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Altmaiers Fracking-Gesetz: Ein vergiftetes Geschenk

Heute wollten Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler ein Gesetz in das Bundeskabinett einbringen, das der umstrittenen Gasbohrmethode Fracking den Weg ebnen würde. Doch das Thema wurde vertagt. Ein erster Erfolg, denn viel deutet daraufhin, dass CDU/CSU damit auf den überall im Land wachsenden öffentlichen Druck gegen die Risikotechnologie reagieren.

Heute wollten Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler ein Gesetz in das Bundeskabinett einbringen, das der umstrittenen Gasbohrmethode Fracking (Hydraulic Fracturing) in Deutschland den Weg ebnen würde. Wir hatten schon zu einer Aktion vor dem Kanzleramt aufgerufen. Doch dann erreichte uns eine Nachricht: Das Thema ist von der Tagesordnung gestrichen worden und soll frühestens in zwei Wochen abgestimmt werden. Ein erster Erfolg, denn viel deutet daraufhin, dass CDU/CSU damit auf den überall im Land wachsenden öffentlichen Druck gegen die Risikotechnologie reagieren. Laut Medienberichten drängt eine Gruppe von rund 80 CDU/CSU-Abgeordneten darauf, das umstrittene Gesetz zurückzuziehen (Focus online, 16.3.2013).

Nun hoffen wir, dass Altmaier seinen Parteigenossen folgt und das Gesetz zurückzieht. Bringt er es hingegen in zwei Wochen durchs Kabinett, wollen wir dafür sorgen, dass das Gesetz in Bundestag und Bundesrat gestoppt wird. Warum wir das Gesetz stoppen wollen, das erfahren Sie in diesem Blogeintrag.

Unsere Beurteilung von Altmaiers und Röslers Vorschlag für ein Fracking-Gesetz
Der Gesetzesvorschlag der Regierung zu Fracking – Verbot von Fracking ausschließlich in Trinkwasserschutzgebieten und Bestätigung der Umweltverträglichkeitsprüfung – ist unzureichend und sollte deshalb von Bundestag und Bundesrat abgelehnt werden. Stattdessen brauchen wir mindestens ein Fracking-Moratorium. Ein Verbot der Risikotechnologie wäre ebenso zu erwägen. Denn es bestehen Gefahren für das Grund- und Trinkwasser und damit für die menschliche Gesundheit sowie erhebliche Gefahren für die Umwelt wie Erdbeben und Verseuchung der Böden etwa durch Benzol, radioaktive Stoffe und Quecksilber. Außerdem werden beim Fracking in erheblichem Maße Treibhausgase durch entweichendes Methan ausgestoßen.

Mit dem Gesetzesvorschlag wird Fracking ein bundesweiter rechtlicher Rahmen gesetzt, der bislang fehlt. Dieser rechtliche Rahmen wäre aber schwach und löchrig wie ein Schweizer Käse. Einzelne Bundesländer haben hingegen Moratorien für Fracking verhängt oder streben solche an. Die bundesweiten Regelungen würden diese Moratorien angreifen und letztlich aushebeln können. Damit öffnet der Gesetzesvorschlag Fracking Tür und Tor.

Unser Umweltminister betonte selbst: „Bevor Fracking zum Einsatz kommt, müssen sämtliche Bedenken ausgeräumt sein.“ (Pressemitteilung BMU, 06.09.2012) Doch nun will er ein Fracking-Gesetz durchpeitschen, ohne vorher die nötige wissenschaftliche Forschung zu den Risiken der Technologie zu ermöglichen. Dabei besagt eine Studie seines eigenen Ministeriums vor wenigen Monaten: „Wir stellen zusammenfassend fest, dass zu einer fundierten Beurteilung dieser Risiken und zu deren technischer Beherrschbarkeit bislang viele und grundsätzliche Informationen fehlen“ (BMU und UBA 2012: Umweltauswirkungen von Fracking). Der Bundesrat hat sich vor wenigen Wochen deshalb in einer gemeinsamen Stellungnahme für ein Fracking-Moratorium ausgesprochen (Stellungnahme des Bundesrats, 01.02.2012). Dennoch will Altmaier sein Fracking-Gesetz durchsetzen – indem er Bundestag gegen Bundesrat ausspielt.

Wie der Bundesrat ausgetrickst werden soll: Der Vorschlag von Rösler und Altmaier besteht aus zwei Gesetzesänderungen: Einer Änderung im Wasserhaushaltsgesetz (WHG), dem nur der Bundestag zustimmen muss, und einer Änderung der Verordnung zu Umweltverträglichkeitsprüfungen im Bergbau (UVP-V Bergbau), die der Bundesrat absegnen muss. Nun soll laut vorläufigem Zeitplan der Bundestag zuerst abstimmen, was den Bundesrat unter Zugzwang setzt. Denn wenn schon ein bundesweites Fracking-Gesetz verabschiedet wurde und damit die Ländermoratorien in Gefahr schweben, dann würden sich die Länder immerhin durch die Annahme der Umweltverträglichkeitsprüfung gegen Fracking schützen. Die Länder mit Beteiligung von SPD und Grünen kündigen zwar bislang an, das vergiftete Geschenk abzulehnen und für ein Moratorium zu streiten, sie sind aber einem erheblichen öffentlichen Druck ausgesetzt.

