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Lammert-Aktion wegen Nebeneinkünften: Chef der Pressestelle des Bundestages droht mit rechtlichen Schritten

Der von Bundestagspräsident Norbert Lammert frisch gekürte Leiter des Bereichs Presse und Kommunikation des Deutschen Bundestags und ehemalige „Welt“-Redakteur Guido Heinen droht Campact rechtliche Schritte an, wenn wir Passagen aus unserem 5-Minuten-Info zur Verschiebung der Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten nicht entfernen. Damit reagiert die Bundestagsverwaltung erstmals auf die 2.145 E-Mails sowie zahlreiche Faxe und […]

Der von Bundestagspräsident Norbert Lammert frisch gekürte Leiter des Bereichs Presse und Kommunikation des Deutschen Bundestags und ehemalige „Welt“-Redakteur Guido Heinen droht Campact rechtliche Schritte an, wenn wir Passagen aus unserem 5-Minuten-Info zur Verschiebung der Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten nicht entfernen. Damit reagiert die Bundestagsverwaltung erstmals auf die 2.145 E-Mails sowie zahlreiche Faxe und Telefonanrufe von Campact-Aktiven, die sich zwischen dem 13. und 15. März 2006 an Lammert wandten.

Wir dokumentieren das Schreiben von Guido Heinen und unsere Antwort:

Sehr geehrter Herr Schlag, im Nachgang zu unserem Telefonat von eben weise ich Sie hiermit auf vier Falschbehauptungen auf Ihrer homepage (http://www.campact.de/nebenekft/info/5min) hin.

Im Einzelnen:

„Doch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will die Veröffentlichungspflicht jetzt auf die lange Bank schieben.“ Dies ist unwahr. Die Veröffentlichungspflicht ist gesetzlich begründet und von Herrn Bundestagspräsidenten niemals angezweifelt worden.

„Die Klage hat juristisch keine aufschiebende Wirkung – sie dient Lammert lediglich als willkommener Vorwand, um die ihm ungenehme Veröffentlichungspflicht auszusitzen.“ Dies ist unwahr. Sie unterstellen Herrn Lammert ohne jegliche Grundlage eine bestimmte Haltung.

„Wir fragen Herrn Lammert: Warum decken Sie die Lobbyisten und Dunkelmänner im Parlament?“ Bisher haben wir von Ihnen keinerlei Fragen, erst recht jene dort angeführte, erhalten.

„Den letzten Angriff auf die verschärften Verhaltensregeln des Bundestages konnten wir im letzten Dezember abwehren, als Lammert sich weigerte deren Ausführungsbestimmungen zu erlassen.“ Die Behauptung, der Bundestagspräsident habe sich geweigert, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, ist unwahr.

Ich fordere Sie hiermit dringend auf, diese o.a. unwahren Behauptungen und Darstellungen umgehend zu entfernen bzw. zu korrigieren.

Rechtliche Schritte behalten wir uns dessen ungeachtet ausdrücklich vor.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Guido Heinen


Sehr geehrter Herr Dr. Heinen,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Sie weisen uns darauf hin, dass
unser 5-Minuten-Info Falschmeldungen enthalten würde. Gerne nehme ich
dazu wie folgt Stellung:

am Freitag, 31. März 2006 um 13:34 schrieben Sie:

>> „Doch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will die
Veröffentlichungspflicht jetzt auf die lange Bank schieben.“

> Dies ist unwahr. Die Veröffentlichungspflicht ist gesetzlich
begründet und von Herrn Bundestagspräsidenten niemals angezweifelt
worden.

Die Klage der sechs Abgeordneten gegen die in den Verhaltensregeln
vorgesehene Veröffentlichungspflicht in drei Einkommensstufen beim
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat keinerlei aufschiebende
Wirkung. Die Abgeordneten haben keine Eilanträge bei Gericht gestellt,
um die Veröffentlichung bis zu einer Entscheidung des Gerichts zu
verhindern.

Trotzdem entschied sich Herr Lammert dafür, die Veröffentlichung der
veröffentlichungspflichtigen Angaben, bis das Gericht entschieden hat,
aufzuschieben. Ich zitiere aus einem Brief von Herrn Lammert an alle
Bundestagsabgeordneten vom 10.3.2006: „Zugleich zeichnet sich ab, dass
das Gericht eine zügige Verfahren anstrebt. Daher beabsichtige ich die
Veröffentlichung bis zum Vorliegen der Entscheidung auszusetzen.“
(Brief ist auf unserer Webseite hier zu finden.)

Diese Entscheidung als „auf die lange Bank zu schieben“ zu
kommentieren, ist in unseren Augen statthaft und angemessen.

>> „Die Klage hat juristisch keine aufschiebende Wirkung – sie dient
Lammert lediglich als willkommener Vorwand, um die ihm ungenehme
Veröffentlichungspflicht auszusitzen.“

> Dies ist unwahr. Sie unterstellen Herrn Lammert ohne jegliche
Grundlage eine bestimmte Haltung.

