag, zusätzlich aufmerksam. Der Equal Pay Day markiert symbolisch die geschlechtsspezifische Lohnlücke, die laut Statistischem Bundesamt 18 Prozent in Deutschland beträgt.
Auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die Unterschiede massiv: In Deutschland übernimmt meistens die Frau in der Familie einen Großteil der Care-Arbeit (das heißt Erziehung von Kindern, Haushalt oder Pflege von Angehörigen). Frauen arbeiten eher in Teilzeit und gehen öfter und vor allem länger in Elternzeit. Doch auch wenn Mann und Frau Vollzeit arbeiten, übernehmen Frauen noch immer 87 Minuten mehr Care-Arbeit pro Tag. Die Arbeitswelt bezieht Frauen nicht gleichberechtigt ein und schafft nicht die gleichen Entwicklungs- und Aufstiegschancen, die ihre männlichen Kollegen haben. Das muss sich ändern.
2. Sicherheit
Jeden zweiten bis dritten Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer sexualisierten oder geschlechtsspezifischen Straftat; das heißt sie werden Opfer, weil sie Frauen sind. Jede vierte Frau in Deutschland ist in ihrem Leben mindestens ein Mal von Gewalt durch ihren aktuellen oder einen früheren Partner betroffen. Frauen, die mit einer Behinderung leben, trifft körperliche Gewalt fast doppelt so oft.
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Dennoch wird das strukturelle Problem nicht anerkannt. Täter erhalten in Gerichtsprozessen oft mildernde Umstände, zum Beispiel wenn der Tat eine Trennung vorausgegangen ist und sie von der Frau ausging. Damit gibt man den Opfern teilweise die Schuld an ihrer Ermordung. Das festigt das Bild, dass Täter einen angeblichen Besitzanspruch an „ihrer Frau“ hätten – ein unfassbar veraltetes Narrativ, dass Frauen irgendwem gehören würden, zum Beispiel ihren Vätern, Ehemännern oder anderen männlichen Verwandten. Gewalt, die von Männern ausgeht, muss endlich auch unter Männern zum Thema werden – auch dafür stehen wir am Weltfrauentag ein.
Eine Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, fordert die Einrichtung einer unabhängigen Beobachtungsstelle. Sie soll Femizide als solche benennen, untersuchen und Maßnahmen zur Prävention einleiten.
Das Gesundheitssystem vernachlässigt Frauen ebenfalls. Bei Autounfällen sind sie einem erheblich höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt: Denn die Crashtest-Dummys, mit denen bisher getestet wurde, orientieren sich an durchschnittlichen männlichen Maßen und Gewicht. Ein anderes Beispiel sind die klassischen Herzinfarkt-Symptome, die jede:r in Gesundheitsberufen lernt. Die sind in erster Linie typisch für Männer; bei Frauen äußert sich ein Herzinfarkt anders. So werden Herzinfarkte bei Frauen später erkannt oder falsch therapiert, was lebensgefährliche Konsequenzen haben kann.
3. Finanzielle Unabhängigkeit
Systematisch benachteiligt werden Frauen auch vom deutschen Steuersystem. Neben den oben genannten Faktoren wie dem Gender-Pay-Gap, höherem Teilzeit-Anteil und der oft unbezahlten Care-Arbeit, kommt auch noch das Ehegattensplitting hinzu. Das benachteiligt die oft schlechter verdienenden Frauen in der Hinsicht, dass sie prozentual mehr Steuern zahlen müssen als ihre Partner. Das derzeitige Steuersystem setzt außerdem indirekt Anreize dafür, dass eine Person in einer Ehe deutlich mehr verdient bzw. arbeitet als die andere, damit der Steuervorteil maximal ist. Im Kontext der oben genannten Umstände sind es dann – nicht überraschend – oft die Frauen, die in Teilzeit oder eine geringfügige Beschäftigung gehen.
Das reproduziert nicht nur längst überholte Rollenbilder, sondern hat auch gravierende Folgen. Einer davon ist die fehlende Unabhängigkeit: Frau muss ganz oder zu einem großen Teil auf ihren Partner als „Versorger der Familie“ vertrauen. Geht die Ehe in die Brüche, ist es für Frauen oft viel schwieriger, wieder voll ins Berufsleben einzusteigen. Das hat reale Einkommensverluste zur Folge. Und die zeigen sich auch in der Rente: Millionen Frauen in Deutschland droht durch diese Ungerechtigkeiten im Arbeitsleben und Finanzsystem die Altersarmut.
