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EU-Umweltminister beraten CO2-Grenzwerte für Neuwagen

Auf ihrem gestrigen Treffen in Brüssel haben die EU-Umweltminister eine erste Aussprache zum Vorschlag der EU-Kommission über verbindliche CO2-Grenzwerte für Neuwagen abgehalten. Laut Vorschlag sollen alle verkauften Neuwagen in der EU ab dem Jahr 2012 im Durchschnitt nicht mehr als 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen – im Jahr 2006 betrug der CO2-Durchschnittsausstoß der Neuwagen […]

Auf ihrem gestrigen Treffen in Brüssel haben die EU-Umweltminister eine erste Aussprache zum Vorschlag der EU-Kommission über verbindliche CO2-Grenzwerte für Neuwagen abgehalten. Laut Vorschlag sollen alle verkauften Neuwagen in der EU ab dem Jahr 2012 im Durchschnitt nicht mehr als 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen – im Jahr 2006 betrug der CO2-Durchschnittsausstoß der Neuwagen in der EU 160 g/km. Die Minderung der Emissionen soll dadurch erreicht werden, dass jeder Auto-Hersteller in der EU, abhängig vom Durchschnittsgewicht seiner gesamten Fahrzeugflotte, für seine verkauften Neuwagen ab dem Jahr 2012 einen CO2-Grenzwert zugewiesen bekommt: Je schwerer das Durchschnittsgewicht seiner Wagen ist, desto weniger streng soll der CO2-Grenzwert sein. Wie stark ein schweres Fahrzeuggewicht dafür sorgt, dass ein Autohersteller einen weniger strengen CO2-Grenzwert einhalten muss, legt die so genannte „Grenzwertkurve“ fest: Je steiler die Kurve verläuft, desto mehr CO2 dürfen schwere Autos ausstoßen. Um die Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen, plant die Kommission Strafen für jene Hersteller, die die Vorgaben nicht erfüllen.

Einmal mehr stellte sich die deutsche Bundesregierung, vertreten durch Umwelt-Staatssekretär Matthias Machnig, gestern schützend vor die deutschen Autohersteller: Sie kritisierte, dass die Grenzwertkurve, deren Steigung die Kommission auf 60 Prozent vorschlägt, nicht steil genug verlaufe: SchwereAutos müssten in noch größerem Maße von den Reduktionsverpflichtungen verschont werden, sonst drohten Wettbewerbsnachteile gegenüber Herstellern leichter Autos. Zudem sei die Höhe der Strafen, welche bei Grenzwert-Überschreitungen geplant seien, nicht angemessen.

In den nächsten Monaten werden sowohl die europäischen Regierungen im Ministerrat als auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments weiter über die Grenzwerte ringen. Betrachtet man die gestrige Diskussion im Umweltministerrat sowie die Ergebnisse der Vor-Abstimmungen über die CO2-Grenzwerte im Europäischen Parlament in den letzten Monaten, so wird es im weiteren Gesetzgebungsverfahren vor allem um folgende Punkte gehen:

1. 2012 muss das Start-Jahr der Grenzwertregelung bleiben: Während sich im Ministerrat nur wenige Staaten für eine Verschiebung der Grenzwertregelung auf das Jahr 2015 ausgesprochen haben, hat sich das Europäische Parlament in den letzten Monaten bereits in zwei Abstimmungen für eine Verschiebung der Grenzwertvorgaben um drei Jahre ausgesprochen. Eine solche Verschiebung ist abzulehnen: Klimapolitisch sinnvoll wäre der bereits heute technisch machbare Grenzwert von 120 g/km ab dem Jahr 2012. Die nun vorgeschlagenen 130g/km ab 2012 dürfen nicht noch weiter verwässert oder verschoben werden.

2. Grenzwert-Übertretern müssen harte Strafen drohen: Die Kommission schlägt eine Strafe von 20 Euro pro g/km an Grenzwertüberschreitung und Wagen ab 2012 vor. Und 35 Euro ab 2013, 60 Euro ab 2014 sowie 95 Euro ab 2015. Im Ministerrat stellten neben Deutschland noch sechs andere Regierungen klar, dass sie diese Strafen für zu hoch halten. Nur drei Regierungen verteidigten die Strafen oder riefen zu höheren Summen auf. Es ist entscheidend, dass der Kommissions-Vorschlag an dieser Stelle nicht verwässert wird. Im Gegenteil: Er sollte gerade für die Anfangsjahre weiter verschärft werden. Denn nur wenn Klima-Sündern so hohe Strafen drohen, dass es sich nicht lohnt, diese zu bezahlen, investieren sie in klimafreundliche Technik und halten Grenzwerte ein.

3. Wir brauchen Langzeit-Reduktionsziele für die Zeit nach 2012: Der Kommissions-Vorschlag enthält keinen Hinweis darauf, wie die CO2-Emissionen nach dem Jahr 2012 weiter reduziert werden sollen. Dies ist aus Sicht des Klimaschutzes kontraproduktiv: In der Autoindustrie werden Investitionen auf lange Sicht getätigt. Deshalb brauchen wir schon jetzt verbindliche Reduktionsziele von 80 g/km für 2020 und 60 g/km für 2025. Mut macht, dass sich neun EU-Staaten im Ministerrat dafür aussprachen, Langzeitziele festzulegen – wenn auch sie nicht alle die von uns geforderten Zahlen nannten. Auch das Europäische Parlament hatte sich im Oktober für Langzeitziele eingesetzt.

4. Grenzwerte sollten nicht nach Fahrzeuggewicht zugeteilt werden: Fünf Regierungen sprachen sich gestern für das so genannte Footprint-Modell aus, nach dem die Strenge der Grenzwerte nicht am Fahrzeug-Gewicht bemessen wird, sondern an der Fläche zwischen den Achsen der Wagen. Das Europäische Parlament scheint in dieser Frage unentschlossen. Während es sich im Oktober für das Footprint-Modell ausgesprochen hatte, sprach essich im Januar für die Gewichts-Regelung aus. Aus klimapolitischer Sicht ist das Footprint-Modell zu bevorzugen. Denn gewichtsbezogene CO2-Standards setzen keine ausreichenden Anreize, das Fahrzeuggewicht zu verringern, da leichtere Fahrzeuge mit strengeren Grenzwerten belegt werden. Weniger Gewicht ist jedoch ein wichtiger Weg zu weniger CO2-Emissionen.

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2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Sehr geehrte Frau Hundsdorfer,

    ich finde ihre Artikel über die CO2-Diskussion sehr interessant. Jetzt wollte ich fragen, ob Sie wissen, wann die finale Entscheidung für den geringeren Grenzwert ab 2015 gefallen ist?

    Danke,
    mfG M.T.

    • Liebe/r M.T.,

      die Entscheidung dazu ist bereits am 1. Dezember 2008 gefallen. Seitdem hat sich in der Debatte zumindest im PKW-Bereich nicht mehr viel getan. Lediglich um Kleintransporter geht die Duskussion weiter.

      Mit herzlichen Grüßen
      Ferdinand Dürr

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