Feminismus Menschenrechte WeAct
Über 20 Millionen Frauen in Europa haben keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen. In Malta droht für Abtreibung Gefängnis. In Italien und Kroatien können Ärzte mit dem Bezug auf „Gewissensverweigerung“ Abtreibungen ablehnen. In Polen sterben Frauen sogar wieder, weil viele Ärzt*innen aus Angst nicht handeln.
Auch in den USA schränkt Donald Trump das Recht auf Abtreibung ein. Seine Regierung unterstützt weltweit selbsternannte „Lebensschützer“, die massenhaft das Leben von Frauen gefährden und Ärzt*innen bedrohen. Wirkt weit weg? Ist es nicht. In Lippstadt klagt ein Chefarzt derzeit dafür, Schwangerschaftsabbrüche weiter durchführen zu dürfen – nach der Fusion seiner Klinik mit einem katholischen Krankenhaus wurde ihm das verboten.
Petition: Für ein Grundrecht auf Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland!
Vollständige Kostenübernahme, die Streichung von § 218 aus dem Strafgesetzbuch: Mehr als 150.000 Menschen unterstützen die Petition der Initiative für ein Grundrecht auf Abtreibung bereits. Schließe Dich jetzt an.
Frauenrechte in Gefahr
Frauen und ja, auch Ärzt*innen in Deutschland brauchen endlich Rechtssicherheit. Aktuell wird das Recht auf Schwangerschaftsabbruch unter Paragraf 218 im Strafgesetzbuch geführt. Eine Abtreibung ist also grundsätzlich erstmal eine Straftat. Die Straffreiheit ist nur eine „Fußnote im Gesetz“ und umfasst nur ganz bestimmte, sehr schwammig formulierte Ausnahmen. Diese Ungenauigkeit ist ein Einfallstor für konservative Mehrheiten, die ohnehin schon unklar formulierten Fälle auch noch zu streichen.
Doch statt Schwangerschaftsabbrüche endlich zu legalisieren, passiert das Gegenteil – dieses Recht wird wieder infrage gestellt. Weltweit sind Frauenrechte in Gefahr. Auch in Deutschland fordert die AfD, dass Schwangerschaftsabbrüche nur in „absoluten Ausnahmen“ durchgeführt werden. Und die CDU, vor allem Kanzler Merz, wettert heftig gegen jegliche Reform von Paragraf 218.
Frauen und Töchter schützen (und zwar wirklich)
Wer Frauen und Töchter schützen will – so wie Friedrich Merz es kürzlich vorgab zu tun – hat jetzt die Möglichkeit, wirklich etwas für ihren Schutz zu tun. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung einzuführen (und zwar durch eine Reform des Abtreibungsrechts), wäre eine von vielen möglichen Maßnahmen. Das fordern auch 50 Frauen aus Kunst, Wissenschaft und Politik in einem Brandbrief an den Kanzler.
Diese Forderung ist nichts Neues, sie ist weder radikal noch folgt darauf ein gesellschaftlicher „Großkonflikt“, wie Merz Ende 2024 behauptet hatte. Die Mehrheit der Bevölkerung ist sogar dafür: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums sind 80 Prozent für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Selbst bei den Wähler*innen der Union waren es 2024 laut Familienministerium 77,5 Prozent.
Eine noch von der Ampel-Regierung eingesetzte Expert*innen-Kommission hatte die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen empfohlen. Ihr Urteil: Die aktuelle Regelung im Strafgesetzbuch halten einer „verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht stand. Doch CDU und FDP blockierten den Gesetzesentwurf.
Warum Paragraf 218 abgeschafft werden muss
Noch ist der Abbruch einer Schwangerschaft strafbar. Mit drastischen Folgen:
- Versorgungskrise: Die Zahl der Ärzt*innen, die Abbrüche vornehmen, sinkt rapide. Viele andere halten es geheim, weil sie Konsequenzen fürchten. Nach einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums ist die Versorgungslage in 80 von 400 Landkreisen kritisch. Frauen müssen daher oftmals mehrere Einrichtungen kontaktieren, um einen Termin für einen Abbruch zu erhalten. Häufig sind sie gezwungen, weite Anreisen in Kauf zu nehmen.
- Kosten: Jede fünfte Frau hat Probleme, einen Abbruch zu finanzieren. Die Initiative für ein Grundrecht Abtreibung fordert daher, dass die Kosten für jeden Schwangerschaftsabbruch vollständig von den Krankenkassen übernommen werden sollten.
- Stigmatisierung: Solange Abtreibungen als Straftat gelten, werden die Frauen, die sich für eine solche entscheiden, stigmatisiert. Ein Großteil der Frauen spricht daher nicht über ihren Abbruch. Andere tun es und werden deswegen beleidigt oder bedroht. Und auch die Ärzt*innen sind diesen Stigmatisierungen ausgesetzt.
