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Bundesrat muss Melderecht schärfen: Einwilligung ist nicht gleich Einwilligung!

„Das Ziel aller Länder sei eine Einwilligungslösung“, hieß es in Medienberichten nach einer Sitzung der Landes-Innenminister Anfang September. Die Runde empfahl dem Bundesrat, das umstrittene Meldegesetz zu korrigieren. Wir erinnern uns: Im Juli hatte die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag den Datenschutz in Meldeämtern faktisch gekippt. Diesen Freitag entscheiden die Ministerpräsidenten, ob sie den Empfehlungen folgen […]

„Das Ziel aller Länder sei eine Einwilligungslösung“, hieß es in Medienberichten nach einer Sitzung der Landes-Innenminister Anfang September. Die Runde empfahl dem Bundesrat, das umstrittene Meldegesetz zu korrigieren. Wir erinnern uns: Im Juli hatte die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag den Datenschutz in Meldeämtern faktisch gekippt. Diesen Freitag entscheiden die Ministerpräsidenten, ob sie den Empfehlungen folgen und den Vermittlungsausschuss zur Überarbeitung des Gesetzes anrufen.

Doch bedeutet das Bekenntnis zur Einwilligungsregelung, dass damit ein wirksamer Schutz unserer Daten automatisch gewährleistet wird? Nein! Denn es kommt auch auf die Ausgestaltung der Regelung an. Es macht einen riesigen Unterschied, ob die Einwilligung nur beim Meldeamt erklärt werden kann, oder ob es auch den Unternehmen erlaubt ist, Einwilligungen einzuholen.

Die Erfahrung zeigt, dass die wirtschaftlichen Interessen werbetreibender Unternehmen schon heute dazu führen, dass „Einwilligungen“ häufig weder wirklich freiwillig, noch – wie im Bundesdatenschutzgesetz gefordert – mit der nötigen Unterrichtung eingeholt werden. Wie oft kreuzt man vorformulierte Einwilligungserklärungen an, beispielsweise bei Gewinnspielteilnahmen oder beim Einkauf im Internet? Wer liest sich schon das Kleingedruckte oder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch, um nachzuprüfen, wozu man seine Einwilligung tatsächlich gibt – wenn die betreffenden Stellen nicht sowieso so schwammig formuliert sind, dass die genaue Bedeutung unklar und Interpretationssache bleibt?

Erlaubt man Unternehmen, Einwilligungen einzuholen, wären unsere Daten wieder nicht effektiv geschützt. Aufgrund der Menge der Anfragen wäre es für die Meldeämter überhaupt nicht möglich, alle Einwilligungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Damit bestünde die Gefahr, dass die Meldebehörden im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Einwilligungen die Adressdaten der Bürger einfach so herausgeben – ohne Prüfung. Damit würde auch vorsätzlicher Täuschung (das Vorliegen einer Einwilligung wird behauptet, obwohl diese nicht vorliegt) Tür und Tor geöffnet.

Außerdem muss bei Einwilligungen stets die Möglichkeit gegeben sein, diese jederzeit zu widerrufen. Würden die Einwilligungen für Melderegisterabfragen gegenüber den anfragenden Unternehmen erteilt, müsste ein Betroffener, der von seinem Recht auf Widerruf Gebrauch machen will, bei jedem einzelnen Unternehmen widerrufen, dem er jemals eine Einwilligung erteilt hat – wenn er das überhaupt weiß. Das ist vollkommen praxisfremd und unangemessen und höhlt das Recht auf Widerruf einmal erteilter Einwilligungen völlig aus.

Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern, dem Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Bürgerrechts- und Datenschutzverein FoeBuD und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz haben wir diese Forderung heute auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Auch an die Ministerpräsident/innen der Bundesländer haben wir unsere Forderungen verschickt und sie eingeladen, die fast 200.000 Unterschriften unter unserem Online-Appell am Freitag vor der Bundesrats-Sitzung entgegen zu nehmen. Dann sind wir mit einer riesigen Datenkrake vor Ort, die versuchen wird, Meldedaten zu erbeuten – in unserem Aktionsbild natürlich vergebens!

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4 Kommentare

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  1. Ich kann Ihre Forderungen nur unetrstützen. Dieses eigenwillige und schnell verabschiedete Meldegesetzt dann nur halbherzig und undurchdacht zu korrigieren, kann einfach nicht sein. Den Datenkragen Tür und Tor zu öffnen…dafür habe ich kein Verständnis.

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