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Deutsche Print- und Onlinemedien stellen sich gegen die Kriminalisierung von Wikileaks

Verschiedene deutsche Zeitungen wie die taz, die Frankfurter Rundschau, der Tagesspiegel, die Berliner Zeitung, die Wochenzeitung Freitag, aber auch Online-Medien wie der Perlentaucher wenden sich heute zeitgleich in einem eindringlichen Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks. Im Appell heißt es, die Kriminalisierung von Wikileaks gehe über den Einzelfall hinaus. Es gehe um staatliche und private […]

Verschiedene deutsche Zeitungen wie die taz, die Frankfurter Rundschau, der Tagesspiegel, die Berliner Zeitung, die Wochenzeitung Freitag, aber auch Online-Medien wie der Perlentaucher wenden sich heute zeitgleich in einem eindringlichen Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks. Im Appell heißt es, die Kriminalisierung von Wikileaks gehe über den Einzelfall hinaus. Es gehe um staatliche und private Zensur eines Mediums. Dem Appell vorangestellt wird der Artikel 19 aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen:

Artikel 19: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

Wir dokumentieren den vollständigen Text im Folgenden:

1. Die Angriffe auf Wikileaks sind unangebracht

Die Internet-Veröffentlichungsplattform Wikileaks steht seit der Veröffentlichung der geheimen Botschaftsdepeschen der USA unter großem Druck. In den USA werden die Wiki­leaks-Verantwortlichen als „Terroristen“ bezeichnet, es wird sogar ihr Tod gefordert. Große Internationale Unternehmen wie MasterCard, PayPal und Amazon beenden ihre Zusammenarbeit mit Wikileaks – ohne dass eine Anklage gegen die Organisation vorliegt, geschweige denn eine Verurteilung. Gleich­zeitig wird die technische Infrastruktur von Wikileaks anonym über das Internet attackiert.

Dies sind Angriffe auf ein journalistisches Medium als Reaktion auf seine Veröffent­lichungen. Man kann diese Veröffentlichungen mit gutem Grund kritisieren. Aber wir wenden uns gegen jede Form der Zensur durch staatliche oder private Stellen. Wenn Internetunternehmen ihre Marktmacht nutzen, um ein Presseorgan zu behindern, käme das einem Sieg der ökonomischen Mittel über die Demokratie gleich. Diese Angriffe zeigen ein erschreckendes Verständnis von Demokratie, nach dem die Informationsfreiheit nur so lange gilt, wie sie niemandem weh tut.

2. Publikationsfreiheit gilt auch für Wikileaks

Die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbriefte Publikationsfreiheit ist eine Grundlage der demokratischen Gesellschaften. Sie gilt nicht nur für klassische Medien wie Zeitungen oder Fernsehanstalten. Das Internet ist eine neue Form der Informa­tionsverbreitung. Es muss den gleichen Schutz genießen wie die klassischen Medien. Längst hätte es einen weltweiten Aufschrei gegeben, wenn die USA ein Spionage-Verfahren gegen die New York Times, einen finanziellen Kreuzzug gegen den Spiegel oder einen Angriff auf die Server des Guardian führen würden.

3. Recht auf Kontrolle des Staates

Die Kriminalisierung und Verfolgung von Wikileaks geht über den Einzelfall hinaus. Die Veröffentlichung als vertraulich eingestufter Informationen in solchen Mengen soll verhindert werden. Denn die Menge an Dokumenten liefert der Öffentlichkeit einen weit tieferen Einblick in staatliches Handeln als bisherige Veröffentlichungen in klassischen Medien.

Der Journalismus hat nicht nur das Recht, sondern die Aufgabe, den Staat zu kontrollieren und über die Mechanismen des Regierungshandelns aufzuklären. Er stellt Öffentlichkeit her. Ohne Öffentlichkeit gibt es keine Demokratie. Der Staat ist kein Selbstzweck und muss eine Konfrontation mit den eigenen Geheimnissen aushalten.

Wir, die Initiatoren und Unterzeichner, fordern, die Verfolgung von Wikileaks, die dem Völkerrecht zuwiderläuft, zu stoppen.

Wir fordern alle Staaten und auch alle Unternehmen auf, sich diesem Feldzug gegen die bürgerlichen Rechte zu widersetzen. Wir fordern alle Bürger, bekannt oder unbekannt, in politischen Positionen oder als Privatpersonen, auf, für die Einstellung der Kampagne gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit aktiv zu werden. Wir laden alle ein, sich an dem Appell für die Medienfreiheit zu beteiligen. Den Kontakt finden Sie auf unseren Internetseiten.

