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Der schwarz-gelbe Zynismus und Röttgens Sicherheitslüge

"Wenn Atomkraftgegner angesichts der aktuellen Vorfälle in Japan darauf hinweisen, dass es eine gute Idee sein könnte, vielleicht die Atomenergie abzuschaffen, dann hat das nichts mit Zynismus zu tun, sondern mit Logik. Zynismus herrscht bei jenen, die einerseits den beklagenswerten Unfall in Japan betrauern und zugleich erklären, dass ansonsten alles so weitergehen müsse wie bisher."

Die beiden Atomkraftfetischisten Guido Westerwelle und Stefan Mappus haben denjenigen, die angesichts der erschütternden Ereignisse in Japan den Atomausstieg in Deutschland fordern, vorgeworfen sie würden das Leid der Opfer in Japan instrumentalisieren. Martin Oetting hat dazu in seinem Blogbeitrag „Drei populäre Irrtümer über Atomkraftgegner“das Nötige gesagt:

„Wenn Atomkraftgegner angesichts der aktuellen Vorfälle in Japan darauf hinweisen, dass es eine gute Idee sein könnte, vielleicht die Atomenergie abzuschaffen, dann hat das nichts mit Zynismus zu tun, sondern mit Logik. Zynismus herrscht bei jenen, die einerseits den beklagenswerten Unfall in Japan betrauern und zugleich erklären, dass ansonsten alles so weitergehen müsse wie bisher.“

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte unterdessen eine ganz neue Erkenntnis: Er habe gelernt, dass es absolute Sicherheit nicht gebe. Röttgen lügt, wenn er behauptet, Sicherheit habe für Ihn absoluten Vorrang. Politiker sollte man immer an ihren Taten messen und nicht an ihren salbungsvollen Worten. Und Röttgens Taten sprechen eine eindeutige Sprache:

– Er hat das neue kerntechnische Regelwerk außer Kraft gesetzt und damit die Maßstäbe für den jetzt angekündigten Sicherheitscheck abgesenkt.

– Er ernannte ausgerechnet den ehemaligen Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer zum neuen Chef der Atomaufsicht. Dieser Wechsel ist symptomatisch für die Kumpanei zwischen Atomaufsicht, TÜV und Atomkraftwerksbetreibern, wie sie auch in Baden-Württemberg zu beobachten ist. Auch der frühere Eon-Chef Walter Hohlefelder war, bevor bei EON Karriere machte, einmal Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium. Es ist schwer vorstellbar, das Atomaufseher die Konzerne streng kontrollieren, wenn sie darauf hoffen, bei Ihnen später mal ein hochbezahlten Job zu bekommen.

– Nach anfänglichen Widerstand stimmte er drastischen Laufzeitverlängerungen für alle 17 deutschen Atomkraftwerke zu – ohne die Verlängerungen von verbindlichen Nachrüstungsforderungen abhängig zu machen. Demnach sollen wir noch bis über das Jahr 2040 hinaus mit dem tödlichen Risiko eines Super-GAUs leben müssen.

– Die sieben ältesten und gefährlichsten Atomkraftwerke, die nach dem rot-grünen Atomkonsens 2011 oder 2012 abgeschaltet hätten werden müssen, sollen noch mindestens acht Jahre länger am Netz bleiben dürfen.

– Er hatte gefordert, die Atomkraftwerke müssten gegen Flugzeugabstürze gesichert werden. Doch diese Forderung hat er klammheimlich wieder zurück genommen.

