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Sie gehören uns allen: Steuergelder. Doch während viele Menschen jeden Cent zweimal umdrehen müssen, haben Banken und Finanzjongleure den Staat um schätzungsweise 28,5 Milliarden Euro betrogen – mit einem Trick namens CumCum. Ein Skandal, der im Schatten des bekannteren CumEx-Betrugs steht, aber noch viel größer ist. 

Was ist CumCum? So funktionierte der Steuerraub

Stell Dir vor, ein Unternehmen schüttet Gewinne (Dividenden) an seine Aktionär*innen aus . Darauf fällt in Deutschland die Kapitalertragsteuer an. Die können sich die Aktionär*innen – etwa Banken – unter bestimmten Bedingungen vom Finanzamt erstatten lassen. Aktionär*innen, die ihren Sitz im Ausland haben, können das aber regelmäßig nicht.

Hier setzte der CumCum-Steuerbetrug an

Zum Beispiel verliehen ausländische Inhaber*innen deutscher Aktien (etwa große Fonds oder Versicherer) ihre Aktien kurz vor dem Stichtag der Dividendenzahlung z.B. an eine steuerbefreite deutsche Bank. Nachdem die Dividende gezahlt und die Steuer abgeführt war, ließ sich das deutsche Institut die volle Kapitalertragsteuer vom Finanzamt erstatten – weil es ja formal der Inhaber der Aktie war. 

Unmittelbar danach gingen die Aktien zurück an den ausländischen Eigentümer. Die Steuerrückerstattung, die nur wegen der kurzfristigen Verschiebung möglich war und dem ausländischen Eigentümer so nicht zustand, teilten sich die Beteiligten auf.

Dieses Vorgehen ist illegal, das erklärte der Bundesfinanzhof offiziell 2015. Dem Finanzamt wurde eine Eigentümerschaft vorgetäuscht, die tatsächlich gar nicht bestand.

CumCum vs. CumEx: Geschwister-Skandale

Oft werden CumCum und CumEx verwechselt. Bei CumCum ging es darum, eine Steuer zu vermeiden, die der eigentliche ausländische Inhaber der Aktie hätte zahlen müssen. Bei CumEx jedoch ließen sich die Betrüger eine Steuer (die Kapitalertragsteuer) gleich mehrfach vom Staat erstatten, obwohl sie nur ein einziges Mal (oder gar nicht) gezahlt wurde. Hier ging es darum, sich eine Steuer erstatten zu lassen, die zuvor gar nicht abgeführt (also gezahlt) wurde.

CumCum-Geschäfte sind einfacher aufzuklären als CumEx-Geschäfte, da letztere über einen ausländischen Leerverkäufer abgewickelt wurden, der für Behörden oft schwer zu ermitteln war.

Warum die Regierung CumCum schnell aufklären muss

Die Zeit drängt, wenn wir die CumCum-Milliarden zurückholen und den Steuerbetrug aufklären wollen, warnt Anne Brorhilker. Sie steht wie keine andere für den Kampf gegen Finanzkriminalität: Als Oberstaatsanwältin in Köln war sie maßgeblich an der Aufklärung der CumEx-Skandale beteiligt. Für ihre Hartnäckigkeit bei Ermittlungen gegen mächtige Banken und Finanzakteure erlangte sie internationale Bekanntheit.

Ende April sprach Anne Brorhilker im Politik-Podcast „Die Lage der Nation“ ausführlich über CumCum, CumEx und das Thema Steuerbetrug. 

Anne Brorhilker: Die Stimme gegen Steuerbetrug

Aus Frust über mangelnden politischen Willen und fehlende Unterstützung im Kampf gegen Finanzkriminalität verließ Anne Brorhilker den Staatsdienst. Jetzt ist sie Vorständin der Bürgerbewegung Finanzwende. Und warnt eindringlich: „Der neuen Bundesregierung – und vor allem dem Finanzminister – läuft die Zeit davon.“

Sie kritisiert einen „katastrophalen Fehler“ der Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und FDP: Das sogenannte Bürokratieentlastungsgesetz IV. Dieses Gesetz verkürzt die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre. Warum ist das so problematisch? Brorhilker erklärt: „Die Regelung bringt keine Entlastung für ehrliche Unternehmen, erlaubt Banken und anderen CumCum-Täter*innen aber, wichtige Beweismittel zu vernichten und so Steuerrückforderungen zu verhindern.“

Unterlagen, die den Steuerraub belegen, dürfen dann einfach im Schredder landen. Für Banken und ähnliche Institute tritt die Verkürzung Anfang 2026 in Kraft. Das bedeutet: Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat nur noch ein halbes Jahr Zeit, Schwung in die Aufklärung zu bringen. Kurz nach seinem Amtsantritt hat er Steuerbetrug den Kampf angesagt; dem muss er jetzt Taten folgen lassen.

CumCum und CumEx: Warum es bei der Aufklärung nicht voran geht

Anne Brorhilkers Engagement bei Finanzwende ist ein klares Zeichen gegen das, was sie als größte Hindernisse bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität sieht:

  • Mangelnde Ressourcen und Spezialisierung: Steuerfahndung, Betriebsprüfung und Justiz sind oft personell unterbesetzt und nicht ausreichend auf komplexe Wirtschaftsfälle spezialisiert. Ständige Personalrotation verhindert den Aufbau notwendigen Fachwissens.
  • Fehlende Bündelung: International organisierte Kriminalität wie CumCum oder CumEx müsste auf Bundesebene koordiniert und von spezialisierten Expert*innen-Gruppen verfolgt werden.
  • Starker Lobby-Einfluss: Die Finanzlobby ist extrem mächtig und hat großen Einfluss auf Gesetzgebungsprozesse. Sie agiert mit Methoden wie der künstlichen Verkomplizierung („Steuerrecht ist zu schwer“), der Verharmlosung illegaler Tricks und der gezielten Platzierung von Rechtsmeinungen (z.B. durch bezahlte Gutachten von Professor*innen), die Praktiken als legal darstellen sollen.

Was jetzt geschehen muss

Lars Klingbeil muss die Rückholung der geklauten Steuermilliarden zur Priorität in den verbleibenden Monaten in diesem Jahr machen. Bundesbetriebsprüfer*innen müssten gezielt auf die Fälle angesetzt werden. Dafür braucht es auch ein gemeinsames Konzept mit Bund und Ländern. Auch dazu hat die Bürgerbewegung Finanzwende offene Briefe an die einzelnen Landesfinanzminister geschickt.

Werde aktiv: Unterzeichne die Petition!

Wir dürfen nicht zulassen, dass dem Staat die illegalen CumCum-Profite durch die Lappen gehen. Finanzwende setzt sich deswegen auf WeAct für die schnelle Rückforderung der CumCum-Milliarden ein. Schon über 270.000 Menschen haben unterzeichnet – schließe Dich ihnen gleich an!

Unterzeichne die Petition auf WeAct
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Autor*innen

WeAct ist die Petitionsplattform von Campact – einer Kampagnen-Organisation, die sich mit über drei Millionen Menschen für progressive Politik einsetzt. Im Campact-Blog berichtet das Team von WeAct regelmäßig über laufende Petitionen und aktuelle Erfolge. Alle Beiträge

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