- Einfallstor für konservative Mehrheiten: Solange Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt werden, wäre es im Fall einer AfD-Regierung ein Einfaches, die Straffreiheit zu streichen und ein Verbot durchzudrücken. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch muss daher Teil der regulären Gesundheitsversorgung werden.
So wollen Regierungen die Geburtenrate erhöhen
In immer mehr Ländern gehen die Geburtenraten zurück – auch in Deutschland. Und immer mehr Regierungen versuchen dagegen vorzugehen. Doch statt die Lebensbedingungen für Eltern und Kinder zu verbessern, wird die Selbstbestimmtheit der Frau infrage gestellt: Abtreibungen werden verboten, Kinderkriegen wird zum Staatsziel erklärt.
Dabei braucht es nicht immer ein Abtreibungsverbot: In Russland wird Frauen der Zugang zu Abtreibungen auch ohne Verbot erschwert. In 23 russischen Regionen gibt es seit September 2025 Geldstrafen für die „Anstiftung zur Abtreibung“ – Ärzt*innen droht sogar der Entzug der ärztlichen Zulassung.
Um gegen die rückläufige Geburtenrate vorzugehen, zahlt der Staat Frauen sogar eine Schwangerschaftsprämie: Wie der Spiegel im März berichtete, erhalten Studentinnen in der Region Orjol einmalig 100.000 Rubel (umgerechnet rund 1.050 Euro). Außerdem soll es laut Deutschlandfunk Nova eine Lotterie für Neugeborene geben: Frisch gebackene Eltern können eine Wohnung oder ein Auto gewinnen.
Zusätzlich soll es ab März 2026 ein neues Register für schwangere Frauen geben. Darin sollen Daten über werdende Mütter, den Verlauf der Schwangerschaft und die Gesundheit von Neugeborenen festhalten werden. Der Druck auf Frauen, die abtreiben wollen, könnte damit noch weiter steigen.
Auch in den USA war eine Baby-Prämie bereits im Gespräch: Als Antwort auf die sinkende Geburtenrate wollte Präsident Trump Frauen das Gebären mit einer Prämie von 5.000 US-Dollar pro Kind schmackhaft machen. Die Idee dazu stammte von seinem Ex-Buddy Elon Musk (bekanntlich Vater von mindestens 14 Kindern).
Auch die AfD will Abtreibungen am liebsten verbieten. Die rechtsextreme Partei beklagt außerdem die angeblich hohe Geburtenrate unter Migrantinnen. Weiße Frauen sieht sie in der Pflicht, mehr Kinder zu bekommen. Wie sie das schaffen will? Einen Vorschlag hat sie jüngst im niedersächsischen Landtag unterbreitet: ein Baby-Begrüßungsgeld in Höhe von 2.000 Euro.
Recht auf Abtreibung muss in die Verfassung
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden Frauen schon einmal zu Gebärmaschinen für das Vaterland erklärt. Frauen mit einem Baby-Begrüßungsgelder (für bestimmte Gruppen) zu manipulieren, führt in diese Richtung. Abtreibungen zu verbieten, ebenso.
Es ist deshalb wichtiger denn je, reproduktive Rechte in Deutschland besser zu schützen. Im März 2024 hat Frankreich als allererstes Land das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert. Neben Spanien will auch Luxemburg das Recht auf Abtreibung im Grundgesetz festschreiben. Deutschland sollte folgen. Denn solange Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt werden, wird die Versorgungslage – im Gegensatz zu anderen Eingriffen im Gesundheitssystem – prekär bleiben.
In ihrer Petition fordert die „Initiative für ein Grundrecht Abtreibung“ einen fairen und einfachen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Konkret bedeutet das:
- Schwangerschaftsabbrüche sollen als Bestandteil der flächendeckenden und allgemeinen medizinischen Versorgung anerkannt werden.
- Krankenkassen sollen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch vollständig übernehmen. In vielen Ländern ist dies bereits gängige Praxis – beispielsweise in Frankreich, Irland und Dänemark. Auch in den Niederlanden wird die Kostenübernahme bis zur 22. Woche übernommen. In der Schweden müssen Patient*innen nur eine kleine Gebühr zahlen – und ab 2027 werden Schwangerschaftsabbrüche auch in der Schweiz übernommen.
- Ärzt*innen sollten in ihrer Ausbildung lernen, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Bislang führen kaum Praxen Abtreibungen durch. Würden Schwangerschaftsabbrüche endlich entkriminalisiert und Teil des „normalen“ Gesundheitssystems, gäbe es mehr behandelnde Ärzt*innen.
Über 160.000 Menschen haben die Petition der „Initiative für ein Grundrecht Abtreibung“ bereits unterzeichnet. Schließe Dich jetzt an.