– In das Atomgesetz wurde ein neuer Paragraph 7 d eingefügt, den Norbert Röttgen der Öffentlichkeit als zusätzliche Sicherheitsstufe zu verkaufen versuchte. „Wir erleben eine Sprachverdrehung Orwellscher Dimension, mit dem klaren Ziel, die AKW-Betreiber vor teuren Nachrüstungen zu schützen“, sagt Rainer Baake, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Denn in Wahrheit hat Röttgen mit der neuen Bestimmung die bisher vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebene bestmögliche Vorsorge in eine Vorsorge erster und zweiter Klasse unterteilt, ohne das geregelt würde welche Maßnahmen wozu gehörten, kritisiert der frühere Chef der deutschen Atomaufsicht, Wolfgang Renneberger. Die Maßnahmen der sogenannten weiteren Vorsorge, die die Vorsorge 2. Klasse darstellen, sind nicht strikt verpflichtend, es gelten schwächere Anforderungen und sie können auch nicht mehr eingeklagt werden. „Auf diese Weise wird den Bürgern das Klagerecht entzogen, die Gerichte müssten die Klage schon aus formalen Gründen abweisen. Im Übrigen wären die Sicherheitsbehörden völlig frei zu entscheiden, ob die AKW-Betreiber überhaupt zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen müssen oder welche „geeignet und angemessen“ wären, da der Stand von Wissenschaft und Technik nicht mehr gelten und er auch nicht durch andere gesetzliche Maßstäbe oder die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle ersetzt würde“, sagt auch die Rechtsanwältin Cornelia Ziehm von der DUH. Greenpeace klagt deshalb gemeinsam mit Anwohnern von Atomkraftwerken in Karlsruhe nicht nur gegen die Laufzeitverlängerungen, sondern auch gegen den neuen Paragraphen 7 d.

Doch auch FDP-Fraktionschefin Homburger behauptete eben im ZDF, die Koalition habe mit dem neuen Atomgesetz die Sicherheitsstandards dynamisiert. Und Atomkanzlerin Merkel erklärte eben in der ARD, die Sicherheit der Bevölkerung habe für sie absoluten Vorrang. Eigentlich hätten sich bei dieser Äußerung die Balken im ZDF-Studio biegen müssen. Tatsächlich hatten beim Atom-Deal die Konzernprofite Vorrang vor der Sicherheit.

Unterdessen kommen immer neue Hiobs-Botschaften aus Japan. In zwei Atomkraftwerken scheint die Kernschmelze im Gange zu sein, in einem dritten soll nun auch die Notstromversorgung ausgefallen sein. Und in mehreren weiteren Atomanlagen ist die Gefahr einer Kernschmelze immer noch nicht gebannt. Die Ereignisse in Japan machen betroffen und wütend. Unterschreiben Sie deshalb jetzt unseren Appell an die Bundeskanzlerin mit der klaren Botschaft: Abschalten, und zwar jetzt!

Autor*innen

Yves Venedey war Campaigner im Kampagnen-Team 1, verantwortlich für Klima-Themen. Er war schon Marktforscher, Briefträger, Geschäftsführer, Journalist und Pressesprecher. Yves Venedey ist Autor des Buchs "Abschalten", das 2011 im Fischer Verlag erschienen ist. Alle Beiträge

43 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Zum Verbrechen der KKW-Industrie:

