Soziales Wirtschaft
Eine Hochzeit in zweistelliger Millionenhöhe – für Amazon-Gründer Jeff Bezos sind das nur Peanuts. Sein Vermögen wird auf 233 Milliarden US-Dollar geschätzt. Trotz dieses riesigen Vermögens zahlen Milliardäre wie Bezos in den USA kaum Steuern. Auch in Deutschland fließen gigantische Vermögen steuerfrei durch Generationen. Gerade bei Unternehmensübertragungen, die Hunderte Millionen Euro – also Milliarden schwer sein können, ist die Chance besonders hoch, gar keine Steuern zahlen zu müssen.
Wer in eine wohlhabende Familie geboren wird, startet oft mit Millionen ins Leben. Wer nicht, muss sich über Jahrzehnte mühsam etwas aufbauen – oder bleibt ganz auf der Strecke. Besonders bitter: Das geltende Recht zur Erbschaftssteuer zementiert genau diese Ungleichheit.
Erbenrepublik Deutschland
2024 wurden offiziell 121,5 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt – ein Rekord. Die echte Summe liegt wohl bei über 360 Milliarden, denn viele Erbschaften bleiben unsichtbar. Die Hans-Böckler-Stiftung geht davon aus, dass in den kommenden Jahren jährlich bis zu 400 Milliarden vererbt werden. Laut Spiegel Online genug, um marode Brücken, Schulen und Eisenbahnstrecken zu sanieren.
Dank hoher Freibeträge von bis zu 500.000 Euro pro Person müssen viele erstmal gar nichts abgeben. Mit clever getakteten Schenkungen lässt sich sogar noch mehr steuerfrei übertragen. Das wissen viele gar nicht.
Haus erben: oft steuerfrei
Tatsächlich zahlt nur etwa jeder 500. Mensch Erbschaftsteuer. Trotzdem empfinden viele Menschen diese Steuer als ungerecht – obwohl sie davon gar nicht selbst betroffen sind. Denn sogar wer ein Haus erbt und später selbst darin wohnt, muss keine Erbschaftssteuer zahlen.
Steuergeschenke für Millionen-Erben
Das meiste Geld geht an die Reichsten. Die oberen 10 Prozent der Erb*innen erben die Hälfte des gesamten vererbten Vermögens in Deutschland. Der Rest teilt sich die andere Hälfte. Besonders privilegiert sind Unternehmensvermögen. Wer eine Firma erbt und weiterführt, kann bis zu 100 Prozent steuerbefreit bleiben. Bei sehr großen Erbschaften von über 250 Millionen Euro liegt die Steuerbefreiung bei über 90 Prozent.
Zum Vergleich: Wer arbeitet, zahlt auf das Gehalt rund 37 Prozent Steuern und Abgaben. Wer dagegen Millionen erbt, muss auf das Erbe oft nur etwa drei Prozent Steuern zahlen und kann davon oft bequem leben, ohne selbst arbeiten zu müssen. Ungerecht ist das also nur für die, die kein Millionenerbe erwarten können.
Wenn sich Ungleichheit vererbt
Auch für junge Menschen und die nachkommenden Generationen ist das fatal. Viele sehen sich schon jetzt und in Zukunft steigenden Mieten, unsicheren Jobs, Inflation und Klimakrisen gegenüber – ohne Aussicht darauf, selbst finanziell abgesichert zu sein. Währenddessen profitieren einige wenige von leistungslosem Reichtum. Laut einer Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung stammt ein stetig wachsender Teil großer Vermögen aus Erbschaften. Die Kluft zwischen Arm und Reich, Alt und Jung wächst rasant.
Schluss mit der ungerechten Erbschaftssteuer
Campact fordert deshalb eine gerechte Vermögens- und Erbschaftssteuer. Wer viel hat und viel erbt, soll auch einen angemessenen Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Reichtum fällt nicht vom Himmel: Er entsteht, weil Schulen und Universitäten Wissen vermitteln, weil Gesetze für Sicherheit sorgen – und weil viele Menschen täglich zur Arbeit gehen und so den Reichtum weniger möglich machen. Wer davon profitiert, sollte der Gemeinschaft auch etwas zurückgeben. Das heißt konkret:
Die Einnahmen aus Erbschaftssteuern sollten dahin fließen, wo sie allen zugutekommen – in gute Bildung, eine Infrastruktur, die niemanden ausschließt und in wirksamen Klimaschutz. So profitieren alle – nicht nur die Erben-Elite.
Milliardärssteuer jetzt!

