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Erfolg: RWE zieht sich zurück!

Nach gut einem Jahr zieht sich nun auch der Energiekonzern RWE aus der Finanzierung der Risiko-Reaktoren im bulgarischen Erdbebengebiet bei Belene zurück – wie zuvor schon große europäische Banken. Auch RWE wurde der öffentliche Druck von fast 30.000 Campact-Aktiven und zahlreichen Aktionen mit unserem Kooperationspartner Urgewald zu groß! Es waren nicht immer die großen Schlagzeilen, […]

Nach gut einem Jahr zieht sich nun auch der Energiekonzern RWE aus der Finanzierung der Risiko-Reaktoren im bulgarischen Erdbebengebiet bei Belene zurück – wie zuvor schon große europäische Banken. Auch RWE wurde der öffentliche Druck von fast 30.000 Campact-Aktiven und zahlreichen Aktionen mit unserem Kooperationspartner Urgewald zu groß!

Es waren nicht immer die großen Schlagzeilen, aber das Thema Belene hat uns über Jahre hinweg beschäftigt: Erst wollten große europäische Banken die beiden im bulgarischen Erdbebengebiet geplanten Atomreaktoren finanzieren, später der Essener Energiekonzern RWE. Doch seit den letzten Oktobertagen ist klar: Auch RWE gibt seine 49 Prozent-Beteiligung an der Projektgesellschaft auf – damit sei es „beinahe unmöglich“ einen neuen Finanzier für das hochriskante AKW zu finden, wie aus Bulgarien verlautete. (Bericht in der Süddeutschen Zeitung.) Ein toller Erfolg!

Aktion beim RWE-Aufsichtsrat im November 2008

Tausende Gelbe Karten warten auf die Mitglieder des RWE-Aufsichtsrats – doch im November 2008 fahren die Mitglieder einfach daran vorbei.

Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Urgewald und tausenden Schreiben von Campact-Aktiven sowie Aktionen vor den Bankfilialen, erreichten wir Ende 2006, dass sich die größten europäischen Banken, darunter die Deutsche Bank, die Bayerische Landesbank und die Hypovereinsbank aus der Projektfinanzierung zurückzogen. Nur drei Tage vor einer Aktionswoche, in deren Rahmen wir in 60 Städten bei den Bankfilialen Aktionen vorbereitet hatten, verkündeten die Bankvorstände ihren Rückzug. Protest zahlt sich aus! Zu dieser Zeit wollte die bulgarische Regierung einfach das bereits Ende der 1980er Jahre begonnene Atomkraftwerk, dessen Bauteile über Jahre hinweg unter freiem Himmel lagerten, zu wahren Schrott-Reaktoren zusammenbauen.

Aktion beim RWE-Aufsichtsrat im März 2009

Das Wackel-AKW auf unsicherem Boden: Aktion vor dem RWE-Tower in Essen im März 2009.

Erst einmal schien das Vorhaben damit beendet, doch dann machte uns RWE einen Strich durch die Rechnung. Mit bis zu 400 Millionen Euro Eigenkapital und Krediten in Milliardenhöhe wollte sich der Energiekonzern an Belene beteiligen und zusammen mit dem bulgarischen Staat das „gefährlichste Atomprojekt Europas“ (Greenpeace) Realität werden lassen. Besonders skandalös: Obwohl die Bundesrepublik den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen hat, sollte sich ein deutscher Energiekonzern, der zu rund 26 Prozent in kommunaler Hand ist, an den Risiko-Reaktoren im Erdbebengebiet beteiligen.

Bevor RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann seine atomaren Expansionspläne durchpeitschen konnte, nahmen wir den Aufsichtsrat ins Visier. Von beinahe 30.000 Campact-Aktiven kamen fast 250.000 Gelbe Karten bei den entscheidenden Mitgliedern des Aufsichtsrats an, und wir waren bei jeder Sitzung des Aufsichtsgremiums mit einer Aktion vor Ort: Im November 2008 fuhren die Aufsichtsräte mit ihren Limousinen an Säcken mit tausenden Gelben Karten einfach vorbei, im Februar demonstrierten wir mit unserem „Wackel-AKW“, wie sich ein Erdbeben auf Atomreaktoren auswirkt und im September ließen wir „Aufsichtsratsmitglieder“ sich von einer Kletterwand abseilen: „Rechtzeitig abseilen!“

Jetzt abseilen! - Aktion beim RWE-Aufsichtsrat im Sepember 2009

Nachdem die Aufsichtsräte beim ersten Versuch einfach an den Gelben Karten vorbeigefahren waren, beschlossen wir, sie ihnen nachzutragen: Im März 2009 beteiligten wir uns an einer Belene-Aktionswoche und erhöhten mit Großplakaten in Dortmund, Essen und Mülheim sowie öffentlichen Übergaben den Druck auf die Oberbürgermeister der Ruhrgebietsstädte. Als Vertreter der Kommunen sind sie Mitglied im Aufsichtsrat und nur wenige Monate vor der Kommunalwahl in NRW kam ihnen die Debatte um das gefährliche bulgarische Atomkraftwerk nicht sonderlich gelegen. Sie mussten sich vor ihren Wähler/innen rechtfertigen, wie sie ein Atomkraftwerk im Erdbebengebiet mittragen können.

Auch bei den Aktionär/innen wirkte unser Protest: Bei ihrer jährlichen Hauptversammlung im April mussten die Aktionär/innen an unserem Wackel-AKW vorbei, um sich dann in der Versammlung die kritischen Fragen des bulgarischen Atomphysikers Dr. Georgui Kastchiev anzuhören. Am Ende der Sitzung fragten selbst institutionelle Großanleger, wie es der Vorstandsvorsitzende Großmann noch zulassen könne, dass RWE und das hochriskante Belene in einem Atemzug genannt werden.

Großplakat-Enthüllung in Dortmung im März 2009

Enthüllung von Großplakaten im Rahmen der Belene-Aktionswoche in Dortmund, Essen und Mülheim im März 2009.

Schon im Sommer deutete sich der Ausstieg von RWE aus dem riskanten Vorhaben an. Jetzt, am 27. Oktober 2009, vollzog RWE endlich das, was wir drei Wochen zuvor bei der Aufsichtsratssitzung vorgeführt haben: Der Konzern seilt sich aus dem riskanten Atomprojekt im Erdbebengebiet ab. Beharrlichkeit, Ausdauer und kreative Aktionen zwingen selbst Konzerne in die Knie, die sich sonst nur am eigenen Profit orientieren.

Gelbe Karten für den RWE-Aufsichtsrat

Tausende Gelbe Karten für den RWE-Aufsichtsrat bei der Übergabe an Essens Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger.

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