Klimawandel
Bundesumweltminister Gabriel antwortet auf Kohle-Appell
Erst im dritten Anlauf hat Sigmar Gabriel unseren Kohle-Appell mit mehr als 37.000 Unterschriften angenommen. Jetzt, einen Monat nach der Unterschriften-Übergabe in Berlin, antwortet der Minister mit seiner Sicht der Dinge. „Damit liegen wir gar nicht so sehr weit auseinander“, schreibt Sigmar Gabriel in seiner Antwort auf den Campact-Kohle-Appell, nachdem er dessen Hauptforderungen zusammengefasst hat. […]
Erst im dritten Anlauf hat Sigmar Gabriel unseren Kohle-Appell mit mehr als 37.000 Unterschriften angenommen. Jetzt, einen Monat nach der Unterschriften-Übergabe in Berlin, antwortet der Minister mit seiner Sicht der Dinge.
„Damit liegen wir gar nicht so sehr weit auseinander“, schreibt Sigmar Gabriel in seiner Antwort auf den Campact-Kohle-Appell, nachdem er dessen Hauptforderungen zusammengefasst hat. Doch an neuen Kohlekraftwerken will er dennoch festhalten. Dafür führt er zwei Günde an: Erstens könnten nur mit neuen, billigen Kohlekraftwerken ältere, ineffizientere Kraftwerke aus dem Markt gedrängt werden. Zweitens würden Erneuerbare Energien und der Handel mit CO2-Zertifikaten einen strengen Rahmen vorgeben, der die CO2-Emissionen permanent reduziere.
Versuchte Appell-Übergabe vor der Berliner Klimakonferenz am 18. Mai 2009
Doch beide Argumente sind unzureichend begründet:
- Zwar würden neue Kohlekraftwerke kurzfristig auch alte und damit noch ineffizientere ersetzen; dennoch schalten Energiekonzerne lieber ihre teuren, umweltfreundlicheren Kraftwerke ab als ihre alten, abgeschriebenen Kohlekraftwerke. Dadurch steigt der Anteil von Kohle im Strommix beim Neubau von Kohlekraftwerken an – und so steigt auch der CO2-Ausstoß je erzeugter Kilowattstunde Strom. Denn Kohlemeiler können selbst mit modernster Kraftwerkstechnik nicht einmal die Hälfte der eingesetzten Energie in Strom umwandeln. Der Rest geht als Abwärme verloren – ungenutzt, wenn Kraft-Wärme-Kopplung nicht verpflichtend vorgeschrieben wird, wie vom Kohle-Appell gefordert!
- Wegen der Langfristigkeit der Investitionen in neue Kraftwerke, täuscht sich der Umweltminister, wenn er schreibt, es komme gar nicht darauf an, wie viele Gas- oder Kohlekraftwerke in Zukunft gebaut würden. Von einem „strengen Rahmen“ kann man beim Emissionshandel nur schwerlich sprechen, denn Festlegungen gibt es bisher nur bis ins Jahr 2020. Kohlekraftwerke, die jetzt neu ans Netz gehen, werden auch zwischen 2040 und 2050 noch Strom produzieren – oder das investierte Kapital wird aus Klimaschutzgründen nicht mehr genutzt. Wer heute neue Kohlekraftwerke baut, steht damit in Zukunft vor der Wahl: Entweder bleiben Milliarden-Investitionen ungenutzt oder die Klimaschutz-Ziele werden aufgegeben. Ihre Lobbymacht haben die Energiekonzerne in der Vergangenheit schon unter Beweis gestellt.
Zwei Weichenstellungen, die Sigmar Gabriel beschreibt, sind sicherlich von entscheidender Bedeutung: Das Festhalten am Atomausstieg bei gleichzeitigem massivem Ausbau der Erneuerbaren Energien und ein deutliches Mehr an Energieeffizienz. Doch nicht nur der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken verhindert den Ausbau der Erneuerbaren und gefährdet die Schaffung tausender Arbeitsplätze in dem Bereich, sondern auch der Neubau von Kohlekraftwerken (vgl. Kurz-Info zum Erneuerbare-Energien-Appell). Und zudem fängt Energieeffizienz bei der Stromproduktion an: Nur wenn neu gebaute Kraftwerke die eingesetzte Energie zum größtmöglichen Teil nutzen und zusätzlich die Abwärme als Heizenergie genutzt wird, kann man von effizienter Stromproduktion sprechen.
Versuchte Appell-Übergabe auf dem Evangelischen Kirchentag in Bremen am 21. Mai 2009
Für beide Bereiche – wie auch für das Problem der ineffizienten Altanlagen – schlägt der Campact-Kohle-Appell, der auf einem Vorschlag der Deutschen Umwelthilfe aufbaut, eine Lösung vor. Mit einem Gesetz…
- …sollen nur noch moderne, hocheffiziente Kraftwerke ans Stromnetz gelassen werden.
- …soll die Nutzung der Abwärme als Heizenergie verpflichtend vorgeschrieben werden.
- …sollen alte, ineffiziente Kraftwerke mit einem langsam steigenden Mindestwirkungsgrad aus dem Markt gedrängt werden.
Übergabe des Kohle-Appells in Berlin am 19. Juni 2009
Selbst wenn wir das Festhalten am Ausstieg aus der Atomenergie und den Ausbau der Erneuerbaren Energien begrüßen: Herr Gabriel, wir könnten uns in der Energiepolitik noch deutlich näher sein. Wagen Sie den nächsten Schritt, machen Sie den Neubau von ineffizienten und klimaschädlichen Kohlekraftwerken unmöglich!