Marode Brücken, volle Kitas, Ärztemangel – die öffentlichen Kassen sind leer. Während Milliardäre immer reicher werden und kaum Steuern zahlen. Fordere jetzt mit Martyna Linartas auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact eine Milliardärssteuer!
WeAct-Petentin Martyna Linartas – Forscherin zur Vermögensbesteuerung – sieht den größten Hebel gegen Ungleichheit in der Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Ihr Vorschlag für mehr Gerechtigkeit: ein sogenanntes Grunderbe für alle. Dabei würden junge Erwachsene zu einem festen Zeitpunkt im Leben einen gleichen Geldbetrag vom Staat erhalten.
Finanziert werden könnte das durch eine gerechtere Erbschaftsteuer, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Vermögensabgabe auf sehr große Vermögen. Schon eine Vermögensabgabe ab 250.000 Euro pro Person würde fast ausschließlich die reichsten acht Prozent betreffen. Laut Berechnungen des DIW ließen sich so bis zu 230 Milliarden Euro mobilisieren – ohne die breite Bevölkerung zu belasten.
Gerecht Erben in Japan
Andere Länder zeigen, dass Erben fair besteuert werden kann. In Japan zum Beispiel gelten progressive Steuersätze auf Erbschaften bis 55 Prozent. So geht dort über die Hälfte großer Erbschaften an den Staat und damit indirekt zurück zu den Menschen, die dort leben. Südkorea liegt mit 50 Prozent knapp dahinter, Frankreich belegt mit bis zu 45 Prozent Platz drei im internationalen Vergleich.
Eine hohe Erbschaftsteuer kann dafür sorgen, dass Reichtum sich nicht immer weiter bei wenigen anhäuft und dass mehr Geld für wichtige Aufgaben wie Bildung, Gesundheit oder Klimaschutz zur Verfügung steht.
Wer mehr erbt, zahlt mehr. Warum sollte das in Deutschland nicht auch funktionieren?
Erbschaftssteuer: Was planen die Parteien?
Reformvorschläge liegen auf dem Tisch. Und alle Parteien hatten die Erbschaftssteuer in ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 aufgenommen. Doch die Vorschläge unterscheiden sich deutlich darin, wie gerecht sie tatsächlich sind.
Die Union will vor allem Erben von Immobilien entlasten. Künftig sollen auch vermietete Eigenheime steuerfrei vererbt werden können. Zudem sollen die Freibeträge deutlich steigen. In früheren Vorschlägen war sogar ein pauschaler Steuersatz von nur 10 Prozent für alle Erbschaften im Gespräch. Wie zu erwarten, sind die Vorschläge der Konservativen kaum progressiv und entlasten vor allem wohlhabende Immobilienerben.
Die SPD hat moderate Reformpläne mit Spielraum nach oben. Sie will große Erbschaften stärker besteuern, während kleine Erbschaften und das selbst genutzte Familienheim verschont bleiben sollen. Konkrete Eckpunkte fehlen allerdings noch.
Die Grünen haben einen deutlich progressiveren Ansatz: Ein lebenslanger Freibetrag von einer Million Euro, ein einheitlicher Steuersatz von rund 25 Prozent auf alles, was darüber hinausgeht – egal ob Aktien, Immobilien oder Firmenvermögen. Das selbst genutzte Zuhause bleibt geschützt.
Die Linke fordert die konsequenteste Reform der Erbschaftssteuer mit klarer Umverteilung: 150.000 Euro Freibetrag (bzw. 300.000 Euro für enge Angehörige) und einen progressiven Spitzensteuersatz von bis zu 60 Prozent ab sehr großen Erbschaften. Unternehmensvermögen würde nicht länger pauschal verschont, aber durch lange Stundungsregelungen abgesichert.
Und die AfD? Die will die Erbschaftsteuer natürlich am liebsten komplett abschaffen.
Faire Erbschaftssteuer für mehr Gerechtigkeit
Das Bundesverfassungsgericht prüft übrigens derzeit, ob das aktuelle Erbschaftsrecht fair ist. Denn schon früher haben die Richter*innen entschieden: Reiche Firmenerben werden zu stark bevorzugt. Jetzt könnte das Gericht erneut verlangen, dass die Privilegien für Superreiche abgeschafft und Freibeträge gerechter geregelt werden.
Klar ist: Steuergerechtigkeit kommt nicht von allein. Vor allem nicht, wenn Konzerninteressen, Lobbyisten und Überreiche den Weg versperren. Sie muss politisch durchgesetzt werden. Deshalb ist zivilgesellschaftliches Engagement gefragt. Wir müssen die Politik an ihre Verantwortung erinnern – auch für die Generationengerechtigkeit.