4. Gleichberechtigung
Jeder Mensch sollte die gleichen Rechte haben – und deswegen natürlich auch Frauen, weltweit. Im Jahr 1993 wurde auf der Menschenrechtsweltkonferenz festgelegt:
Die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am politischen, bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben, auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene, und die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sind vorrangige Ziele der internationalen Gemeinschaft.
In den 30 Jahren, die seitdem vergangen sind, ist viel passiert. Aber in den meisten Bereichen hapert es doch noch an der Umsetzung. Von tatsächlicher Gleichberechtigung sind wir also noch weit entfernt – erst recht, wenn man die internationale Lage betrachtet, wie etwa vor einigen Jahren im Iran. Nach der Tötung von Jina Amini im September 2022 war das Land in Aufruhr, weil sich immer mehr Menschen gegen die Unterdrückung des Regimes auflehnten.
Weltweit sind insbesondere Frauen Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, werden zwangsverheiratet oder erhalten keinen Zugang zu Bildung. In Afghanistan sind die Rechte von Frauen und Mädchen seit der Machtübernahme der Taliban massiv eingeschränkt. Der Irak setzte im Januar das Age of Consent von 18 auf 9 Jahre herab; also das Schutzalter, ab dem eine Person juristisch als einwilligungsfähig für sexuelle Handlungen angesehen wird). Am Weltfrauentag kämpfen wir für die Rechte aller Frauen und Mädchen weltweit, für deren Sicherheit und Selbstbestimmung.
Dazu gehört auch die freie Entscheidung über den eigenen Körper, zum Beispiel im Falle eine ungewollten Schwangerschaft. Parteien wie die AfD wollen Schwangerschaftsabbrüche am liebsten komplett verbieten. Konservative Parteien wie die Union unter ihrem Chef Friedrich Merz sehen in der Debatte um die Abschaffung des Paragraf 218 im StGB (der Abtreibungen unter Strafe stellt) einen „Affront gegen den Großteil der Bevölkerung“. Damit stellen sie sich gegen eine Mehrheit, denn drei von vier Deutschen befürworten legale Abtreibungen.
5. Repräsentation
In allen Bereichen des Lebens müssen Frauen gesehen und gehört werden – so sollte es sein. Die Realität zeigt ein anderes Bild: Als Konzern- und Wirtschaftsspitzen sind Frauen unterrepräsentiert, genauso wie in der Kommunal-, Landes- oder Bundespolitik. Der Frauenanteil im neuen Bundestag sinkt auf 31,2 Prozent. 2021 waren es noch 34,7 Prozent. Und das, obwohl die Politik ja die Interessen aller Bürger:innen vertreten sollte! Dazu kommt eine verminderte Repräsentanz in Medien. Nur 24 Prozent der in Zeitungs-, Fernseh- und Radionachrichten abgebildeten Menschen insgesamt und nur 20 Prozent aller gezeigten Expert*innen sind Frauen.
Wählen, die Haare kurz tragen, bei der Heirat den eigenen Namen behalten können: Die feministische Bewegung hat viel erreicht in den vergangenen 100 Jahren. Diese Erfolge feiern wir am Weltfrauentag. In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist der 8. März sogar mittlerweile ein landesweiter Feiertag, jeweils seit 2019 und 2023. Und der Protest geht weiter. Das muss er. Denn nur, wenn wir Frauen zusammen stehen und laut sind, werden wir gehört und die anhaltenden Probleme nicht vergessen.
Vielleicht gibt es am Wochenende auch eine Demo zum feministischen Kampftag in Deiner Nähe. In der Bundeshauptstadt Berlin gibt es gleich mehrere Veranstaltungen zum Weltfrauentag. Schau doch gleich mal im Internet nach!
Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag wurde erstmals am 7. März 2023 veröffentlicht. Anlässlich des Weltfrauentags 2025 haben wir ihn aktualisiert und neu veröffentlicht.