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77.000 Unterschriften gegen Antibiotika in der Tierhaltung übergeben

Heute Morgen im Agrarausschuss des Bundestags: Christoph Bautz, Geschäftsführer von Campact, erläutert den Abgeordneten zu Beginn der Sitzung die Forderungen von rund 77.000 Bürger/innen unseres Appells gegen Antibiotika in der Tierhaltung. Dann überreichen wir die dicken Bücher mit allen Unterschriften an die agrarpolitischen Sprecher/innen aller Fraktionen.

Gestern Morgen im Agrarausschuss des Bundestags: Christoph Bautz, Geschäftsführer von Campact, erläutert den Abgeordneten zu Beginn der Sitzung die Forderungen von rund 77.000 Bürger/innen unseres Appells gegen Antibiotika in der Tierhaltung. Dann überreichen wir die dicken Bücher mit allen Unterschriften an die agrarpolitischen Sprecher/innen aller Fraktionen.

Von unserem Appell im Internet sind wir heute ganz real da angekommen, wo in den kommenden Wochen über das Arzneimittelgesetz abgestimmt wird und wo jetzt wichtige Nachbesserungen entstehen können. Ein erhebender Moment, der nur dadurch geschmälert wurde, dass die Abgeordneten in den Minuten vor der Sitzung unruhig waren und uns zu einer Diskussion unserer Forderungen keine weitere Zeit eingeräumt wurde. So kam unsere Mitstreiterin bei der Appell-Übergabe, Referentin für Agrarpolitik beim BUND Reinhild Benning, nicht mehr vor allen Abgeordneten zu Wort.

Dennoch sind wir zufrieden, denn zur Unterschriften-Übergabe in einen Bundestags-Ausschuss eingeladen zu werden, ist keine Selbstverständlichkeit. So haben alle Adressaten unseres Appells die Forderungen von rund 77.000 Menschen aus unserem Mund gehört. Und die Unterschriften sind bei den Verantwortlichen angekommen.

Mit über 1.700 Tonnen Antibiotika jährlich werden Hühner und Schweine vollgepumpt – diese Zahl vom Bundesamt für Verbraucherschutz sorgte vor wenigen Wochen für Schlagzeilen, denn bisher war man von der Hälfte ausgegangen. Das neue Arzneimittelgesetz aus der Feder von Frau Aigner tut dagegen herzlich wenig: Es will die Betriebe besser überwachen, beinhaltet aber keinerlei Anreize, den Einsatz von Antibiotika zu senken.

Deshalb ist unsere wichtigste Forderung, ein Senkungsziel im Gesetz festzuschreiben: bis 2015 muss die Antibiotika-Vergabe in den Ställen halbiert werden. Aber auch Gesetzeslücken gehören geschlossen, wie die Ausnahme von Tierzuchtbetrieben und Fischfarmen von der Erfassung und die Erfassung der Vergabe-Häufigkeit als alleiniges Merkmal anstatt der international üblichen Animal Daily Dosis (ADD), in der mehrere Faktoren zusammengefasst sind. Erfasst man nur die Häufigkeit der Vergabe, könnten Tierhalter einfach höher dosierte Antibiotika benutzen. Werden die Obergrenzen überschritten, müssen bundeseinheitliche Sanktionen gelten, vom Bußgeld bis zur Schließung des Betriebs. Auch hier ist der Gesetzentwurf zu lasch und zu ungenau.

Ob unsere Forderungen tatsächlich in der Überarbeitung des Arzneimittelgesetzes erfüllt werden, bleibt spannend. Die Oppositionsparteien wollen verhindern, dass das Gesetz aus dem Landwirtschaftsministerium ohne Änderungen abgenickt wird. Deshalb verlangen die Grünen eine öffentliche Anhörung. Die Regierungsparteien haben erkannt, dass die Verbraucher/innen die Gefahr der Bildung von Resistenzen aufgrund von Antibiotika in der Tierhaltung ernst nehmen und von der Politik eine drastische Senkung des Antibiotika-Einsatzes fordern.

Von den drei Oppositions-Fraktionen haben wir in den letzten Tagen ausführliche Antworten zu unserem Appell erhalten. Die Stellungnahmen von Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD), Friedrich Ostendorff (Grüne) und Karin Binder (LINKE) können Sie auf unserer Homepage nachlesen.

Wie geht es nun weiter: Der Ausschussvorsitzende Goldmann (FDP) versicherte uns heute, dass unsere Forderungen ernst genommen würden und Diskussionen im Ausschuss bevorstünden. Voraussichtlich am 12. Dezember wird es eine öffentliche Anhörung im Ausschuss geben, die auch Bürger/innen offen steht. Voraussichtlich wird der Ausschuss erst im Januar über Antibtiotika entscheiden. Bis dahin bleibt noch Zeit, die Debatte in der Öffentlichkeit zu bewegen und mit den Abgeordneten im Gespräch zu bleiben. Zur Abstimmung im Agrarausschuss planen wir eine Aktion vor dem Bundestag: ein aufblasbares Riesenhuhn wird Keime verbreiten, wogegen Menschen mit Mundschutz demonstrieren.

Wir bleiben aktiv gegen Antibiotika in der Tierhaltung und werden über Neuigkeiten aus dem Agrarausschuss berichten. Bis zur Abstimmung sammeln wir weiter Unterschriften. Helfen Sie dem Thema in die Öffentlichkeit, indem Sie zum Beispiel Freunden davon erzählen. Und ermöglichen Sie die geplante Aktion vor dem Bundestag mit einer Spende.

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

7 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Antibiotika sind eine segensreiche Einrichtung für die Heilung kranker Tiere und Menschen. Sie gehören ausschliesslich in die Hand von Tierärzten.
    Antibiotika in Bauernhand sind eine Schand`für´s ganze Land
    Die Arzneimittel-Höchstpreisverordnung für Tierarzneimittel abzuschaffen würde die Preise für Antibiotika in der Tiermedizin anheben und ihre Anwendung seltener machen.

    Viel mehr Hygiene in deutschen Krankenhäusern reduziert die Infektionsgefahr durch multiresistente Keime deutlich – wie in den Niederlanden.

    Ungehemmten Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin einschränken

    Anwendung von Antibiotika im besonderen, von Tierarzneimitteln allgemein durch den Bauern selbst, der ja ein medizinischer Laie ist, deutlich reduzieren. Abschaffung des tierärztlichen Dispensierrechtes, das eine Ausnahme vom deutschen Apothekenrecht darstellt und nur geschaffen wurde um der Landwirtschaft billig Tierarzneimittel zur Verfügung zu stellen.

    Wie sind “ Megaställe“ definiert??

    Wie ist „Massentierhaltung“ definiert??

    Die Kontrolle des Tierarzneimitteleinsatzes in der Landwirtschaft ist Ländersache.
    Amtstierärzte sind Länderbeamte und gegenüber ihrem Dienstherrn weisungsgebunden.
    Amtsveterinäre dürfen nur kontrollieren, was ihnen die Politiker der jeweiligen Landesregierung erlauben.
    Politiker wollen -insbesondere 2013 – wiedergewählt werden. Auch Bauern sind Wähler, im Süden der Republik sogar Stammwähler- auch von Frau I. Aigner !!
    Ich würde gerne ein Praktikum bei –campact machen, weil ich ihre Ideen im –grunde meines Herzens unterstütze- und von den – Allgemeinplätzen und Verallgemeinerungen in ihren Kampagnen und ihrem informativen Defizit, ihrem tiermedizinischen Unwissen abgestossen werde.

    Warum befragen Sie einen Politiker statt eiines Fachmannes zum Arzneimittelgesetz und zum Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin

    Nach dem Landwirtschaftsbericht von 2010 stammen 60% des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einkommens und 70% des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Gewinns in Deutschland aus Agrarbeihilfen, also aus unseren Steuergeldern

    Wer mag da noch von billigen Lebensmitteln sprechen ??

  2. Antibiotika sind wie Pestizide, Herbizide und chemische Düngemitttel schädliche Substanzen in der Landwirtschaft, die auch in die Umwelt gelangen, sich dort anreichern und auf alle Lebewesen einwirken. Sie können jedoch nicht komplett verboten werden, können freilich in einem öko-sozialen marktwirtschaftlichen System deutlich durch den Staat verteuert werden. Hohe Öko-Steuern sind jedoch nur die 2.Wahl, da sie gerade Basis-Lebensmittel für die nicht so begüterten Menschen ebnso verteuern. Geringe Steuern auf Antibiotika hingegen wirken nicht, doch welche Wege gibt es noch für die Verteuerung? Seit etwa 1988 nun setze ich mich für die ÖkoBonus-Idee ein: ökologische Steuern mit Sozialausgleich! Auch „Lenkungsabgaben“ genannt (vgl wikipedia) werden die Steuern pro Kopf und in gleicher Höhe an die Bürger_innen rückvergütet, so dass nur diejenigen zahlen, die unbedingt Schadstoffe produzieren wollen oder auf agrarindustriellen Produkten bestehen. Bio wird dann relativ gesehen billiger! Hilft auch gegen extreme Armut, weil es nach dem Prinzip des „Bedingungslosen Grundeinkommens“ Geld zurückgibt an ALLE (!), als Ausgleich für hohe Steuern und Zinsen an das Kapital, die wir ja als Konsument_innen auch alle bezahlen müssen. Eingepreist in den Endpreis an der Kasse (z.B. MwSt.). Öko-Bonus ist also die 1.Wahl! Die krasse Verteuerung von Antibiotika mit Lenkungsabgaben müsste also eine Forderung der Umweltbewegung sein! Auch in Futtermitteln, auch wenn sie bei der Produktion im Ausland zum Einsatz kamen (evtl. mit Importzöllen), auch eine Forderung an die EU-Gesetzgebung! Macht doch bitte zusammen mit campact eine weitere Kampagne daraus, ich kaufe zwar seit 30 Jahren Bio-Lebensmittel, bin jedoch dadurch notorisch pleite. Bio für Alle, nicht nur 3 Prozent der Lebensmittel wie heute. Der Weg dahin ist der Oeco-Bonus…

    Bei Neugier: Gebt „EAT!i4ALL“ in die Suchmaschine! Heisst nicht nur „Essen für Alle“, sondern hat auch etwas mit der UmFAIRteilen-Kampagne zu tun: Rückverteilen (Transfer) des unfair abgeschöpften Reichtums mit „Umwelt-Aktions-TransFAIR“ an Alle = „Einkommen für ALLE“, im englischen „Ecological-Action-T!income4All. Ihr gelangt bei der Suche dann hoffentlich zu der webseite des „BIEN-2012“-Grundeinkommens-Welt-Kongress vom September. Die Medien haben fast gar nicht berichtet. Lest und schaut selber! auch workshop 39.
    Ludwig Micheler, mehr Glück für ALLE!

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