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Bundesrat beschließt Atom- und Energiegesetze

Nach dem Bundestag hat heute auch der Bundesrat die Energiegesetze gebilligt. Die größte Aufmerksamkeit bekam dabei die Novelle des Atomgesetzes: Sieben bis acht Atomkraftwerke bleiben für immer ausgeschaltet (Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Krümmel, Neckarwestheim 1, Philippsburg 1, Unterweser). Für die übrigen gilt: Zwar können Reststrommengen weiterhin von alten auf neue Anlagen übertragen […]

Nach dem Bundestag hat heute auch der Bundesrat die Energiegesetze gebilligt. Die größte Aufmerksamkeit bekam dabei die Novelle des Atomgesetzes: Sieben bis acht Atomkraftwerke bleiben für immer ausgeschaltet (Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Krümmel, Neckarwestheim 1, Philippsburg 1, Unterweser). Für die übrigen gilt: Zwar können Reststrommengen weiterhin von alten auf neue Anlagen übertragen werden. Für jedes AKW wurde aber ein endgültiges Abschaltdatum festgelegt (2015 Grafenrheinfeld, 2017 Gundremmingen B, 2019 Philippsburg 2, 2021 Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf, 2022 Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2).

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Endgültiger Atomausstieg wird vertagt
Problematisch ist: Ein Großteil der Atomkraftwerke wird auf einen Schlag erst in einem Jahrzehnt vom Netz gehen. Die nächste Debatte um eine Laufzeitverlängerung ist damit bereits vorprogrammiert (siehe auch unseren Blogbeitrag zur Bundestagsentscheidung). Außerdem kann eins von den acht alten AKWs, vermutlich das AKW Philippsburg 1 in Baden-Württemberg oder Biblis B in Hessen, im Standby-Betrieb als sogenannte „Kaltreserve“ für Stromengpässe zwei weitere Jahre weiterbetrieben werden. Die Bundesnetzagentur soll diese Option bis zum Herbst prüfen.

Eine weitere große Schwachstelle: Gorleben soll weiter erkundet und damit faktisch weiter als Endlager ausgebaut werden. Zwar soll bis Ende des Jahres ein Endlagersuchgesetz auf den Weg gebracht werden, doch was das konkret für Gorleben bedeutet, ist noch völlig unklar.

Ausbau der Erneuerbaren Energien wenig ambitioniert
Das Atomgesetz wurde von sieben weiteren Gesetzen begleitet, die dabei helfen sollen, die Energiewende umzusetzen – insgesamt 700 Seiten Gesetzestext. Bis auf ein Gesetz haben alle den Bundesrat passiert. Auch sie enthalten Zündstoff, zum Beispiel beim Ausbauziel der Regierung für die Erneuerbaren Energien: Bloß 35 Prozent Erneuerbare im Strommix will die Bundesregierung bis 2020 erreichen – das ist kaum ambitioniert. Die Branche der Erneuerbaren selbst hält 45% bis 2020 für machbar. Zur Zeit produzieren die Erneuerbaren 19% des Stroms.

Beim Ausbau der Erneuerbaren setzt die Bundesregierung hauptsächlich auf Windparks auf hoher See – und begünstigt damit die Energiekonzerne, die derartige Großprojekte am ehesten umsetzen können. Außerdem wurden energieintensive Unternehmen in weit größerem Umfang als bisher von der EEG-Umlage, also von der Finanzierung des Ökostroms, befreit.

Wie viele neue Netze brauchen wir?
Die Energiewende braucht neue Stromnetze – doch wie viele? Die Deutsche Energieagentur berechnete 2010 in ihrer Netzstudie, dass 3.600 km neue Höchstspannungsleitungen benötigt würden. Ob dies tatsächlich benötigt wird ist fraglich. Mit dem Kurswechsel der Regierung und dem zukünftig verstärkten Ausbau z.B. der Windenergie gerade auch in Bayern und Baden-Württemberg müsste der Bedarf völlig neu berechnet werden. Vielerorts kommt es bei geplanten Trassen zum Konflikt mit Naturschutz- und Anwohnerinteressen.