Die kritische Haltung von Herrn Lammert bezüglich der Neuregelung der
Veröffentlichungspflicht der Nebeneinkünfte von Abgeordneten geht aus
einem uns vorliegenden Schreiben Herrn Lammerts vom 14.11.2005 an die
parlamentarischen Geschäftsführer der Parteien im Bundestag
eindeutig hervor. [Schreiben]

Ich zitiere aus dem Schreiben:

„Abgesehen von dem Erlass neuer Ausführungsbestimmungen halte ich es
allerdings für erforderlich, dass wir uns die Zeit nehmen, einige
Unklarheiten und möglicherweise unangemessene Anforderungen der neuen
Verhaltensregeln einer weiteren Beratung zu unterziehen.

Inhaltlich bezieht sich meine Sorge insbesondere auf die Regelung
wonach Einkünfte aus einer in der Zeit der Mitgliedschaft
weitergeführten Berufstätigkeit umfassend und unter Angabe der
jeweiligen Herkunft angezeigt und in der beschriebenen Form auch
veröffentlicht werden müssen. Diese Vorgabe bewirkt nach meiner
Auffassung für Freiberufler, selbständige Unternehmer und Landwirte
zunächst einen erörterungswürdigen Aufwand. Darüber hinaus stellen
sich ernste Fragen des Grundrechtsschutzes im Hinblick auf die
Abgeordneten beziehungsweise deren Kunden, Klienten, Mitgesellschafter
und andere Vertragspartner.“

>> „Wir fragen Herrn Lammert: Warum decken Sie die Lobbyisten und
Dunkelmänner im Parlament?“

> Bisher haben wir von Ihnen keinerlei Fragen, erst recht jene dort
angeführte, erhalten.

Über 2.100 Bürgerinnen und Bürger haben sich über unsere Webseite
http://www.campact.de zwischen dem 13. und dem 15.3.2006 per E-Mail,
Fax und Telefon an Herrn Lammert gewandt und eine zügige
Veröffentlichung der Politiker-Nebeneinkünfte gefordert. Sie warten
bis heute vergeblich auf eine Antwort.

>> „Den letzten Angriff auf die verschärften Verhaltensregeln des
Bundestages konnten wir im letzten Dezember abwehren, als Lammert
sich weigerte deren Ausführungsbestimmungen zu erlassen.“

> Die Behauptung, der Bundestagspräsident habe sich geweigert, die
Ausführungsbestimmungen zu erlassen, ist unwahr.

Nach Prüfung Ihres Hinweises erkenne ich an, dass hier ein
Missverständnis der oben zitierten Passage aus dem Schreiben vom
14.11.05 vorliegt.

In dem Schreiben Lammerts vom 14.11.2005 fordert er zu einer neuen
Diskussion über die Veröffentlichungspflicht auf. Es bleibt unklar, in
wieweit diese Diskussion selbst aufschiebende Wirkung für den Erlass
der Ausführungsbestimmungen hat.

„Deshalb gebe ich zu erwägen, zum Beispiel im Wege eines
Bundestagbeschlusses eine Aussetzung der Regelung bis zum Abschluss
aller notwendigen vorbereitenden Arbeiten zu veranlassen.

Abgesehen von dem Erlass neuer Ausführungsbestimmungen halte ich es
allerdings für erforderlich, dass wir uns die Zeit nehmen, einige
Unklarheiten und möglicherweise unangemessene Anforderungen der neuen
Verhaltensregeln einer weiteren Beratung zu unterziehen.“

Sie haben Recht darin, dass Herr Lammert hier nicht ankündigt, dass er
die Ausführungsbestimmungen nicht erlassen werde. Zu dieser Zeit, das
dokumentieren auch etliche Zeitungsmeldungen, bestand allerdings eine
begründete Befürchtung, das Herr Lammert hierauf verzichten würde.

> Ich fordere Sie hiermit dringend auf, diese o.a. unwahren
Behauptungen und Darstellungen umgehend zu entfernen bzw. zu
korrigieren. Rechtliche Schritte behalten wir uns dessen ungeachtet
ausdrücklich vor.

Nach genauer Prüfung haben wir den Hinweis auf eine Weigerung Herrn
Lammerts, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, von der Seite
entfernt. Der Hinweis beruhte auf einem Missverständnis und ist von uns
nicht eindeutig zu belegen. Insofern bitte ich für diesen Fehler um
Entschuldigung.

Alle anderen Äußerungen sind Kommentierungen, die durch die Presse-
und Meinungsfreiheit vollkommen gedeckt sind.

Herr Heinen, erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung. Hinweise
auf Fehler, die auch uns unterlaufen, stehen wir offen gegenüber und
sind bereit dazu, diese umgehend zu korrigieren. Ein Hinweis auf
rechtliche Schritte (welche sollen das sein?) ist dagegen schlechter
Stil und löst bei unseren Kooperationspartnern und hinzugezogenen
Juristen Kopfschütteln aus.

Gerne stehe ich für weitere Rückfragen telefonisch und via E-Mail zur
Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Bautz Campact e.V. Geschäftsführung

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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