Nebeneinkünfte
Göhner will „nur noch“ drei Jahre Lobbyist der Arbeitgeber im Bundestag bleiben / Veröffentlichungspflicht für Nebeneinkünfte verzögert sich weiter
Vor wenigen Tagen musste nach heftiger öffentlicher Kritik Norbert Röttgen auf sein Ansinnen verzichten, gleichzeitig Hauptgeschäftsführer des BDI und Parlamentarier zu werden. Jetzt rudert auch sein Kollege Reinhard Göhner zurück, seines Zeichens Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA im „Nebenberuf“. Er wolle mit der kommenden Legislaturperiode auf seine Doppelfunktion verzichten. Am Wochenende war auch Bundeskanzlerin Merkel zu […]
Vor wenigen Tagen musste nach heftiger öffentlicher Kritik Norbert Röttgen auf sein Ansinnen verzichten, gleichzeitig Hauptgeschäftsführer des BDI und Parlamentarier zu werden. Jetzt rudert auch sein Kollege Reinhard Göhner zurück, seines Zeichens Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA im „Nebenberuf“. Er wolle mit der kommenden Legislaturperiode auf seine Doppelfunktion verzichten. Am Wochenende war auch Bundeskanzlerin Merkel zu Göhner deutlich auf Distanz gegangen: „Herausgehobene Stellungen, die man über viele Jahre machen will, vertragen sich auf Dauer nach meiner persönlichen Einschätzung nicht mit einem Bundestagsmandat.“
Göhner nimmt die „herausgehobene Stellung“ indes schon seit 10 Jahren ein. Und diese will er sich vorerst auch nicht nehmen lassen: Weitere 3 Jahre beabsichtigt er im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und für Arbeit und Soziales die Interessen des BDA statt die der Wähler und Wählerinnen zu vertreten. Doch Göhner sieht das ganz anders „Ich war bislang nicht ein einziges Mal in einem Interessenkonflikt, weil ich jeweils nach meiner Überzeugung und dem, was ich den Wählern versprochen habe, entscheide“ (Interview in der Welt). Gleichzeitig ist zu lesen, dass sich beim BDA niemals „jemand darüber beklagt, daß ich meine Pflichten nicht erfülle.“ Und natürlich gehört zu den Pflichten eines BDA-Vorsitzenden die Vertretung der Interessen des Verbandes auf allen politischen Ebenen!
„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“, sagt der Volksmund. Genau deshalb sollen Abgeordnete vorallem das Brot essen, dass sie von den BürgerInnen als ihre Interessenvertreter in Höhe von gut 7.000 Euro monatlich erhalten. Und so sieht es auch das Abgeordnetengesetz vor, wenn es verlangt, dass die Mandatsausübung „im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“ stehen muss. Herr Göhner sollte sich endlich für eine Brotquelle entscheiden – und zwar sofort und nicht erst in 3 Jahren!
In wiefern eine Mandatsausübung „im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“ steht, ist indes wieder Gegenstand der Debatte geworden. In einem von Bundestagspräsident Norbert Lammert in Auftrag gegebenen Gutachten vertritt der Berliner Rechtsprofessors Ulrich Battis die Auffassung, dass dies nicht „quanitativ“ sondern „qualitativ“ zu verstehen sei. Nicht die aufgebrachte Zeit oder die Höhe der Einkünfte sei entscheidend, sondern ob der Abgeordnete nach einer Gewissensprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass das Mandat im Mittelpunkt seiner Tätigkeit steht (weiteres bei spiegel-online. Eine Veröffentlichung der Nebeneinkünfte wäre mit dieser Argumentation der Boden entzogen.
Von dieser Rechtsauffassung erhofft sich Lammert sicher Schützenhilfe, um die Neuregelung der Veröffentlichungspflicht der Nebeneinkünfte von Abgeordneten nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verwässern zu können. Dieses wird am 11. Oktober erstmals über die Klagen von Abgeordneten verhandeln, die die Transparenzpflicht zu Fall bringen wollen. Mit einer Entscheidung in Karlsruhe wird mittlerweile erst zu Jahresende gerechnet. Fordern die Richter Änderungen ein, wird der Kampf um scharfe Transparenzregeln weiter gehen. Wir müssen wachsam bleiben.