CDU Soziale Ungerechtigkeit

Die Nachrichtenzeile ist wenig überraschend: „Reiche gegen Erhöhung der Erbschaftssteuer“. Na klar, dass die dagegen sind, findet auch die Figur in der Karikatur von Karikaturist Erl. Dabei geht es in der Schlagzeile um etwas anderes, wie die andere Person in dem Comic herausstellt: „Reiche“ bezeichnet in diesem Fall die Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche. Aber auch, dass sie sich gegen eine Erhöhung und Reform der Erbschaftssteuer ausspricht, ist wenig überraschend.
Spahn vs. Reiche bei der Erbschaftssteuer
Vor knapp zwei Wochen hatte der CDU-Bundesvorsitzende Jens Spahn noch mit einer Aussage überrascht: Die Vermögensverteilung in Deutschland sei ungerecht und er wünsche sich eine Reform der Erbschaftssteuer. „Wer schon hatte, hat immer mehr“, sagte Spahn. So deutliche Kritik an der Erbschaftssteuer von einem CDU-Politiker zu hören ist eher ungewöhnlich, denn traditionell sind es eher die Grünen, Linken und die SPD, die sich in dieser Richtung äußern. „Wir freuen uns, dass auch Jens Spahn die ungleiche und massiv ungerechte Vermögensverteilung in unserem Land als Problem ansieht“, sagte die SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar der Presse. Nun sollten gemeinsam Maßnahmen umgesetzt werden, „die dafür sorgen, dass die Reichen in diesem Land nicht immer reicher und die Armen nicht immer ärmer werden“, sagte sie.
Am vergangenen Wochenende bekam Jens Spahn nun Gegenwind aus der eigenen Partei. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche sagte zum Thema: Höhere Steuern seien „Gift“. „Meine grundsätzliche Überzeugung bleibt, dass jede Erhöhung von Steuern dem Standort eher schadet, als nutzt“, sagte die CDU-Politikerin der „Bild am Sonntag“. „Wie bei der sogenannten Reichensteuer oder einer Vermögensabgabe bin ich bei einer Erbschaftsteuer skeptisch, wenn diese dazu führt, dass Unternehmen entscheiden, sich aus Deutschland zurückzuziehen“, fügte Reiche hinzu.
Reichtum der Überreichen nutzt der Allgemeinheit nicht
Bei dieser Argumentation bezieht sie sich auf den sogenannten „Trickle-Down-Effekt“ (engl. „trickle down“, dts. in etwa „Nach unten Tropfen“). Laut dieser Theorie sickert der Reichtum der obersten Schicht einer Gesellschaft nach und nach in die unteren Schichten durch, sodass auch die ärmeren Bevölkerungsteile von wirtschaftlichem Wohlstand profitieren. Eine solche angebotsorientierte Wirtschaftspolitik geht davon aus, dass Steuersenkungen und Vorteile für Reiche und Unternehmen zu Investitionen und Wachstum führen, was schließlich auch der breiten Masse zugutekommt. Neuere Forschungen und Kritiker bezweifeln jedoch die realistische Haltbarkeit dieser Theorie. Denn die praktische Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass reiche Haushalte und Unternehmen nicht zwingend mehr investieren, sondern ihre Gewinne anders verwenden.
Der Effekt, dass die Ärmsten von dem wachsenden Reichtum der Reichsten profitieren, entsteht also nicht – im Gegenteil. Während die Reichen immer reicher werden, werden die Armen noch ärmer.
Worum geht’s bei der Reform der Erbschaftssteuer?
Das Thema kommt jetzt gerade auf den Tisch, weil in der nächsten Zeit vermutlich ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts fällt. Dieses könnte die Regierung dazu zwingen, die Erbschaftssteuer zu reformieren. Diese Reform könnte ein Startpunkt für eine gerechtere Vermögensverteilung sein. Die Reform der Erbschaftssteuer sei dabei eine von mehreren Säulen, betont SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar. Demnach gehe es „nicht um das vererbte Haus von Oma und auch nicht um den kleinen Handwerksbetrieb im Nachbarort“, sondern darum, „dass die Reichsten der Reichen einen gerechteren Beitrag für das Gemeinwesen in diesem Land leisten“. Die SPD fordert höhere Steuern für Vermögende, was die Union bisher ablehnt – und sich offensichtlich auch parteiintern unsicher ist, wie sie dazu steht.
Warum eine Reform der derzeitigen Erbschaftssteuer dringend notwendig ist, hat die Campact-Blog-Redaktion in diesem Beitrag aufgearbeitet: