Hakenkreuze auf Tischen, Hitlergrüße auf Pausenhöfen, rechtsextremistische Sprüche in Klokabinen: Immer häufiger werden Schulen zu Schauplätzen von Hass, Hetze und rechtsextremen Vorfällen. In Berlin stieg die Zahl rechtsextremistisch motivierter Vorfälle an Schulen von 41 im Jahr 2021 auf 70 im Jahr 2023. Das ist ein Anstieg um rund 70 Prozent.
Solche Entwicklungen gefährden Schulen als Orte demokratischer Bildung und Menschenrechte.
Hass und Hetze an Schulen – ein wachsendes Problem
Eine Forsa-Umfrage ergab: 73 Prozent der Bundesbürger*innen sind besorgt über den ansteigenden Rechtsextremismus an Schulen. Die Befragten, die der AfD nahe stehen, hingegen „machen sich weniger große oder gar keine Sorgen vor einer Zunahme rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen.“ Wen wundert’s?
Ein Report von Krautreporter zusammen mit dem ZDF Magazin Royale zeigt nun: Die Angriffe der Rechtsextremen auf das Schulsystem folgen einem Muster und scheinen „Teil einer gut orchestrierten Strategie der AfD“ zu sein, Schritt für Schritt weiter an Einfluss zu gewinnen und Lehrkräfte, die sich für demokratische Grundwerte einsetzen einzuschüchtern.
In einer nicht-repräsentativen Online-Umfrage vom Magazin Stern gab rund jede achte Lehrkraft an, Angst vor Anfeindungen aus rechtsextremen Kreisen zu haben, wenn sie sich im Unterricht klar zu demokratischen Werten bekennt und gegen Rechtsextremismus positioniert.
Die AfD selbst hat ein Online-Meldeportal mit dem Titel „Neutrale Schulen“ eingerichtet. Dort sollen Schüler*innen und Eltern angeblich AfD-feindliche Äußerungen oder Aktionen von Lehrkräften oder andere „Missstände“ an Schulen anzeigen.
Dürfen Lehrkräfte Haltung zeigen?
Auch das Argument, Lehrkräfte müssten sich „neutral“ verhalten, wird oft falsch verstanden. Denn es verpflichtet Lehrkräfte gerade nicht zur Gleichgültigkeit gegenüber Feindbildern und Hetze.
Wer von Neutralität spricht, sollte wissen, was sie wirklich bedeutet. Der Beutelsbacher Konsens legt fest, wie Lehrkräfte Haltung zeigen können, ohne ihre pädagogische Verantwortung zu verletzen. Er soll Schüler*innen davor schützen, (politisch) beeinflusst zu werden und verpflichtet Lehrkräfte dazu, offen und ausgewogen zu unterrichten.
Drei Grundsätze stehen im Mittelpunkt: Lehrkräfte dürfen Schüler*innen nicht mit ihrer Meinung überwältigen, alle wichtigen Standpunkte müssen vorkommen, und der Unterricht soll an die Lebenswelt der Schüler*innen anknüpfen. Lehrer*innen dürfen also auch ihre eigene Haltung zeigen, solange sie Diskussionen ermöglichen und niemandem ihre Meinung aufzwingen.
Symbole oder Botschaften mit politischem Bezug sollten kritisch besprochen werden; es sei denn, sie stehen klar für Werte wie Toleranz, Freiheit und Menschenwürde. So bleibt Schule ein Ort, an dem junge Menschen Demokratie nicht nur verstehen, sondern im Alltag leben – und lernen, sie entschieden zu verteidigen, wenn sie bedroht wird.
Lehrkräfte dürfen und sollten also Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus klar benennen – und dagegen handeln.
Rechtsextreme im Lehrerzimmer
Was aber, wenn die Gefahr nicht nur von außen kommt, sondern wenn Lehrkräfte selbst rechtsextreme Ideologien teilen?
Eine Recherche der ARD zeigte 2024: In mehreren Bundesländern verbreiten Lehrkräfte Verschwörungserzählungen, pflegen Kontakte zur rechtsextremen Szene – oft ohne Konsequenzen. Dabei sind verbeamtete Lehrkräfte eigentlich zur Verfassungstreue verpflichtet. Doch häufig fehlt die Kontrolle. Schulbehörden greifen selten ein, Kolleg*innen schweigen aus Angst oder Unsicherheit.
Grauzone Staatsdienst: AfD-Mitgliedschaft und Verfassungstreue
Viele Lehrkräfte sind Beamt*innen – und damit Vertreter*innen des Staates. Politisches Engagement ist ihnen nicht verboten, doch hier beginnt die Grauzone. In einer Demokratie ist Parteimitgliedschaft Privatsache – solange die Partei demokratische Werte achtet. Doch was, wenn sie diese selbst angreift?