Voller Schlupflöcher: Das Wasserhaushaltsgesetz. Das Gesetz soll Fracking in Wasserschutzgebieten verbieten. Damit legt es einen bundesweiten Rahmen vor, 86 Prozent der deutschen Landesfläche der Risikotechnologie preiszugeben. Das Verbot beschränkt sich dabei auf ausgewiesene Wasserschutzgebiete. In Naturschutzgebieten, Vogelschutzgebieten und Nationalparks könnte demnach gefrackt werden, ebenso in Gebieten mit Mineralwasserbrunnen. Nicht einmal Sicherheitsabstände zu Wasserschutzgebieten und zu weiteren ökologisch sensiblen Gebieten sind Teil des neuen Fracking-Gesetzes. Dabei können gefährliche Stoffe freigesetzt werden, die sich ausbreiten. Kilometerweite horizontale Bohrungen könnten unterirdisch in diese Gebieten hineinreichen, ohne dass das Gesetz davor schützen würde.

Grundwasser wird nur für die öffentliche Wasserversorgung aus Wasserschutzgebieten bezogen. Von Fracking-Giften im Wasser wären also gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe dennoch betroffen sowie zigtausend Menschen, die ihren Garten aus dem eigenen Brunnen bewässern. Außerdem verbietet das Gesetz nicht einmal in den Wasserschutzgebieten das Verpressen der ungeheuren Mengen von Fracking-Abwässern. Ein riesiges Schlupfloch entsteht außerdem dadurch, dass die Neuregelung nicht für bereits zugelassene Bohrungen in Wasserschutzgebieten gelten soll. Eine halbjährige Übergangsfrist erlaubt es den Bohrfirmen zusätzlich, unbegrenzt Bohrungen vor Ablauf der Frist zu beantragen, die nicht unter die Neuregelung fallen würden. Ein so durchlässiges Gesetz wird uns keinen Schutz vor vergiftetem Grundwasser bieten.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung: Ohne Risikoabschätzung ein Papiertiger. Mit dem Angebot, Fracking-Vorhaben auf ihre Umweltverträglichkeit zu prüfen, wollen Altmaier und Rösler die Bedenken großer Teile der Bevölkerung zu den Umweltrisiken der neuen Technologie vom Tisch fegen. Doch auch dies ist ein vergiftetes Geschenk. Denn wenn die Forschung aufgrund fehlender Daten noch keine umfassende Risikoabschätzung vorlegen konnte, wie vom Umweltministerium selbst bestätigt wurde – wie sollen die Behörden dann Kriterien für eine strenge Umweltverträglichkeitsprüfung festlegen? Eine verpflichtende UVP ist außerdem nur für gewerbliches Fracking vorgesehen. Forschungs- und Demonstrationsbohrungen sind nicht eingeschlossen, obwohl bei ihnen die gleichen Umweltrisiken bestehen.

Für schon genehmigte Vorhaben soll es keine weitere Prüfung geben. Dabei sind diese Vorhaben rechtwidig genehmigt worden, da sie schon damals einer EU-Richtlinie zu Umweltverträglichkeitsprüfungen unterlagen. Was uns hier als neue UVP-Verordnung verkauft wird, ist also keine Verbesserung gegenüber der bestehenden EU-Richtlinie. Mehr noch: Sie ist ein Freibrief für in der Vergangenheit rechtswidrig genehmigte Fracking-Bohrungen.

Der Gesetzesvorschlag von Altmaier und Rösler ist eine Mogelpackung, die Fracking den Weg ebnet, anstatt den Gefahren für Menschen und Umwelt Rechnung zu tragen. Deshalb muss er gestoppt werden! Die Verschiebung des Themas im Kabinett ist ein gutes, erstes Zeichen, dass der Widerstand aus den eigenen Reihen wächst.

Wir sind jetzt besonders wachsam: Sobald das Thema erneut auf der Tagesordnung des Kabinetts steht, werden wir zu einer Aktion vor dem Kanzleramt aufrufen. Weitere Ideen haben wir in der Pipeline. Wir können dabei auf die breite Unterstützung unzähliger Bürgerinitiativen gegen Fracking im gesamten Bundesgebiet bauen. Gemeinsam stoppen wir Fracking. Unterzeichnen auch Sie unseren Appell!

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

12 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Als Wasserwirtschaftsamt-Ingenieur kann ich den Protest gegen das Fracking nur unterstützen. Hier wird für einen kurzfristigen Profit der bergbauberechtigten Firmen der Grundwasserschutz aufgegeben. Leider werden weiter Gewinne privatisiert und Risiken und Folgen kommunalisiert. Auch das Argument, dass „Fracking einen bedeutsamen Beitrag zum Klimaschutz liefert“, ist völlig falsch. Eine nachhaltige Technologie und dauerhafte Förderung des Gases ist nicht möglich! Daher: Fracking-Verbot in Deutschland

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