Demokratie Klimakrise Rechtsextremismus Medien AfD Wahlen Montagslächeln Datenschutz Digitalisierung Globale Gesellschaft

Zum Glück hat es geregnet. Denn das Frühjahr war in ganz Deutschland viel zu trocken – darin sind sich Expert*innen einig. Doch der Regen fiel ungleich verteilt. Während Boden, Vegetation und Menschen im Nordosten und Südwesten aufatmen, ist es in der Landesmitte bedrohlich trocken. So trocken, dass nach wie vor vielerorts Waldbrandgefahr besteht. Waldbrände sind nicht nur eine Bedrohung für Wald, Tier und Mensch, sondern – in größerem Maßstab gedacht – auch unsere Demokratie.

Wollen wir sicherstellen, dass nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder und Enkel in den gemäßigten Breiten Europas weiter gut leben können, dann müssen wir uns stärker um das Klima kümmern. Hitze, Dürren und Extremwetter verschlechtern die Lebensbedingungen – das ist bekannt und unbestritten. Auf ein weiteres Klima müssen wir allerdings auch Acht geben: das gesellschaftliche. Denn Klimaschutz und Demokratieschutz gehen Hand in Hand. 

Klima und Klimapolitik im Spannungsfeld

Extreme Wetterereignisse, Ressourcenknappheit und Umweltmigration – treffender als Klimaflucht bezeichnet – können soziale Spannungen, Konflikte und das Erstarken rechtsextremer oder autoritärer Bewegungen fördern. In Krisenzeiten neigen Gesellschaften dazu, demokratische Rechte zugunsten vermeintlich starker Führung aufzugeben.

[E]s braucht gravierende Veränderungen im Hier und Jetzt und von allen, um die zukünftigen Entwicklungen zu beeinflussen. Damit sind die Themen [Nachhaltigkeit und Klimaschutz] wie geschaffen für populistische Strömungen, die wissenschaftsfeindlich sind, einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen liefern und sich gegen Veränderungen im Hier und Jetzt sperren.

Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg

Klimakrise als Bedrohung der Demokratie

Populistische Politiker*innen suchen Sündenböcke, um diese dann für die soziale Ungleichheit, Armut und Ungerechtigkeiten verantwortlich zu machen. Diese entstehen aber eigentlich durch die Folgen der Klimakrise, ein Beharren auf wirtschaftliche Profitmaximierung und ein immerwährendes Streben nach Macht. Sie versprechen schnelle Lösungen und eine Besserung, sobald sie an der Macht sind. Diese Herangehensweise ist zum Beispiel deutlich sichtbar im Strategiepapier der AfD

Im bürgerlichen Gewand will sie sich den Volksparteien und ihren Positionen (vor allem der CDU/CSU) vermeintlich annähern, um ihre eigenen, radikaleren Standpunkte gesellschaftsfähiger zu machen. Sie will der Union zum Beispiel im Bereich Energie und Wirtschaft die Wähler*innen streitig machen – ein Themenbereich, der aktuell eher in Konkurrenz zum Klimaschutz gesehen wird. Die AfD setzt wie die Union auf fossile Energieträger und will diese weiter stärken. Auf der anderen Seite diffamiert sie Teile der Klimabewegung als „Klimaterroristen“.  

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus 2023 belegt: „Welche Haltung zu Klimaschutz und Energiewende jemand in Deutschland vertritt, hängt ‚bemerkenswert deutlich‘ mit der Einstellung dieser Person zur Demokratie zusammen.“ Weitere Studien zeigen, dass „rechtspopulistisches Wahlverhalten und Klimaleugnung miteinander korrelieren“.

Statt europäisch oder global zu denken, legen Populisten und Rechtsextremisten den Fokus auf die eigene Haustür: „Naturschutz als Heimatschutz“. Dabei deuten sie bekannte Narrative um – und unterwandern damit die Natur- und Umweltschutzbewegung.

Heißt: Ein stabiles Klima schützt unsere Gesellschaft vor dem Abrutschen in Populismus und Autoritarismus.

Demokratie als Voraussetzung für Klimaschutz

Doch demokratische Prozesse sind langsam. Zu langsam, um der Klimakrise zu begegnen? Kritiker meinen, die Demokratie sei mit den Dringlichkeiten und weitreichenden Problemen des Klimas unvereinbar, da Politiker*innen oft kurzfristig denken.

Ein Diktator oder autokratischer Herrscher könnte hingegen im Handumdrehen Windräder bauen oder Wasserkraftwerke errichten lassen, sowie nachhaltige Landwirtschaft fördern.

Die Realität zeigt das Gegenteil: Autokratische Regierungen folgen in der Regel kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Ohne demokratische Kontrolle und Transparenz treffen sie klimaschädliche Entscheidungen, die nicht nur ihre eigenen Länder, sondern das globale Klima gefährden. 

