Die beiden Atomreaktoren im bulgarischen Belene werden immer unsicherer: Neben dem Erdbebenrisiko steht jetzt noch das Finanzierungsrisiko. Schon in den nächsten Tagen könnte es zu einer Vorentscheidung kommen.
Monatelang haben wir den Aufsichtsrat des Essener Energiekonzerns RWE unter Druck gesetzt: Das Unternehmen soll auf seine Beteiligung am Bau zweier Atomreaktoren russischen Bautyps im bulgarischen Belene verzichten. Bisher mit Erfolg, denn Konzernchef Jürgen Großmann konnte bis heute keinen Segen des obersten Kontrollgremiums für das gefährliche Vorhaben in einer hochaktiven Erdbebenzone erhalten. Jetzt sägt offenbar auch die neue bulgarische Regierung am Kraftwerksstandort Belene – sie will das Projekt grundlegend überdenken. Über die Elektrizitätsgesellschaft NEK ist der bulgarische Staat zu 51 Prozent an Belene beteiligt – RWE hält 49 Prozent.
Mit den Parlamentswahlen Anfang Juli löste die populistisch-konservative Gerb-Partei die atomfreundlichen Sozialisten als Regierungspartei in Bulgarien ab. Sie will alle energiepolitischen Großprojekte, die mit Unterstützung Russlands verwirklicht werden sollen, erstmal auf Eis legen und auf den Prüfstand stellen. Die beiden Reaktorblöcke in Belene sollen vom russischen Anlagenbauer Atomstroyexport errichtet werden. Die russische Regierung will NEK zudem einen Kredit von 3,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.
Das ist dem neuen Finanzminister Simeon Dschankew offenbar zu teuer. Laut Süddeutscher Zeitung sagte der Minister: „Ich sehe für dieses Projekt keine ökonomische Grundlage.“ Durch die Finanzkrise habe Bulgarien enorme Haushaltsprobleme, die das „nicht profitable“ AKW kaum finanzierbar erscheinen ließen.
Das Vorhaben im Erdbebengebiet gerät damit offenbar ins schwanken: Schon kommende Woche wollen sich Ministerpräsident Bojko Borrisow und Wirtschaftsminister Traitscho Traikow mit RWE treffen und über die geplanten Reaktoren reden. Möglicherweise finden die bulgarischen Atomabenteuer von Vorstandschef Großmann schon bald ihr Ende.