    E.ON-Chef spricht sich weiter für Atomkraft aus

    Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Menschheitsverbrechen

    Immer unverhohlener und ohne Skrupel betreiben die Atommultis die verteidi-gung ihres Renditestrebens und wir können und/oder wollen nichts dagegen-setzen?
    Es ist einfach unglaublich, was sich Kernkraftbefürworter nach Windscale, Har-risburg, Tschernobyl und nun Fukushima an Gewissenlosigkeit und Skrupello-sigkeit herausnehmen, um ihre versicherungsfreien Milliardengewinne weiter beziehen zu können.
    Sollte es – was Gott, an den ich glaube, verhüten möge – zu einer noch größeren Katastrophe wie in Fukushima kommen, indem in einem Reaktor die kritische Masse für eine Kettenreaktion á la Atombombe erreicht wird oder allein schon eine Katastrophe, die Evakuierungsmaßnahmen und aufwändige medizinische
    Gesundheitsfürsorge notwendig macht, so werden die kommenden Generationen
    mit Sicherheit unsere Generation verfluchen und verdammen, daß wir ein der-artiges Leid über sie gebracht haben. Man wird uns des Verbrechens
    gegen die Menschlichkeit und des Menschenmordes zeihen, uns, die
    Politiker und die Kernkraftwerksbetreiber, die Wissenschaftler und die Techni-ker, und uns die Konsumenten, Aktionäre und Bürger schlechthin, weil wir es zugelassen und hingenommen haben, weil wir nicht mutiger demonstriert,
    gebetet und uns verweigert haben, weil wir nicht bereit waren u.U. auf etwas
    Bequemlichkeit und Wohlstand zu verzichten und statt dessen all das daraus
    resultierende Unglück und Leid und ihnen dazu die Problematik des nackten Überlebens und der Abwehr der Gefährdung durch den Atommüll auf die folgenden Generationen aufgebürdet haben.
    Und das alles ist ja kein Übel, das so oder nicht oder eben anders in der Zukunft kommen könnte. Nein, das Übel ist schon in der Welt und wird nur noch von Mal zu mal verschlimmert, wenn die Kernkraftbefürworter [Betreiber und Politiker] weitere Kernkraftenergie und damit saftige Rendite gewinnen wollen.
    Es gibt seit Harrisburg und Tschernobyl schon unzählige durch Radioaktivität getötete und verstrahlte, leidende Menschen, hinzu kommen die von Fukushima. Die natürliche Radioaktivität der Biosphäre durch terrestrische und kosmische Strahlung ist mittlerweile mindestens verdoppelt oder verdreifacht, worauf die lebenden Zellen nicht angepaßt sind und woraufhin ihr Reparaturmechanismus allmählich zusammenbricht. Die geschädigten Zellen können sich nicht mehr so wirkungsvoll regenerieren und verschärfen Infektions- und Zivilisationskrank-heiten, u.U. auch solche wie AIDS, von dem wir nicht wissen, inwieweit die HIV-viren durch radioaktive Beeinflussung sich mutiert und ausgebreitet haben. Wir müssen zudem bedenken, daß sich ein erwachsener Organismus mit Millionen Zellen u.U. noch der Strahlenbelastung erwehren kann, indem er beschädigte Zellen durch neue unbeschädigte ersetzt. Aber jegliches Leben beginnt ja einmal mit 1 Zelle, darum ist es so gefährdet. Ein Embryo wiegt nur 0,01 g, daher ist er so empfindlich. Wird diese 1. Zelle eines menschlichen Organismus geschädigt, so kann kein schon fertiger Organismus diese 1. Zelle austauschen. Die geneti-sche Schädigung wird diesem jungen Leben aus wenigen Zellen aufgebürdigt und die Schädigung wird nun bei jeder Zellteilung auf die anderen Zellen und so auf den wachsenden Menschen übertragen. Am Ende resultiert ein behinderter oder mißgestalteter Mensch mit viel Leid und Schmerzen und unerfülltem Menschsein. Das ist die Zukunft der Menschheit, auf die ungebremste Kern-kraftgewinnung zugeht. Und mit jedem neuen KKW und jedem neuen KKW-Unfall und mit jeder neuen Menge an radioaktiven Müll vergrößert und ver-schlimmert sich diese Gefahr einer Auslöschung oder Verkrüppelung der Menschheit. Herr Teyssen weiß es, daß er Unrecht hat mit seiner gedankenlosen und verantwortungslosen Bemerkung, daß der wachsende Atommüll kein Pro-blem darstellt. Erstens weiß er wie kein anderer, daß es bisher keine einzige sichere Variante zur Endlagerung dieses Mülls gibt – und da verstärkt sich die davon ausgehende gefährdende Strahlung von Tag zu Tag an dem KKW’s ar-beiten und dieser Müll geht mitnichten in einen Büroraum, geschweige ist er dort sicher endgelagert. Er weiß auch, daß es nicht auf die Gewichtsmenge des Mülls ankommt. Exponentiell wächst nämlich nicht die Gewichtsmenge, sondern die sich anhäufende Radioaktivität des anfallenden Atommülls. Und das alles ist ein gefährliches und skrupelloses Denken für die Kernkraft, die die Menschheit schließlich vernichtet. Somit ist es für mich verbrecherisch, in Bahnen wie der E.ON-Chef. zu denken,

    Gerhard Loettel, Magdeburg

  2. Was für schöne Worte Fred. Wie schade, dass nur wenige Menschen in der Politik das trotz, wahrscheinlich ausgezeichneter Abschlüsse, verstehen können was diese Worte bedeuten.

    Ich bin sehr traurig und enttäuscht, als ich heute morgen Brötchen holen gegangen bin, fiel mir die Bildschlagzeile ins Auge „So teuer ist Strom ohne Atom“. Ehrlich gesagt habe ich nicht weiter gelesen, doch unabhängig von dem was in dem Artikel stand (allerdings kann ich es mir schon vorstellen), finde ich es, ja wie finde ich es? Vielleicht trifft der Ausdruck -unter aller Sau- zu, obwohl die Säue ja nichts dafür können, dass angesichts dessen, dass in Japan Plutonium ins Meer fließt, ein Versuch gestartet wird uns zu beeinflussen und unser Geizkragen angesprochen wird.

