Der Koalitionsausschuss beschloss gestern Abend die von den SPD-Vorschlag zur Bahnprivatisierung. Nicht Teil des Beschlusspapiers sind allerdings die von Kurt Beck kürzlich noch als entscheidend gepriesenen Hürde gegen eine Erhöhung des Privatisierungsanteils am Transportbereich von 24,9 auf 49,9 Prozent: Die Festschreibung der Unternehmensstruktur in einem Tarifvertrag. Jetzt soll der Privatisierungsanteil lediglich in einem Beteiligungsvertrag festgeschrieben werden.
Die Regierung will bei Privatisierung weiter ordentlich auf’s Tempo drücken. Am nächsten Dienstag wollen sich die Regierungsfraktionen auf einen Entschließungsantrag für den Bundestg einigen. Im Mai will dann Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) über die Zusammensetzung des Konsortiums entscheiden, das die Privatisierung abwickeln soll. Als Kandidaten für die voraussichtlich vier Plätze als Konsortialführer werden Credit Suisse, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Deutscher Bank gehandelt. Nach einem Bericht der FAZ darf „das gesamte Konsortium für seine Dienste beim Börsengang auf eine Bezahlung hoffen, die etwa 1,5 bis 1,75 Prozent des Emissionsvolumens entspricht. Im September und Oktober solle dann die Bahn-Aktie Interessenten vorgestellt werden. Ende Oktober sei Preisfestlegung und Zuteilung anvisiert.
Derweil organisiert sich in den Bundesländern Widerstand gegen die Privatisierungspläne. Berlin und Sachsen-Anhalt bereiten offenbar eine Initiative im Bundesrat vor, die eine gesetzliche Regelung statt eines Beteiligungsvertrags verlangt. Damit müsste der Bundesrat über die Privatisierung mit entscheiden. Hessens Verkehrsminister Alois Rhiel befürchtet gegenüber der Frankfurter Rundschau, das geplante Privatisierungsmodell öffne „einem möglichen Missbrauch durch die Deutsche Bahn AG Tür und Tor“.
Die Bundesländer befürchten zu Recht, dass die Deutsche Bahn AG IC-Verbindungen zu Nahverkehrsverbindungen umwandelt, um damit Finanzmittel der Länder zu erhalten. Zudem erwarten sie, so Rhiel, dass die Bahn regionale Infrastruktur und die Netze „vernachlässigen“ werde.
Da nach einem positivem Votum der SPD-Fraktion kein aussichtsreicher Widerstand gegen die Privatisierungspläne aus dem Bundestag zu erwarten ist, haben jetzt die Bundesländer in der Hand, dem Börsengang noch eine Hürde entgegenzusetzen.