Wie autokratisch regierte Länder das Klima gefährden

Eine Auswertung von über 72 Studien bestätigt: Demokratien betreiben – trotz bürokratischer Hürden – im Schnitt wirkungsvolleren Klimaschutz als Autokratien. Denn autokratische Systeme mögen zwar schneller entscheiden, doch ohne gesellschaftliche Kontrolle führen diese Entscheidungen oft zu ineffektiven oder sozial ungerechten Maßnahmen.

Beispiele dafür sind Saudi-Arabien und China. Saudi-Arabien koppelt Klimaschutz an den Verkauf von Öl; in China sollten Kohlekraftwerke seit 2021 „streng überwacht“ werden – stattdessen gab es einen Genehmigungs- und Bauboom für Kohlekraftwerke. Das zeigt: Effektiver Klimaschutz braucht demokratische Prozesse. Nur durch Bürgerbeteiligung, transparente Entscheidungen und die Möglichkeit, Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, lassen sich langfristige Klimaziele gegen kurzfristige Wirtschaftsinteressen durchsetzen. 

Die Botschaft ist klar: Demokratie schützt unser Klima, unsere Heimat und die Menschheit.

Soziale Gerechtigkeit und Partizipation als Bindeglieder

Das heißt nicht, dass sich Demokratien zurücklehnen dürfen. Denn was wir in den letzten Jahren deutlich sehen: Demokratie zu bewahren, ist harte Arbeit. Populisten und Rechtsextremisten stellen sie regelmäßig infrage, um ihr dann lautstark ein schlechtes Zeugnis auszustellen. 

Sowohl die Klimapolitik als auch die Demokratie hängen eng mit sozialer Gerechtigkeit zusammen. Klimaschutz muss fair sein, um die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern. Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung argumentiert: „Wirkungsvoller weltweiter Klimaschutz ist gegen den Willen der Menschen nicht durchsetzbar. Er braucht die Akzeptanz, die Unterstützung und vor allem die aktive Mitwirkung der regionalen Bevölkerung.“ 

Dafür ist auch eine fortwährende Demokratisierung wichtig, wie es zum Beispiel Mehr Demokratie e.V. fordert. Werden Lasten ungleich und intransparent verteilt, entstehen Proteste und Gegenbewegungen, die sowohl Klima- als auch Demokratieschutz untergraben können. 

Es geht um Generationengerechtigkeit

Wenn ich heute einen Baum pflanze, weiß ich, dass er mir nie vollen Schatten spenden wird. Ich werde seinen „vollen Nutzen“ nur kurz und in weiter Zukunft genießen. Trotzdem planiere ich nicht meinen Garten, um stattdessen Sonnenschirme aus Plastik aufzustellen, die mir zwar sofort maximalen Schutz bieten, aber in ein paar Jahren unter der Sonneneinstrahlung zerfallen. 

Politik und demokratische Institutionen müssen Wege finden, beides zu berücksichtigen: kurzfristige Lösungen und langfristige Stabilität. Alle Interessen müssen anerkannt werden, auch wenn nötigen Maßnahmen erstmal unpopulär wirken. Eine Demokratie muss es aushalten, über den heutigen Tag hinauszudenken.

Ansätze dafür gibt es viele – sie müssen nur politisch gewollt sein und die Möglichkeit bekommen, gesellschaftlich diskutiert werden zu können.

Hier findest Du einige positive Beispiele an, die Demokratie und Klimaschutz vereinen: 

TEILEN

Autor*innen

Linda Hopius hat Wissenschaftsjournalismus, Politikwissenschaft und Philosophie studiert. Als freie Journalistin schreibt sie zu den Themen Umwelt und Naturschutz. Dazu arbeitet sie als Naturmentorin in der Natur- und Erlebnispädagogik und berichtet darüber auf ihrem Instagram-Kanal @lindasnaturgeschichten. Für Campact arbeitet sie seit 2024 als freie Redakteurin. Alle Beiträge

Auch interessant

Pressemitteilung Rechtsextremismus, Hass und Hetze in Videospielen
Pressemitteilung Kommunalwahl in NRW: Kältestrom in der Kommunalwahl 
Pressemitteilung Was bringt ein Bundestag auf TikTok?
Pressemitteilung Zerfall des Mises Instituts: Milei spaltet deutsche Proprietaristen
Pressemitteilung „Das deutsche Volk“: Von Trauer, Wut und Überleben
Pressemitteilung Protest auf Borkum und überall – Exit Gas, Enter Future
Pressemitteilung In Meißen will ein Neonazi ins Rathaus
Pressemitteilung Friedrich Merz: Bester Wahlhelfer der AfD?
Pressemitteilung In 5 Schritten zu Deiner Demo
Pressemitteilung Warum manche Straßen einen neuen Namen bekommen