Mit dem jetzt verabschiedeten Netzausbaubeschleunigungsgesetz wurden die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern neu geregelt, um die Genehmigungsverfahren für neue Stromtrassen zu verkürzen und so den Ausbau der Stromnetze zu beschleunigen. Für einen großen Teil des Verfahrens wurden gerade einmal 6 Monate eingeplant – da bleibt nicht viel Platz für eine echte Bürgerbeteiligung! Weitere Konflikte vor Ort sind vorprogrammiert.

Windstromförderung und Gebäudesanierung
Allerdings konnten im Prozess auch Verbesserungen durchgesetzt werden. Etliche Passagen aus der ursprünglichen Vorlage der Bundesregierung wurden während der Beratungen im Bundestag entschärft. So konnte zum Beispiel verhindert werden, dass sich die Bedingungen für Windenergie an Land massiv verschlechtern. Der sogenannte Systemdienstleistungsbonus für Windkraftanlagen an Land bleibt vorerst erhalten. Allerdings sollen die Förderbeiträge für Onshore-Anlagen stärker sinken als zuvor: um zukünftig jährlich 1,5 statt 1%.

Positiv zu bewerten sind die Zuschüsse zur Gebäudesanierung: Ab 2012 sollen jährlich 1,5 Milliarden Euro in vergünstigte Kredite zur Gebäudesanierung fließen. Letztes Jahr erst hatte die Bundesregierung die Förderpogramme gekürzt – jetzt sollen sie wieder aufgestockt werden. Etliche Länder, wie etwa Thüringen, forderten sogar ein deutlich höheres Fördervolumen. Steuerliche Vorteile für die Dämmung und Modernisierung von Gebäuden lehnten die Länder im Bundesrat dagegen ab – dieses Gesetz war als einziges zustimmungspflichtig. Nun könnte ein Vermittlungsausschuss nach einem Kompromiss suchen.

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2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. … da kann ich mich Marina nur anschließen. Auch auf oder gerade auf kommunaler Ebene wird Windenergie blockiert, um das Landschaftsbild zu erhalten. Der Strom der Oligopole kommt ja aus der Steckdose … siehe auch

  2. Ich habe den Eindruck, als würde in puncto Energiewende nur
    HALBE Sachen gemacht, da u.a. auf die Lobby mancher (Groß-)
    Konzerne Rücksicht genommen wird. Das verzerrt letztendlich auch den Wettbewerb und fördert die Monopolisierung.
    Daß steuerliche Vorteile für Dämmung und Modernisierung von Gebäuden abgelehnt wurde, halte ich für GRUNDVERKEHRT.
    Wohl wieder eine Finanzierungsfrage.
    ABER nebenbei bemerkt:
    Für Rettung von Banken und mancher EU-Staaten – da fließt von JETZT auf GLEICH eine MENGE Geld, was an anderen sehr wichtigen Stellen fehlt!
    IMMER MÜSSEN WIR STEUERZAHLER DAFÜR AUFKOMMEN!
    Warum wurden die Banken NICHT ZUR KASSE GEBETEN,
    denn sie haben SELBST die Krise durch ihr verantwortungsloses
    Verhalten herbeigeführt. Und Griechenland? —
    IMMER WIEDER knickt die Bundesregierung vor den GROSSEN
    Lobbyisten ein, als hätten DIESE das EIGENTLICHE SAGEN in unserem Land. Jene JEDOCH hat sich durch AMTSEID verpflich-tet, dem Wohle ALLER Bürger UND NICHT EINIGER WENIGER
    zu DIENEN! DIESES Versprechen oder Gelöbnis hält sie NICHT
    immer ein, wie sich wie oft schon in der Vergangenheit gezeigt hat.
    Ehrlich gesagt, ich bin – aufgrund der BISHERIGEN Vorgehens-weise der Bundesregierung – ziemlich SKEPTISCH, ob die
    ENERGIEWENDE – wie von der Mehrheit der Bevölkerung erwünscht – entsprechend umgesetzt wird!
    DA müssen für meine Begriffe ANDERE Leute, nämlich sozusa-gen mit BISS, an die Regierung, die DEN LOBBYISTEN
    mancher Großunternehmen die Zähne zeigt, wo es lang zugehen hat — UND NICHT UMGEKEHRT!
    Ich werde, soweit wie möglich, die Kräfte – u.a. auch Campact
    e.V. – unterstützen, damit es wirklich VORWÄRTSgeht UND
    NICHT auf halber Strecke stehen geblieben wird. – – –

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