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Autor*innen

Dr. Günter Metzges, Jahrgang 1971, ist Politikwissenschaftler und Erwachsenenpäda­goge. Mitgründer von Campact und lange Zeit Mitglied im geschäftsführenden Vorstand. Vorher: Gründung des Ökologischen Zentrums in Verden/Aller und Mitwirkung in verschiedenen politischen Kampagnen. 2000-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale und Interkulturelle Studien (InIIS) an der Universität Bremen. Dissertation: „NGO-Kampagnen und ihr Einfluss auf internationale Verhandlungen“ (Nomos Verlag, 2006). Alle Beiträge

6 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Es ist schon komisch still geworden um Wikileaks und Julian Assange. Könnte natürlich auch sein, dass da im Hintergrund einge Deals abgelaufen sind. Finanzielle Mittel, Straffreiheit bei der Vergewaltigungsgeschichte, einen gewissen Status, wie ihn nur Länder verleihen können, wer weiss? Auf jeden Fall fällt auf, dass nach dem anfänglichen weltweiten Hype, der seinesgleichen suchte, inzwischen gegen Null tendiert. Grüße aus Berlin

  2. @ Matthias Merholz

    Falsch!
    Das, was unsere Politiker mit uns treiben, hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.

    Wir haben viel zu lange zugeschaut und weggesehen.

    Die Regierung hat vor ihren Bürgern keine Geheimnisse zu haben. Basta!

  3. Wikileaks oder dieser Erfinder, das ist dumm, einfallslos, machtgierig unnötig und falsch für eine gesunde GEsellschaft.
    Die Maßnahmen dagegen können falsch sein, was aber dieses Unternehmen betreibt hat nicht mit intelligenter Pressefreiheit zu tun.

  4. Ja, man darf die „Super“macht USA – Politik wie auch Wirtschaft
    u.a. – nicht unterschätzen, denn ÜBERALL will sie mitspielen, hat ihre Finger drin und übt ein Machtwort aus … !
    Wer nicht ihre Meinung teilt und sogar dementsprechend handelt, wird als kommunistisch bezeichnet oder gilt als Terrorist … Letzteres scheint ihr seit den Anschlägen auf das WTC am 11.09.2001 das LIEBLINGSWORT zu sein – so mein Eindruck, und in diese panische Angst vor Terrorismus, was schon fast an Paranoia grenzt, zieht sie im Grunde die übrige (westliche) Welt mit hinein, was grundlegende, weitreichende Maßnahmen zur Folge hat – auch hier in Deutschland (z.B. Einführung neuer Kontrollpraktiken an Flughäfen, Vorrats-datenspeicherung bis hin zum jetzigen Personalausweis usw.), das mag in GEWISSER begrenzter Weise seine Berechtigung haben.
    Ich will – daß man mich bitte NICHT mißversteht! – die allge-meine Terrorgefahr KEINESWEGS bagatellisieren, aber daß man
    ALLES MÖGLICHE und UNMÖGLICHE von Staats wegen unter-nimmt – mit der Konsequenz, daß Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen beschnitten werden … da ist WIRKLICH nur EIN
    winziger Schritt zum ÜBERWACHUNGSSTAAT, wie es bei einer Diktatur der Fall ist! Big Brother läßt grüßen …
    Nun, wenn jemand aus den USA, der eher konservativ einge-stellt ist, dies liest, dann – glaube ich – werde ich bestimmt
    zum dortigen Staatsfeind Nr.1 erklärt … und müßte vielleicht
    im schlimmsten Fall um mein Leben fürchten … bei so manchem Fanatiker und Waffennarr, der sich durch meine kritische, freie Meinungsäußerung in seiner nationalen Ehre gekränkt fühlt!
    In den USA wird man wohl leicht abgestempelt, wenn man
    andere als die gängigen Ansichten vertritt …
    Zum Glück lebe ich hier in Deutschland und DARF als MÜNDI-GER Bürger die Meinungsfreiheit o. dgl. durch das Grundgesetz NOCH gewahrt wissen!
    Ich hoffe, daß dies bleibt – auch, was die Pressefreiheit – u.a.
    auf der Internetplattform – anbelangt!
    Das Gleiche gilt auf internationaler Ebene …
    Wenn die USA, ob Politik oder Wirtschaft o. dgl., diesbezüglich Schwierigkeiten damit haben … dann sollen sie bitte bei anderen Ländern wie z.B. China NICHT monieren, daß diese
    ihren Bürgern die Menschenrechte einschränken!
    Das wäre sonst DOPPELMORAL seitens der USA … Sie macht sich in ihrer Haltung UNGLAUBWÜRDIG – ZU RECHT, wie ich
    denke! – – –

  5. Es ist doch offensichtlich das die USA mit der Verhaftung von Julian Assange ein Exempel statuieren um zu demonstrieren das sie jeden ohne ansehen der Person und Gesellschaftlichem Stand ferig machen werden wenn er es wagen sollte die Allmächtige USA zu kritisieren.und zwar mit allen schmutzigen tricks und sie scheren sich einen Dreck um die Meinung der restlichen Welt. YES WE CAN !!!

  6. Es ist dringend an der Zeit, sich bequemen Reglements zu widersetzten. Wir brauchen eine engagierte Presse, die niemand nach dem Mund redet, die intelligent und frei berichten kann – und die auch vor niemand, Einzelperson, Organisation oder Staatsform angst haben muß. Gut so, diese Aktion ist nötiger denn je.

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