    Klar nicht alle Haushalte können sich teureren Strom leisten aber es nicht gesagt, dass Strom aus erneuerbaren Energien teurer sein muss. Doch wie sonst können sich die „Atomindustrie“ und deren „Anhänger“ jetzt helfen als uns einzureden, dass die Sauberere Energie AUCH nicht gut ist und die Umstellung zu teuer und zu aufwändig sei.

    Ein kleine Frage den wir uns vielleicht stellen sollten fiel mir ein:

    Will ich mir jetzt eine neue Jeans kaufen, oder in ein paar Jahre Krebs freie Haut haben um schöne Kleidung zu tragen?

    Kama

  3. SIND SIE EIN NEFI (NICHT ERKENNTNISFÄHIGES INDIVIDUUM)
    ODER SIND SIE EIN EFI (ERKENNTNISFÄHIGES INDIVIDUUM)?:

    Dem Gegner erstmal emotionale Anteilnahme und damit „Menschlichkeit“ absprechen:
    Politische Strategie, vordergründig und durchschaubar.

    So bezichtigen auch jetzt wieder die Atom-Lobbyisten in Interviews und Talkshows der vergangenen Tage gerade jetzt vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg diejenigen, die sich immer schon GEGEN Kernenergie engagiert und FÜR erneuerbare Energien eingesetzt haben, sie „…haben keine Achtung vor den Opfern, …schlachten Fukushima für Ihre politischen Interessen aus.“
    (Interessen? Der Wunsch nach unversehrter Gesundheit für sich selbst und seine Kinder!
    „Politisches“ oder nicht doch eher selbstverständliches Interesse?

    Unverkennbar: Die Lobbyisten verstricken sich mal wieder in die Projektionen ihres eigenen Opportunismus.
    (Sie sind eben NEFIs!)

    Und doch: Zwanzigtausend Opfer von Beben und Tsunami können wir in der Tat nur fassungslos betrauern.

    Aber:

    Beben und Tsunami hätten dennoch einen Neuanfang erlaubt.
    Denn Beben und Tsnami verlaufen nach folgendem Zeitpfeil:
    Lokale Katastrophe > Trauer > Abklingen der Katastrohenerfahrung > Wiederaufbau > Rekonvalescens!
    Anders: Es fängt groß an und wird dann immer kleiner.

    Nun werden aber große Teile der Nord-Hälfte Japans auf undenkliche Zeiten Plutonium verseucht sein.

    Somit verlaufen nukleare Katastrophen nach einem völlig gegenläufigen Zeitpfeil:
    Lokale Katastrophe > Kontamination > Wettergeschehen > Topografische Ausdehnung > Überregionale Katastrophe Anreicherung in Organismen > Genetische Katastrophe > … usw.
    Anders: Es fängt groß an und wird dann immer größer….

    ALL DIE ZUKÜNFTIGEN (!), abertausende kurzen, kranken Leben und VERMEIDBAREN Tode, schwermütigen Mütter, verzweifelten Väter als Folge der Verstrahlung würden verhöhnt durch die Überlebenden, wenn diese diesen Toten nicht eine letzte Bedeutung, einen „Sinn“ gewährten:
    DASS ein eigentlich VERMEIDBARER Tod zumindest einen SINN gehabt haben möge, ist vom Christus-Tod am Kreuz über die Widerstandskämpfer des spanischen Bürgerkriegs bis zu den 50 selbstlosen Feuerwehrleuten, die in Fukushima mit Wasserwerfern einen aussichtslosen Kampf führten, seit Menschengedenken Ethik-geschichtlich belegt.

    Daher ist die unmittelbar in der Tragödie einsetzende Debatte über deren zugrunde liegende Fehler eine Verpflichtung der Überlebenden gegenüber den Toten.
    Sie behindert keine Anteilnahme, sie stört nicht die Trauer – sie ist vielmehr ein ERKENNTNIS-Gebot für die Überlebenden!

    Und die sind EFIs!
    Legt die Energiepolitik unseres Landes in die Hände von EFIs!

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