Ostdeutschland
Die DDR-Garage erlebt gerade ein regelrechtes Revival. Die Kulturhauptstadt 2025 Chemnitz widmet den Garagen sogar einen ganzen Projektstrang. Bereits vor zwei Jahren zeigte Martin Maleschka, dessen heimlicher Fan ich bin, seine Ausstellung „Garagenland“ in Berlin. Selbst die Tagesthemen berichteten kürzlich über die, wie die Moderatorin sie nennt, Kultboxen.
Danny Schmidt schreibt im Campact-Blog für, über und aus Ostdeutschland. In diesem Beitrag geht es unter anderem um die Fotografien von Martin Maleschka.
DDR-Garagen – mehr als ein Parkplatz
Von den Kultboxen gab es viele. Wie viele genau, ist nicht bekannt. Es gibt schlicht keine Statistik zu den teils riesigen Komplexen, die in allen möglichen Stadt- und Dorflagen von ihren Nutzer*innen selbst erbaut wurden. Allein in Chemnitz soll es noch heute rund 30.000 Garagen geben.
Was die DDR-Garagen so besonders macht: der Sozialraum, der mit ihrer Entstehung, Existenz und Nutzung einherging und geht. Schon der Bau war ein kollektives Erlebnis – oft gab es Hilfe von den ansässigen Tiefbaukombinaten, der Großteil der Errichtung geschah jedoch in Eigenleistung. Das schweißt zusammen – teils über Jahrzehnte. Noch heute sind an manchen Orten die Nutzer*innen noch die Erbauer*innen der Komplexe.
Die Garagen meiner Kindheit
Meine Eltern haben nie eine Garage gebaut, glaube ich zumindest. Aber immer eine besessen. Mittlerweile sind es sogar drei – zwei nebeneinander, eine Doppelgarage also, und eine gegenüber. Unsere Garage spielte schon immer eine große Rolle in meinem Leben. Denn gerade für die, die eben kein Geld für ein Haus mit Garten, Hobbykeller oder Carport hatten, ist die Garage der place to be. Hier wurde geschraubt, gewerkelt, getüftelt, getrunken und geschnattert. An der Garage ging es nie nur um Autos, sondern vor allem auch um das soziale Gefüge im Komplex, den Gesprächen und die Arbeit an der frischen Luft. Es war der dritte Ort, neben Zuhause und dem Arbeitsplatz: Werkstatt, Freizeitort, Rückzugsraum.
Als Kind bin ich zur Garage gefahren, um mein Fahrrad zu putzen oder zu reparieren. Als Jugendlicher habe ich auf den Sandwegen der Garagenkomplexe Motorradfahren gelernt und später auch Autofahren. Beides sollte sich als äußerst nützlich in der Fahrschule erweisen.
Meine frühesten Erinnerungen habe ich an einen großen und verwinkelten Garagenkomplex, der an die Kleingartenanlage angrenzte, in der meine Familie damals einen Garten hatte. Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Bruder durch den Komplex gestrichen bin. Es war Ende der Neunziger und offenbar verloren Garagen gerade ihre Nutzer*innen – viele Garagen waren verlassen, teils aufgebrochen. In einigen vollgerümpelten, aufgebrochenen Garagen standen verstaubte Trabis. Nicht nur einer, sondern einige.
Hätten wir sie mal gerettet
Heute erkläre ich mir das so: 1990 wurde der Trabi schlagartig vom Luxusgegenstand zum ungefragten Ost-Mobil. Viele sind Anfang der 1990er aus Ostdeutschland weggezogen. Für einen Trabi gab es keine Abnehmer mehr – und damit in den Westen fahren? Eher nicht. Dass man ihn dann einfach in der Garage stehen ließ und er seinem Schicksal überlassen wurde, scheint mir nicht unwahrscheinlich.
Hätten wir damals gewusst, was die Ost-Autos mal wert sein könnten, hätten wir sie damals einfach retten sollen. Interessiert oder gar Besitzansprüche angemeldet hätte ohnehin niemand mehr. Nun, da wir es nicht gemacht haben, stehen sie heute entweder immer noch verstaubt in der vorpommerschen Provinz im Garagenkomplex, oder jemand anderes hat es damals gewagt. Aber mein Bruder und ich waren ja auch viel zu jung, um das zu verstehen – für uns waren die verlassenen Wagen vor allem ein riesiger, besonderer Abenteuerspielplatz.