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In Deutschland werden jedes Jahr Vermögen in gigantischer Höhe weitergereicht – bis zu 400 Milliarden Euro Erbschaften aus Geld, Immobilien und Firmenanteilen. Im Jahr 2024 brachte die Erbschaft- und Schenkungsteuer mit 13,3 Milliarden Euro Rekordeinnahmen. Doch die Schieflage bleibt bestehen: Superreiche zahlen auf Hunderte Millionen oder gar Milliarden oft weniger Steuern als Menschen mit kleineren Erbschaften.

Mit Kreide auf Gehweg geschriebene Worte „TAX THE RICH“, im Hintergrund ein Fahrradfahrer.
Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire

Ehrensache Erbschaftsteuer

Milliardärsfamilien vererben Vermögen fast steuerfrei – während andere Steuern zahlen müssen. Das ist ungerecht und spaltet die Gesellschaft. Finanzwende e.V. fordert mit WeAct: Schluss mit Privilegien für Milliardäre – her mit einer fairen Erbschaftsteuer!

Was ist die Erbschaftsteuer?

Eigentlich ist das System fair und nachvollziehbar gedacht: Je größer das Erbe und je entfernter die Verwandtschaft, desto höher der Steuersatz. Ehepartner*innen können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, Kinder bis zu 400.000 Euro. Für alles darüber werden Steuern zwischen 7 und 50 Prozent fällig.

Doch bei großen Vermögen kippt diese Logik: Schlupflöcher machen die Regeln zu einem Geschenk für Überreiche. So lag der effektive Steuersatz auf Erbschaften über 20 Millionen Euro zwischen 2011 und 2020 bei nur 2,8 Prozent – während Erb*innen kleinerer Beträge fast das Dreifache zahlen mussten.

Der Grund dafür sind zahlreiche Ausnahmen für Überreiche. Schon mehrfach haben Gerichte die Erbschaftsteuer wegen ihrer Schlupflöcher für verfassungswidrig erklärt. Sie wird deshalb auch „Dummensteuer“ genannt – gezahlt wird sie nur von denen, die die Ausnahmen nicht ausnutzen (können). 

Susanne Klatten verschenkt steuerfrei Milliarden

2024 übertrug BMW-Erbin Susanne Klatten Vermögenswerte von mindestens 4,5 Milliarden Euro an ihre drei Kinder. Jedes Kind bekam Anteile im Wert von über 1,5 Milliarden Euro. Geldsummen, die weit über jedem Freibetrag liegen.

Und doch könnten ihre Kinder die Milliarden fast steuerfrei erben: Mithilfe der sogenannten Verschonungsbedarfsprüfung. Sie erlaubt einen Steuererlass, wenn das „private“ Vermögen der Erben zu klein ist, um die Steuer sofort zu zahlen. Das gilt selbst bei einem Milliarden-Erbe. Diese Regel macht es Überreichen leicht, sich vor dem Finanzamt arm zu rechnen.

Mathias Döpfner ist „bedürftig“

Mathias Döpfner, Vorstandschef von Axel Springer und Milliardär, hat vorgemacht, wie raffiniert die Trickserei funktioniert. Kurz vor einer Milliardenschenkung durch Fride Springer kaufte er so viele Springer-Aktien, dass sein Konto fast leer war. Und bekam dank der Verschonungsbedarfsprüfung einen Steuererlass, weil er die Steuer angeblich nicht zahlen konnte.

Dunkle Milliarden: Der Fall Kühne 

Der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne hat sein Milliardenvermögen in die Kühne Stiftung eingebracht – nach seinem Tod erbt sie fast steuerfrei. Brisant ist dabei nicht nur die Steuerfrage: Kühnes Unternehmen, Kühne + Nagel, profitierte in der NS-Zeit davon, den Hausrat deportierter Jüdinnen und Juden zu transportieren. Eine öffentliche Aufarbeitung dieser Vergangenheit verweigert er bis heute.

So wandern Milliarden mit dunkler Geschichte nahezu ungebremst über Generationen weiter. Die Übertragung von Firmenanteilen auf eine Familienstiftung macht es legal möglich, die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu umgehen. Die Stiftung gilt dabei als Erbe*in ohne Vermögen und erhält deshalb Steuererlass.

Steuern für Milliardäre? Nur im Ausnahmefall.

Doch es geht auch anders. Als der Unternehmer Heinz Thiele starb, hinterließ er seiner Familie ein Milliardenvermögen. Doch im Gegensatz zu Klatten, Döpfner oder Kühne hatte seine Familie keine Stiftung parat, um das Erbe steuerfrei zu sichern. Sie war zerstritten und schlecht vorbereitet – und musste am Ende rund vier Milliarden Euro Erbschaftsteuer zahlen. Das war die größte Steuerzahlung dieser Art in der deutschen Geschichte.

Auch in diesem Fall war eine Familienstiftung geplant, um das Vermögen steuergünstig zu übertragen – doch sie wurde zu spät gegründet. Die Folge: Vier Milliarden Euro mehr in der Staatskasse. 

Der Fall Thiele ist damit eine Ausnahme, die die Regel bestätigt: Normalerweise schützt die Stiftungslösung Milliardenerben zuverlässig vor Steuern. Nur wenn die Überreichen „Fehler“ machen und ihre Tricks zu spät anwenden, tragen sie durch Zahlung der Erbschaftsteuer etwas zur Allgemeinheit bei.

Auf nach Karlsruhe 

Die Fälle von Klatten, Döpfner, Kühne und Thiele zeigen: Die jetzige Erbschaftsteuer lädt Milliardäre geradezu ein, sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft zu entziehen. Während „Normalbürger*innen“ für ein geerbtes Reihenhaus Steuern zahlen, können Dynastien Milliarden steuerfrei weiterreichen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Unrecht bereits zweimal gerügt. Im Herbst steht ein weiteres Urteil an. Das könnte den Weg ebnen für eine Steuer, die wirklich fair ist. Selbst CDU-Politiker Jens Spahn räumte jüngst in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ ein, dass Vermögen in Deutschland ungerecht verteilt seien und die Erbschaftsteuer reformiert werden müsse. Höchste Zeit also, die jahrzehntealten Privilegien für Superreiche zu streichen.

Dafür kämpfen die Bürgerbewegung Finanzwende e.V., taxmenow und das Netzwerk Steuergerechtigkeit gemeinsam auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact. Unterstütze sie dabei und schließe Dich über 180.000 Menschen an.

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