Arbeitsgruppe soll aus der Patsche helfen
Der Konflikt um die Privatisierung der Bahn geht weiter. Die Koalitionsrunde hat bei ihrem gestrigen Treffen beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Bundesverkehrsminister Tiefensee die zwei Privatisierungsmodelle bis zum 10. Dezember überprüft. Das ursprünglich von Tiefensee vorgelegte „Eigentumssicherungsmodell“, das großen Kapitalinvestoren den Einstieg in die Bahn eröffnet hätte, wurde begraben. Damit wurde das parlamentarische […]
Der Konflikt um die Privatisierung der Bahn geht weiter. Die Koalitionsrunde hat bei ihrem gestrigen Treffen beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Bundesverkehrsminister Tiefensee die zwei Privatisierungsmodelle bis zum 10. Dezember überprüft. Das ursprünglich von Tiefensee vorgelegte „Eigentumssicherungsmodell“, das großen Kapitalinvestoren den Einstieg in die Bahn eröffnet hätte, wurde begraben. Damit wurde das parlamentarische Verfahren zum dem von der Bundesregierung im Sommer beschlossenen Privatisierungsgesetz gestoppt. Ein wichtiger Erfolg – das Schlimmste haben wir verhindert.
Im Rennen ist zum einen noch das vom SPD-Parteitag beschlossene Volksaktien-Modell. Die Privatisierung der Bahn würde in Form stimmrechtsloser Volksaktien erfolgen, um damit die Einflussnahme von Kapitalinvestoren auf die Unternehmenspolitik der Bahn zu verhindern. Doch trotz zumindest erstmal nicht vorhandenen Einfluss von Kapitalinvestoren würde die Bahn unter Renditedruck geraten. Denn auch Kleinaktionäre erwarten Gewinne, die mit einer flächendeckenden Versorgung, attraktiven Preisen und einem guten Fahrplanangebot kaum verträglich sind. Zudem wäre das Risiko des späteren Einstiegs von Großinvestoren durch Änderung der Bestimmungen oder einem Einschreiten Brüssels wie beim VW-Gesetz groß.
Die Union hat bereits bekundet, dem Modell nicht zustimmen zu wollen. Deswegen ist kaum damit zu rechnen, dass die Arbeitsgruppe sich hierauf einigt.
Bleibt das von Finanzminister Steinbrück, Tiefensee, Kanzleramtsminister de Maizière und Bahnchef Mehdorn vorgelegte Holding-Modell. Dieses geht in Richtung einer Trennung von Netz und Betrieb, wie dies FDP und Teile der Union fordern. Das Netz soll zu 100 Prozent beim Bund bleiben, während der Betrieb in eine eigene Holding überführt werden soll, die teilprivatisiert werden soll. Langfristig könnte das Netz ganz von der Bahn abgetrennt und vom Staat verwaltet werden. So lange dies nicht geschieht, kann die Bahn als Besitzerin der Infrastruktur weiterhin andere Unternehmen bei der Trassenvergabe diskriminieren. Ein Wettbewerb, wie ihn auch einige Verkehsverbände fordern, würde nicht stattfinden. Zudem ist aber selbst bei einem funktionierenden Wettbewerb eine Konzentration auf renditeträchtige Strecken zu befürchten.
Das Holding-Modell ist indes kaum mit dem SPD-Parteitagsbeschluss vereinbar. Nach diesem darf die Bahn nicht zerschlagen werden, sondern soll integrierter Konzern bleiben. Das Holdings-Modell müsste nach Beschlusslage einem SPD-Sonderparteitag vorgelegt werden. Ein positives Votum ist angesichts der massiven Kritik der Gewerkschaftenan dem Modell, die bis zur Streikdrohung reicht, zumindest fraglich.
Die Situation bleibt verfahren. Beobachter rechnen kaum mit einer Einigung bis zum 10. Dezember. Vielmehr könnten die Verantwortlichen warten bis das Thema aus dem Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwindet, um die Pläne dann still und heimlich zu beerdigen. Dies wäre weit besser, als ein verkorkster Kompromiss wie das Holding-Modell. Danach muss es darum gehen, wie die Bahn mit zusätzlichen Finanzmitteln zu einer klimafreundlichen Alternative zu Auto und Flugzeug weiterentwickelt werden kann.
Wir werden die Entwicklung weiter beobachten und gegebenenfalls mit neuen Aktionen aktiv werden.