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Seehofer und die Stromimport-Lüge

CSU-Chef Seehofer fordert unbegrenzte Laufzeitverlängerungen für die Atomkraftwerke. Er behauptet, sonst seien wir auf Atomstrom aus dem Ausland angewiesen. Doch ein Blick in die Statistiken der Energieversorger zeigt, dass dies Blödsinn ist.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte am Wochenende, die Atomkraftwerke sollten unbegrenzt weiterlaufen dürfen. Der bayerische Ministerpräsident behauptete, wenn es beim Atomausstieg bliebe, sei man auf Atomstrom aus dem Ausland angewiesen. Das ist eines der beliebtesten Argumente der Atomkraftbefürworter, aber mit der Realität hat es nicht zu tun, wie ein Blick in die Statistiken der Energieversorger zeigt.

Allein im ersten Quartal 2010 lieferte Deutschland über 18 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Ausland, während im gleichen Zeitraum nur 8,9 Milliarden Kilowattstunden Strom aus dem Ausland nach Deutschland importiert wurden. Mit gut 9 Milliarden Kilowattstunden erzielte die Bundesrepublik den höchsten Strom-Exportüberschuss ihrer Geschichte. Damit wurde im ersten Quartal in Deutschland 6,7 Prozent mehr Strom erzeugt als verbraucht – obwohl die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel nicht eine einzige Kilowattstunde produzierten. Das belegen die Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, einem Zusammenschluss von sieben Verbänden der Energiewirtschaft.

Der Exportüberschuss entsprach ziemlich exakt jener Menge, die in der gleichen Zeit in den alten Reaktoren Biblis A und B, Neckarwestheim I, Isar 1, Philippsburg 1 und Grafenrheinfeld erzeugt wurde. Das bedeutet: Deutschland hätte auf acht Atomkraftwerke verzichten können – und hätte selbst dann noch eine ausgeglichene Bilanz.

Von einer „Stromlücke“ kann also überhaupt keine Rede sein. Zumal der Strom-Exportüberschuss Deutschlands seit dem Jahr 2002 kontinuierlich steigt. Bis dahin war die Bilanz mit kleinen Schwankungen recht ausgeglichen. Der Grund für die gewaltigen Stromexportüberschüsse ist der anhaltende Boom bei den erneuerbaren Energien, den das rot-grüne Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausgelöst hat.

Im Jahr 2008 waren sieben Atomkraftwerke längere Zeit abgeschaltet, trotzdem erzielte Deutschland einen Exportüberschuss in Höhe von 22,5 Milliarden Killowattstunden Strom. Das ist etwa so viel, wie vier mittlere Atomkraftwerke im Jahr produzieren. Im Jahr 2009 waren acht Atomkraftwerke sogar beinahe ständig abgeschaltet, trotzdem betrug der Exportüberschuss immer noch 14,3 Milliarden Kilowattstunden.

An diesen Zahlen kann man sehen: Seehofer lügt entweder oder er hat keine Ahnung, wovon er spricht. Die sieben ältesten und gefährlichsten Atomkraftwerke und der Pannenreaktor in Krümmel könnten sofort abgeschaltet werden, ohne dass wir deshalb Strom aus dem Ausland importieren müssten. Und die übrigen neun Atomkraftwerke, die etwas höhere Sicherheitsstandards erfüllen, könnten nach einer Greenpeace-Studie nach und nach bis zum Jahr 2015 durch erneuerbare Energien ersetzt werden – also etwa sieben Jahre früher, als im Atomkonsens vorgesehen.

Statt über Laufzeitverlängerungen sollte man deshalb besser über Laufzeitverkürzungen reden. Denn mit jedem Tag, den die Atomkraftwerke länger in Betrieb sind steigt das Risiko eines Super-GAUs in einem der alternden Atomreaktoren. Und der Atommüllberg wächst weiter – ohne dass es ein sicheres Endlager für hochradioaktiven Atommüll gibt.

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Autor*innen

Yves Venedey war Campaigner im Kampagnen-Team 1, verantwortlich für Klima-Themen. Er war schon Marktforscher, Briefträger, Geschäftsführer, Journalist und Pressesprecher. Yves Venedey ist Autor des Buchs "Abschalten", das 2011 im Fischer Verlag erschienen ist. Alle Beiträge

3 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Wie immer !!!

    Ich zitiere nur den ehemaligen Staranwalt Rolf Bossi :

    “ Staat, wir haben keinen Staat mehr
    nur noch Korruption, Lug und Trug “ Müsste i.d. Sendung hart aber fair 09 gewesen sein !

    Ich glaube das sagt alles mit wenigen Worten !!!

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