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Wir wollen keine Versuchskaninchen sein!

Am Freitag platzte die Bombe. Greenpeace ist es irgendwie gelungen, an den Entwurf für ein Eckpunktepapier zu kommen, dass die Leitlinien für die künftige Gentechnikpolitik der Bundesregierung bestimmen soll. Paradoxerweise zeigt dieses Papier gleichzeitig, dass unser Protest einerseits nicht vergeblich war, dass aber andererseits die Verantwortlichen im Bundeslandwirtschaftsministerium noch immer nichts gelernt haben. Was haben […]

Am Freitag platzte die Bombe. Greenpeace ist es irgendwie gelungen, an den Entwurf für ein Eckpunktepapier zu kommen, dass die Leitlinien für die künftige Gentechnikpolitik der Bundesregierung bestimmen soll.

Paradoxerweise zeigt dieses Papier gleichzeitig, dass unser Protest einerseits nicht vergeblich war, dass aber andererseits die Verantwortlichen im Bundeslandwirtschaftsministerium noch immer nichts gelernt haben.

Was haben wir erreicht? Das Standortregister bleibt. Das ist ein riesiger Fortschritt. Anwohner/innen und benachbarte Landwirte können auch in Zukunft ermitteln, wo auf welchen Feldern Gentechnik angebaut wird. Auch in der Haftungsfrage kommt es zu keinem Rollback. Es bleibt bei dem Prinzip, dass derjenige, der gentechnisch manipulierte Pflanzen anbaut, für mögliche Schäden daraus haftet. Den Gentechnik-Bauern wird die Verantwortung auch nicht von einer Versicherung oder einem Ausgleichsfonds abgenommen. Es hat sich gezeigt, dass die Gentech-Industrie alles will, nur nicht die Verantwortung für ihre Produkte übernehmen.

Und dennoch rücken die Verantwortlichen im Landwirtschaftsministerium nicht davon ab: Wenn schon nicht der industrielle Anbau gefördert werden kann, dann muss wenigstens etwas für die Agro-Gentechnikforschung heraus springen – mit katastrophalen Folgen.

In Zukunft sollen Gen-Pflanzen auch ohne gesundheitliche Sicherheitsprüfung in die Nahrungskette gelangen können. Der Entwurf sieht vor, dass Auskreuzungen aus genmanipulierten Forschungsfreisetzungen in Zukunft in den Handel gebracht werden können, obwohl diese Gen-Pflanzen noch gar nicht für den Anbau zugelassen worden sind. „Damit würde der Verbraucher Teil dieses Feldversuchs“, sagt Alexander Gerber, Geschäftsführer vom BUND Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Diese Planung ist nicht nur in hohem Maße riskant, es widerspricht auch eindeutig europäischem Recht. Die Unvereinbarkeit mit den EU-Regeln wird in dem vorliegenden Papier des Landwirtschaftsministeriums eingeräumt, aber als hinnehmbar bewertet.

Ärger droht auch bei den Mindestabständen. Laut Entwurf des Eckpunktepapiers schlägt das Seehofer-Ministerium für Maisanbau einen Mindestabstand von 150 Metern zwischen der Anbaufläche mit gentechnisch veränderten und gentechnikfreien Pflanzen vor. Dieser Abstand ist viel zu gering, um Kontamination zu verhindern. „Selbst der Gentech-Konzern Monsanto schreibt Gen-Bauern den doppelten Abstand zu Bio-Bauern vertraglich vor“, erläutert Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Aktionsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL).

Was heißt das für uns: Ein Programm, dass Konsumenten zu lebenden Versuchskaninchen der Gentechnik-Forschung macht, ist nicht hinnehmbar. Zur Zeit wird im Campact-Büro intensiv an neuen Aktionen zur Auseinandersetzung um die Neufassung des Gentechnikgesetzes gearbeitet. Herr Seehofer – machen Sie sich auf Proteste gefasst!

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Autor*innen

Dr. Günter Metzges, Jahrgang 1971, ist Politikwissenschaftler und Erwachsenenpäda­goge. Mitgründer von Campact und lange Zeit Mitglied im geschäftsführenden Vorstand. Vorher: Gründung des Ökologischen Zentrums in Verden/Aller und Mitwirkung in verschiedenen politischen Kampagnen. 2000-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale und Interkulturelle Studien (InIIS) an der Universität Bremen. Dissertation: „NGO-Kampagnen und ihr Einfluss auf internationale Verhandlungen“ (Nomos Verlag, 2006). Alle Beiträge

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