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SPD wieder für Dinosaurier-Technologie: Wie die Genossen die Energiewende gefährden.

Den Hals weit ausgestreckt, das Maul mal weit aufgerissen, mal wieder neue Kohlebriketts verschlingend, so empfing unser Kohlosaurus die Delegierten des SPD-Parteitags in Leipzig.


Die Botschaft: Flirtet nicht wieder mit der Kohlekraft, die gehört ins Tertiär und nicht zu einem zukunftsfähigen Energiemix. Und bremst die Energiewende nicht aus!

Wer hätte gedacht, dass dies nochmal nötig werden sollte. Noch im SPD-Wahlprogramm war zu lesen: „Die Energiewende bedeutet einen Quantensprung für die Modernisierung unserer Volkswirtschaft“. Doch genau dieser Quantensprung droht mit den bisher in den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU/CSU verhandelten Ergebnissen verfehlt zu werden – zumal wenn sich die Energiewende-Bremser an den zur Zeit noch strittig gestellten Punkten durchsetzen.

Was droht genau? Das haben wir zusammen mit dem BUND analysiert:

Klimaschutz: Bislang schwache Ziele und kein Klimaschutzgesetz

Das nationale Ziel einer Reduktion von 40 Prozent bis 2020 wird im Papier der Arbeitsgruppe Energie vom letzten Wochenende bekräftigt. Aber es gibt keine Einigung, dieses Ziel in einem Klimaschutzgesetz endlich verbindlich zu machen. Die SPD scheint immerhin recht geschlossen dafür zu sein. Und auch Hannelore Kraft, Energie-Verhandlungsführerin der Sozialdemokraten unterstrich dies letzte Woche bei der Übergabe unseres Appells. Doch hier blockiert die Union.

Wir wollen ein verbindliches, ehrgeiziges Klimaschutzgesetz, das mit konkreten Maßnahmenfahrplänen unterlegt wird. Auch auf EU-Ebene will sich die neue Koalition nicht für ehrgeizige Klimaziele einsetzen, die jetzt für 2030 verhandelt werden. Es werden nur 40 Prozent weniger Treibhausgase vorgeschlagen, obwohl mindestens 60 Prozent nötig sind.

Keine grundlegende Reform des Emissionshandels

Zwar stimmt die Koalition der Stabilisierungsmaßnahme „backloading“, (dem Herausnehmen von Emissionszertifikaten vom Markt) für den Emissionshandel zu und hat damit schon vorab einer zumindest politisch wichtigen Maßnahme zum Durchbruch verholfen. Aber sie erwähnt mit keiner Silbe, wie notwendig eine strukturelle Reform des CO2-Zertifikatehandels ist. Ohne solch eine Reform wird der Emissionshandel weiterhin wirkungslos bleiben.

Erneuerbare Energien drohen ausgebremst zu werden

Statt des bisher unverbindlichen Mindestziels im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll es einen Ausbaukorridor geben – der den Ausbau deckelt. Solch ein Deckel wäre Gift für die Planungssicherheit von Investoren und damit vor allem ein Problem für Bürgerprojekte ohne Risikokapital. An dem bestehenden absoluten Deckel für die Photovoltaik-Förderung bei 52 Gigawatt soll leider festgehalten werden.

Mit der Windenergie an Land droht zudem ausgerechnet die kostengünstigste Erneuerbare Energie abgewürgt zu werden. Die Förderung per Einspeisevergütung soll auf die „guten“ Standorte beschränkt werden. Damit käme genau der verbrauchsnahe Ausbau der Windenergie in Süddeutschland zum Erliegen – der weit weniger neue Stromnetze nötig machen würde.

Zudem will die große Koalition den Ausbau der Windkraft im Meer, sprich Offshore begrenzen. Wer dies macht, muss aber einen dynamischen Ausbau von Windkraft an Land und bei der Photovoltaik ermöglichen.

Gerechtere Kostenverteilung nicht in Sicht

Immerhin wird angekündigt, die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage zu überprüfen. Grundsätzlich sollen die exzessiven Ausnahmeregelungen aber bestehen bleiben. Zwischenzeitlich war von 1 Milliarde Euro Subventionsstreichung die Rede, das Gesamtvolumen beläuft sich aber auf inzwischen 7 Milliarden Euro. Um die Verbraucher/innen kurzfristig zu entlasten, muss die ungerechte Energiekostenverteilung beendet und gesetzlich dafür gesorgt werden, dass Energieunternehmen sinkende Börsenstrompreise weitergeben.

Energieeffizienz: Ohne Ziele und konkrete Maßnahmen

Mit blumigen Worten wird im Kapitel Energieeffizienz etwas mehr Geld und ein Aktionsplan angekündigt. Gestrichen wurden aber die Ziele des schwarz-gelben Energiekonzepts von 2010. Sind diese zu ambitioniert für die große Koalition?

Zu der zentralen Aufgabe der neuen Bundesregierung in diesem Bereich wird im nächsten Jahr die Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie in deutsches Recht sein. Dazu findet sich nur die Erklärung, diese werde „sachgerecht“ umgesetzt – auch dies klingt wenig ambitioniert.

Neue Kohlesubventionen bleiben möglich

Während die Erneuerbaren Energien ausgebremst werden sollen, findet sich zu Kohlekraftwerken keine Einschränkung: Konventionelle Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes seien auf absehbare Zeit unverzichtbar. Und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Deutschland solle der wirtschaftliche Betrieb notwendiger Kapazitäten konventioneller und flexibel einsetzbarer Kraftwerke in bezahlbarer Weise möglich bleiben.

Damit wird neuen Geldströmen für fossile Kraftwerke Tür und Tor geöffnet. Und obwohl der Text zur Einführung solcher „Kapazitätsmechanismen“ noch strittig ist, werden klimaschädliche Kohlekraftwerke explizit nicht ausgeschlossen. Dabei wären neue Subventionen für Kohlekraftwerke Gift für Klimaschutz und Energiewende!

Jetzt raus auf die Straße – am 30. November!

Auch wenn die schwarz-roten Pläne wirklich Eingang in den Koalitionsvertrag finden – Gesetzeskraft haben sie damit noch lange nicht. In den nächsten Monaten wird es innerhalb der Koalitionsparteien und mit den Ländern ein zähes Ringen um das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Energiewende geben. Jetzt kommt es darauf an, die Verteidiger der Energiewende zu stärken und die Kohlelobby zu stoppen.

Am Samstag, den 30. November wollen wir mit vielen tausend Menschen in Berlin demonstrieren – und das Kanzleramt umzingeln. Wir setzen darauf, dass Sie mit dabei sind!

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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