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Stabile Mieten, gratis Busfahren, kostenlose Kinderbetreuung und von der Stadt betriebene Lebensmittelläden: Das will der Demokrat Zohran Mamdani in New York City durchsetzen, sollte er Bürgermeister werden. Finanzieren will er sein Programm mit höheren Unternehmenssteuern und höheren Einkommenssteuern für alle, die mehr als eine Million Dollar im Jahr verdienen. 

Mamdani, der Außenseiter

Für amerikanische Verhältnisse ist das ein regelrecht linksradikales Programm. Umso überraschender war es, dass der 33-Jährige in den Vorwahlen die demokratische Kandidatur für das Bürgermeisteramt gewonnen hat. Er hat nicht nur eine starke soziale Agenda, sondern setzte sich auch als relativ unbekannter Kandidat durch. Sollte er die Wahl im November gewinnen, wäre er außerdem der erste muslimische Bürgermeister der Stadt. 

Mit ihrer Entscheidung haben die demokratischen Wähler*innen der Stadt das Establishment ihrer Partei überstimmt. Viele Parteigrößen hatten den Gegenkandidaten Andrew Cuomo unterstützt. Und das, obwohl Cuomo sein Amt als Gouverneur wegen Vorwürfe sexueller Belästigung niedergelegt hatte. Mit 25 Millionen Euro war Cuomo’s Kampagne mit Abstand am besten finanziert. 

Unterstützung von AOC und Bernie Sanders

Auch der New York Times, die eher demokratische Standpunkte vertritt, gehen die Pläne Mamdanis entschieden zu weit. „Wir glauben nicht, dass Herr Mamdani einen Platz auf den Wahlzetteln der New Yorker verdient hat,“ so das Urteil der Zeitung. Nach seinem Sieg in den Vorwahlen ist die Partei weiterhin gespalten. Während der linke Flügel um Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders schon im Wahlkampf für Mamdani geworben hatte, zeigen sich moderate Demokrat*innen nach wie vor bedeckt. 

Die demokratische Gouverneurin des Staates New York, Kathy Hochul, sieht bislang davon ab, Mamdanis Kampagne zu unterstützen – das ist ebenso ungewöhnlich wie deutlich. Das Gleiche gilt für die ranghohen Demokraten Chuck Schumer und Hakeem Jeffries. Andere aus der Partei drücken ihren Widerwillen gegen Mamdani ganz offen aus. Eine New Yorker Abgeordnete nannte ihn „die absolut falsche Wahl für New York“, ein weiterer demokratischer Abgeordneter sagte, er habe „ernsthafte Bedenken“

Großspender haben Bauchschmerzen

Die alteingesessenen moderaten Demokraten haben Angst, Mamdanis Ideen könnten dem Image der Partei schaden – und vielleicht sogar um sich greifen. Außerdem befürchten sie, dass der Kandidat Großspender*innen vergraulen könne, denen Mamdanis sozialpolitisches Programm nicht gefällt. Eine weitere Sorge ist, dass die Republikaner den vermeintlich radikalen Mamdani als demokratisches Feindbild nutzen könnten – und so die Wiederwahl anderer Demokrat*innen gefährden. 

Dabei sieht es eigentlich ganz so aus, als ob Zohran Mamdanis Programm gut ankommt. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wähler*innen wieder zurück zu den Demokraten zu holen, die bei der letzten Wahl für Trump gestimmt haben. Das will er mit einem „unerbittlichen Fokus auf ökonomische Themen“ erreichen. Das Thema seiner Kampagne sei Ungleichheit, so Mamdani. Und das beschäftige nicht nur die Menschen in New York City, sondern landesweit. 

Kritik an Israel

Mamdani hat das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg scharf verurteilt. Seine Haltung brachte ihm von einigen Seiten den Vorwurf des Antisemitismus ein – gegen den er sich selbst sich in einem Statement entschieden wehrte. Im Wahlkampf suchte er immer wieder das Gespräch mit jüdischen Organisationen und gewann in der Stadt mit der größten jüdischen Bevölkerung außerhalb Israels die Nominierung. Sein jüdischer Mitbewerber um das Bürgermeisteramt, Eric Lander, der sich mit Mamdani auf eine gegenseitige Unterstützung im Wahlkampf geeinigt hatte, fasste bei einem gemeinsamen TV-Auftritt der beiden zusammen: „Kein Bürgermeister wird dafür Verantwortung tragen, was im Nahen Osten geschieht. Aber es ist doch bemerkenswert, dass ein jüdischer New Yorker und ein New Yorker Moslem heute zusammen hier sitzen um zu sagen: ‘So wollen wir alle New Yorker beschützen.’“ 

Richtungsentscheidung für die Demokraten

Die Frage ist nun, welche Schlüsse die Demokraten daraus ziehen. Seit der Niederlage gegen Trump ist die Partei vor allem mit sich selbst befasst und hat Schwierigkeiten, eine deutliche Gegenposition zum Präsidenten zu beziehen. Zahlreiche Demokraten loben nun zwar Mamdanis Fähigkeit, die Menschen zu begeistern, doch seine politischen Positionen sind vielen in der Partei weiterhin zutiefst suspekt.

Rassistische Angriffe auf Zohran Mamdani

Die Republikaner sind sich schon einig, was sie vom jungen demokratischen Politiker halten. Trump bezeichnet ihn als „kommunistischen Irren“, und auch die rassistischen und islamophoben Kommentare überschlagen sich. „Nach dem 11. September haben wir gesagt ‚Kein Vergessen‘. Ich denke, leider haben wir vergessen“, postete zum Beispiel die republikanische Abgeordnete Nancy Mace. Und rückte Mamdani so aufgrund seiner Religion in die Nähe der Anschläge auf das World Trade Center. Ein anderer fordert die Aberkennung der amerikanischen Staatsbürgerschaft und die Abschiebung Mamdanis, der in Uganda geboren wurde und dessen Eltern aus Indien stammen. 

Vielleicht sollte auch das den Demokraten zu denken geben. Denn auch aus ihren eigenen Kreisen kamen islamophobe Angriffe auf Mamdani. So hatte Andrew Cuomo ihn mit Anzeigen attackiert, in denen er als gefährlicher Radikaler präsentiert wird – mit einem deutlich dichteren und dunkleren Bart, als er ihn in Wirklichkeit trägt. Die Monate bis zur Wahl werden zeigen, ob die Partei lernfähig ist. 

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Autor*innen

Katharina Draheim ist Redakteurin bei Campact. Nach ihrem Studium in Berlin und New Orleans war sie lange für die Atlantik-Brücke tätig. Das Land auf der anderen Seite des Ozeans beschäftigt sie noch immer: Im Blog schreibt sie über die USA. Alle Beiträge

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