Florian Becker, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Kiel, erklärt in einem Interview mit dem NDR: „Eine bloße Mitgliedschaft in der AfD ist für sich genommen kein disziplinarrechtlich relevanter Verstoß. Es müssen weitere Aspekte hinzukommen – etwa öffentliche Äußerungen oder Aktivitäten in den sozialen Medien. Besonders bei Parteifunktionär*innen besteht eine erhöhte Gefahr, dass ihre Haltung als verfassungsfeindlich einzustufen ist. In jedem Einzelfall muss deshalb genau geprüft werden.“
WeAct: Björn Höcke den Beamtenstatus entziehen
AfD-Chef Björn Höcke ist beurlaubter Lehrer und immer noch Beamter – trotz seiner menschenverachtenden Aussagen und Haltung. Ein Mann, den ein Gericht als „Faschisten“ bezeichnet, darf nicht im Staatsdienst bleiben. Fordere mit WeAct: Björn Höcke aus dem Beamtenverhältnis entfernen!
Björn Höcke: Vom Lehrer zum rechtsextremen Politiker
Bevor der rechtsextreme Björn Höcke in der AfD politisch aufstieg, unterrichtete er Geschichte und Sport. Ehemalige Schüler*innen berichten im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass Höcke bereits während seiner Lehrtätigkeit seine Gesinnung offen zeigte. Schon 2016 forderten Politiker*innen von SPD, CDU und Grünen, Björn Höcke in Zukunft nicht mehr als Lehrer arbeiten zu lassen. Seit 2014 ist er wegen seiner Abgeordnetentätigkeit beurlaubt. Verbeamtet ist er immer noch.
Anfang Mai 2025 hatte der Verfassungsschutz den AfD-Bundesverband als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Daraufhin klagte die AfD. Seitdem gilt eine sogenannte Stillhaltezusage. Sie setzt die Hochstufung vom Verdachtsfall zum gesichert rechtsextremistischen Fall vorerst aus.
Kurz nach der Einstufung im Mai hatte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) erklärt, dass AfD-Mitglieder im Staatsdienst vor diesem Hintergrund auf ihre persönliche Verfassungstreue überprüft werden müssten. Im Juni folgte ein Antrag der Grünen im Bundestag. Er zielt darauf ab, Verfahren zu entwickeln, mit denen überprüft werden kann, ob AfD-Mitglieder im Staatsdienst die demokratische Grundordnung respektieren. Falls nicht, sollten dienstrechtliche Konsequenzen folgen.
Inwiefern diese Überprüfungen zukünftig stattfinden und ob es Konsequenzen für die betreffenden Lehrkräfte und Beamte gibt, bleibt abzuwarten.
Bildungspolitik ist Ländersache
Was im Lehrerzimmer endet, beginnt schon in der Bildungspolitik. Denn wer über Lehrpläne und Bildungsziele entscheidet, prägt letztlich auch, welches Demokratieverständnis junge Menschen entwickeln.
In Deutschland liegt das Schul- und Bildungswesen in der Verantwortung der Bundesländer. Sie bestimmen Lehrpläne, Schulgesetze und politische Bildung. Das bedeutet: Eine Landesregierung kann massiv beeinflussen, was Kinder über Demokratie, Geschichte und Vielfalt lernen.

Wahljahr 2026
2026 stehen Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern an.
In beiden Ländern liegt die rechtsextreme AfD laut Umfragen bei knapp 40 Prozent – die Gefahr einer AfD-geführten Regierung mit einem AfD-Ministerpräsidenten ist real. Eine solche Regierung könnte die Bildungslandschaft tiefgreifend verändern. Mit dem NoAfD-Fonds setzt Campact alles daran, das zu verhindern. Mach mit!
AfD und Bildungspolitik: Angriff auf die Demokratie
Die AfD macht keinen Hehl aus ihren Plänen. Sie will den sogenannten „Schuldkult“ und Erinnerungskultur um den Holocaust abschaffen, Gender und Vielfalt aus dem Unterricht verbannen und (politische) Bildung „entideologisieren“.
Das würde bedeuten: Weniger Demokratiebildung, weniger Vielfalt, weniger Aufklärung. Gedenkstättenfahrten, Antirassismusprojekte, Vielfaltstage – all das stünde auf der Kippe. Lehrkräfte, die Haltung zeigen und sich gegen Rechtsextremismus stark machen, müssten mit Repressalien rechnen.
Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal können Demokratie nur dann wirksam vermitteln, wenn sie selbst Rückhalt spüren. Es braucht deshalb jetzt klare Signale aus den zuständigen Ministerien und Schulaufsichtsbehörden: verbindliche Leitlinien, Rechtssicherheit im Alltag und echte Unterstützung – durch Beratung, Fortbildung und mehr Ressourcen für politische Bildung.