Kommt ACTA unter neuem Namen wieder?
Mit überwältigender Mehrheit hat das Europaparlament am Mittwoch das umstrittene ACTA-Abkommen abgelehnt. Damit ist die EU-Kommission auf ganzer Linie mit ihrem Vorhaben gescheitert, die Freiheit des Internets Konzerninteressen zu opfern. Doch ACTA könnte unter neuem Namen wieder kommen. Statt Zensur und Internetüberwachung brauchen wir ein zeitgemäßes Urheberrecht.
Es war ein grandioser Erfolg der europaweiten Proteste: Mit einer überwältigenden Mehrheit von 478 zu 39 Stimmen lehnte das Europaparlament am Mittwoch das umstrittene Urheberrechtsabkommen ACTA ab. 165 Abgeordnete enthielten sich. Damit scheiterte die EU-Kommission auf ganzer Linie mit ihrem Vorhaben, die Freiheit des Internets Konzerninteressen unterzuordnen. Noch nie zuvor ist ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission mit einer so deutlichen Mehrheit abgelehnt worden. Interessant ist auch, wie die deutschen EU-Abgeordneten abstimmten: Sozialdemokraten, Grüne und Linke votierten gegen ACTA. Die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP haben sich enthalten, einige sogar dafür gestimmt.
Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), bezeichnet in einem Gastbeitrag für die „Welt“ die ACTA-Abstimmung als einen Meilenstein für die europäische Demokratie. „Selten wurde eine Debatte über ein internationales Vertragswerk so leidenschaftlich und intensiv geführt“, schreibt Schulz und verweist auf mehr als 2,8 Millionen Petitionen, die das Parlament erreicht haben. Das Engagement der Bürger zeige: „Es gibt eine aktive öffentliche Meinung in Europa, über Grenzen hinweg.“
Anti-ACTA-Demo in Berlin – Fotos: Jakob Huber/Campact
Der Weg bis zur Ablehnung von ACTA im EU-Parlament war lang: Insgesamt drei europäische Aktionstage, tausende von Briefen, Unterschriften und Telefonaten waren notwendig, um die Abgeordneten dazu zu bewegen, das Abkommen durchfallen zu lassen. Doch so ganz scheint zumindest ein EU-Kommissar seine Niederlage nicht einzusehen: Noch vor einer Woche kündigte der für Handelsfragen zuständige Karel De Gucht an, die Kommission wolle das Gutachten des Europäischen Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit von ACTA abwarten und das Abkommen anschließend dem EU-Parlament erneut vorlegen.
Ob die Kommission wirklich die Unverfrohrenheit besitzt, die demokratische Entscheidung des Parlaments zu ignorieren, bleibt abzuwarten. Dass das Abkommen genauso wie es jetzt ist, dem Parlament wieder vorgelegt wird, erscheint aber angesichts der großen Mehrheit unwahrscheinlich. Doch viele der kritischen Punkte des Abkommens könnten uns schon bald in neuem Gewand wieder beschäftigen. Markus Beckedahl von unserem Kooperationspartner „Digitale Gesellschaft“ warnt deshalb bereits: „ACTA kommt wieder – unter neuem Namen.“ Die Zeit bis dahin sollten wir gemeinsam nutzen, die Debatte über die Zukunft des Urheberrechts weiter voranzubringen. Schließlich ging es den meisten Demonstrierenden ja nicht darum, sich kostenlos Werke von Kulturschaffenden zu beschaffen. Im Gegenteil stehen innovative Ansätze im Mittelpunkt, die eine angemessene Vergütung für Kreative gewährleisten und dabei die Freiheit im Netz nicht beschneiden.
Die Kampagne „Meine Daten sind keine Ware“ startete bereits: http://www.campact.de/melderecht/sn1/signer
Da ich keine bessere Stelle finde für einen dringenden Kampagnen-Vorschlag, mache ich es hier: Still und heimlich macht die Bundesregierung die Meldeämter zu Datenhändlern. Noch kann es der Bundesrat verhindern.
http://www.chip.de/news/Adressauskunft-Widerspruchsrecht-abgeschafft_56540821.html
Das schoss mir auch durch den Kopf, als ich von dieser Ungeheuerlichkeit erfuhr.
Also, liebes Campact-Team, die nächste Kampagne ist überfällig!