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Klima: Fortschritte beim EU-Gipfel reichen nicht zur Bekämpfung des Klimawandels

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf einen „Aktionsplan für Klimaschutz und Energiepolitik“ geeinigt (Original-Dokument als pdf). Dass es überhaupt zu einer Einigung kam, ist ein Erfolg, denn bis zuletzt lagen die Postionen etlicher Regierungen weit auseinander. Insbesondere Frankreich und einige osteuropäische Länder wollten den von der EU-Kommission vorgelegten Plan zu einer unverbindlichen […]

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf einen „Aktionsplan für Klimaschutz und Energiepolitik“ geeinigt (Original-Dokument als pdf). Dass es überhaupt zu einer Einigung kam, ist ein Erfolg, denn bis zuletzt lagen die Postionen etlicher Regierungen weit auseinander. Insbesondere Frankreich und einige osteuropäische Länder wollten den von der EU-Kommission vorgelegten Plan zu einer unverbindlichen Willensbekundung degradieren und drohten den Aktionsplan insgesamt scheitern zu lassen. Stattdessen hat sich die EU nun auf verbindliche Ziele zum Klimaschutz bis 2020 geeinigt.

Die EU verpflichtet sich mit dem Aktionsplan, die CO2-Emissionen bis 2020 verbindlich um 20 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu senken. Allerdings klingt das Ziel ambitionierter als es ist: Denn die Bezugsgröße für das 20-Prozent-Ziel ist nicht der aktuelle CO2-Ausstoß der Europäischen Union, sondern der aller heutigen Mitgliedstaaten von 1990. Eine Zahlenspielerei mit Folgen: Der Niedergang der Wirtschaft in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten nach 1990 hat zur Stilllegung energiefressender Industrieanlagen geführt. Die Neuaufnahme dieser Länder drückt im Vergleich mit 1990 den CO2-Ausstoß um 15 Prozent. Somit schmilzt das Klimaschutzziel auf 5 Prozent weitere CO2-Einsparung bis 2020 zusammen. ( Mehr zum Gutachten des Wuppertal-Instituts / Spiegel-Online: „Merkels Scheinerfolg: Geschönt, gemogelt, gefeiert“). Allerdings steigen derzeit die CO2-Emissionen der osteuropäischen Mitgliedsstaaten, womit sich die Reduktionsverpflichtung wieder vergrößert. Das Ziel bleibt trotzdem weit hinter dem zurück, was innerhalb von 13 Jahren gut zu leisten und dringend geboten wäre.

Für den Fall, dass sich „andere Industriestaaten zu vergleichbaren Emissionsreduzierungen und die wirtschaftlich weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländer zu einem ihren Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angemessenen Beitrag verpflichten“, stellt der Aktionsplan der EU zudem eine Minderung ihrer CO2-Ausstoßes um 30 Prozent in Aussicht. Auch wenn der Begriff „vergleichbar“ dehnbar ist, so liegt die Hürde, über die Länder wie die USA springen müssen, damit ziemlich hoch.

Ein wichtiger Durchbruch ist die Einigung, den Anteil Erneuerbarer Energien am europäischen Gesamtverbrauch von derzeit 6 auf 20 Prozent bis 2020 zu steigern. Der französische Vorschlag, anstatt von Erneuerbaren Energien lieber von „nicht kohlenstoffbasierten Energieformen“ zu sprechen und damit auch Atomkraft mit einrechnen zu können, ist vom Tisch. Das ist ein wichtiger Erfolg. Jetzt stehen schwierige Verhandlungen darüber an, welches Land wie viel zur Erreichung des 20-Prozent-Ziels beitragen muss. Die Kommission wird hierzu einen Vorschlag erarbeiten, der am Ende von allen Staaten noch einmal einstimmig verabschiedet werden muss. Hier wird sich zeigen, ob die in Brüssel getroffene Vereinbarung wirklich trägt.

Hingegen enttäuschen die Beschlüsse im Bereich Energieeffizienz. Das Ziel, bis 2020 den Energieverbrauch durch mehr Energieeffizienz um 20 Prozent zu senken, ist unverbindlich. Selbst wenn es erfüllt würde, könnte hiermit kaum die durch das weitere Wirtschaftswachstum verursachte Zunahme des Energieverbrauchs ausgleichen können. Der Gipfel hat somit zwar erfreuliche Fortschritte in Richtung einer CO2-armen Produktion von Energie gebracht, wenig hingegen dafür, dass endlich weniger Energie benötigt wird.

Der EU-Gipfel hat immerhin einige der in unserem Klima-Appell erhobenen Forderungen umgesetzt, wenn auch jeweils nur partiell. Bei den anderen Forderungen, stehen hingegen in den verbleibenden Monaten der EU-Ratspräsidentschaft drei wichtige Entscheidungen an.

So ist die umstrittenen Trennung von Stromerzeugung und Netzbetrieb, mit der die Monopolmacht der großen Energiekonzerne verringert werden soll, zwar auch in dem in Brüssel verabschiedeten Aktionsplan enthalten. Doch wie dies genau passieren soll – etwa durch eine eigentumsrechtliche Zerschlagung oder die Entflechtung in Produzenten und unabhängige Netzbetreiber – bleibt weiter hoch umstritten. Besonders Frankreich und Deutschland mit ihren monopolisierten Energieversorgungsstrukturen versuchen sich konsequenten Maßnahmen in den Weg zu stellen.

Zum zweiten wird das Ringen um verbindliche CO2-Grenzwerte für Neuwagen in den nächsten Monaten weiter gehen. Hier wird es insbesondere auf die Vorentscheidung beim Rat der Umweltminister am 30. Juni ankommen. (Mehr im 5-Minuten-Info zu unserer Spritfresser-Kampagne)

Zum dritten wird es um die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel gehen. Entscheidend hierbei ist, wie viele Emissionszertifikate ausgehändigt und ob sie kostenpflichtig versteigert werden.

Jetzt müssen wir weiter Druck machen, dass die Forderungen des Klima-Appells innerhalb der deutschen EU-Präsidentschaft umgesetzt werden.

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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