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Minister zerstören Solartechnik

Was für eine Ruhe. Am Mittwoch lag das Kanzleramt in einem Gemisch aus Nieselregen und Nebel. Und doch sind die Gemüter erhitzt, denn das, was heute auf der Tagesordnung stand hatte es in sich: Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister Rösler ließen sich vom schwarz-gelben Kabinett ihr Konzept für die EU-Energieeffizienzrichtlinie und die zukünftige Solarförderung absegnen. Die […]

Was für eine Ruhe. Am Mittwoch lag das Kanzleramt in einem Gemisch aus Nieselregen und Nebel. Und doch sind die Gemüter erhitzt, denn das, was heute auf der Tagesordnung stand hatte es in sich: Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister Rösler ließen sich vom schwarz-gelben Kabinett ihr Konzept für die EU-Energieeffizienzrichtlinie und die zukünftige Solarförderung absegnen. Die Bundesregierung will die Vergütung von eingespeistem Solarstrom um bis zu 30 Prozent kürzen – und das schon ab dem 9. März.

Letzte Woche protestierten schon die Umweltverbände und Hersteller scharf. Diese Woche wachten dann langsam auch Politiker von CDU, CSU und FDP auf und rebellierten gegen die massiven Kürzungen. Neben der Höhe und Geschwindigkeit der Kürzungen und einer Deckelung des Ausbaus wird ein weiterer Punkt in der öffentlichen Debatte immer wichtiger: Änderungen an den Kürzungen und am Deckel sollen in Zukunft am Parlament vorbei mittels einer Verordnung durchgesetzt werden können.

Einer der prominentesten Kritiker ist momentan der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer, der angekündigt hat, zumindest auf einer Übergangsregelung zu bestehen und damit etwas mehr Sicherheit bei Herstellern und Investoren zu schaffen. Doch auch das renommierte Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat sich mittlerweile in einer lesenswerten Pressemitteilung sehr kritisch gegenüber den Kürzungsplänen geäußert.

Ähnlich wichtig wie den Verbänden und der Politik ist die Debatte den Bürgerinnen und Bürgern. Das wird einerseits deutlich durch die über 70.000 Unterschriften, die der Campact-Appell „Solarenergie: Kahlschlag stoppen!“ innerhalb von nur 48 Stunden erreichte und andererseits durch 350 Aktive von BUND, Campact und anderen Verbänden, die sich heute morgen vor dem Kanzleramt versammelten.

Vor der eigentlichen Aktion informierte Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz über die Kritik an den Kürzungen bei der Fotovoltaikförderung. Sein Beitrag wurde durch Erläuterungen des BUND-Energieexperten Thorben Becker zum weiteren politischen Prozess bei der Energieeffizienzrichtlinie ergänzt. Beide Projekte sind Kernprojekte der Energiewende, für die die Bundesregierung bedauerlicherweise immer noch kein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegen kann.

Aktion für die Energiewende in Berlin – Fotos: Jakob Huber/Campact

Bei der Aktion ließen wir Schauspieler mit Röttgen- und Rösler-Masken mit Hämmern auf ausgemusterte Fotovoltaikmodule und Dämmplatten – symbolisch für die Solarkürzungen und die Verwässerung der Energieeffizienzrichtline – losgehen. Unter den Sprechchören der Aktiven schaffte es aber schließlich eine Schauspielerin mit Merkel-Maske die beiden Minister abzudrängen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten diese beiden wichtigen Bestandteile der Energiewende schon großen Schaden genommen.

Eine halbe Stunde nach Aktionsende tauchte plötzlich noch die Belegschaft einer Firma aus Eisenberg in der Pfalz auf. Sie waren um Mitternacht mit dem Bus gestartet und leider im Stau steckengeblieben. Die 40 Frauen und Männer kamen nur wegen der Aktion vor dem Kanzleramt und einer Unterschriftenübergabe an einen Abgeordneten nach Berlin. Damit die Weitgereisten wenigstens noch ein schönes Erinnerungsfoto schießen konnten, schwang unser Röttgen nochmal den Hammer.

PS: Einen Durchschnittshaushalt kostet die Einspeisevergütung für Fotovoltaik 70 Euro pro Jahr – wahrlich nicht zu viel zur Förderung der Energiewende.

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Autor*innen

Der studierte Architekt Fritz Mielert (*1979) arbeitet als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Zwischen 2011 und 2013 betreute er bei Campact Projekte im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, baute maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv. Alle Beiträge

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