Europa Migration Montagslächeln

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) ließ es sich nicht nehmen, eine beeindruckende Kulisse für seinen „Migrationsgipfel“ auszuwählen. Hoch oben über den Dächern Deutschlands und der Alpen, auf der Zugspitze, empfing er ausgewählte europäische Politiker*innen zum „Zugspitz Summit on Migration“, so der offizielle Titel – also zum Zugspitzen-Gipfel zur Migration. Was so ergebnisoffen und harmlos klingt, hat eine klare Agenda: gesamteuropäisch eine schärfere Migrationspolitik zu verabschieden.
Deswegen hat Dobrindt auch von Einladungen für gewisse Staaten abgesehen. Vertreter*innen von Luxemburg, Belgien und den Niederlanden, zuletzt eher gemäßigt beim Thema Migration, müssen draußen bleiben. Stattdessen begrüßt er die Innenminister von Polen, Österreich, Dänemark, Tschechien und Frankreich zum Arbeits-Lunch über den Wolken. Noch vor Inkrafttreten der ab 2026 angestrebten Neuordnung der europäischen Migrationspolitik fordern die fünf Politiker schon deren Verschärfung.
Protestierende der deutschen Flüchtlingsräte, die zeitgleich zum Gipfel das goldene Gipfelkreuz besetzten, nennen die wahre Intention des Treffens beim Namen: „Gipfel der Abschottung“. Es ginge in erster Linie um noch mehr Abschottung der EU vor unerwünschten Zuwanderern.
Vor denen nämlich, die in jedem zweiten Satz der Anwesenden auf der Pressekonferenz am Freitagnachmittag nicht als Menschen bezeichnet wurden, die Schutz vor Krieg, Verfolgung und Elend suchen, sondern als Sache: „illegale Migration“.
Jana Frielinghaus in ihrem nd-Artikel „Gipfel der Hardliner“
Gebrochene Versprechen
Die „illegale“ oder „irreguläre Migration“ zu bekämpfen hatte sich die schwarz-rote Koalition schon in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen. In diesem Zuge beendete sie auch die Aufnahmeprogramme, zum Beispiel für die Ortskräfte in Afghanistan. Diesen hatte Deutschland eine sichere Überführung als Schutz vor den Taliban versprochen – und hält dieses Versprechen jetzt nicht ein.
Ein weiteres Versprechen, an das die Regierung sich nicht mehr hält, impliziert die Beendigung des Resettlement-Programms, durch das Deutschland seit 2014 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus UNHCR-Lagern aufnimmt. Das hatte drastische und sofortige Konsequenzen: 183 Flüchtlinge aus dem UNHCR-Lager Kakuma, die bereits im Transitbereich des Flughafens Nairobi auf ihren Flug nach Deutschland warteten und eine Einreisezusage hatten, mussten zurück ins Lager.
Diese Entscheidung trifft nicht nur die 183 betroffenen Personen, die sich in einer hilflosen Lage befinden, sondern untergräbt auch das Vertrauen in internationale Zusagen und das Engagement vieler zivilgesellschaftlicher Helfer*innen in Deutschland. Mentor*innen von NesT-Programmen („Neustart im Team“) deutschlandweit haben deshalb eine Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, gestartet. Sie fordern unter anderem, das Resettlement-Programm fortzusetzen – und damit das Versprechen auf Schutz einzuhalten.