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Steuerflucht nach Singapur: Steuerabkommen macht’s möglich

Bundesfinanzminister Schäuble hat die Hoffnung auf sein Steueramnestieabkommen mit der Schweiz noch nicht aufgegeben. Dafür reist er jetzt bis nach Asien: Dort will er das „Schlupfloch Singapur stopfen“, titelten Medienberichte diese Woche. Singapur ist eines der Länder, in das deutsche Steuerbetrüger mit Vermögen in der Schweiz ihr Schwarzgeld verschieben können, um der Besteuerung durch das […]

Bundesfinanzminister Schäuble hat die Hoffnung auf sein Steueramnestieabkommen mit der Schweiz noch nicht aufgegeben. Dafür reist er jetzt bis nach Asien: Dort will er das „Schlupfloch Singapur stopfen“, titelten Medienberichte diese Woche.

Singapur ist eines der Länder, in das deutsche Steuerbetrüger mit Vermögen in der Schweiz ihr Schwarzgeld verschieben können, um der Besteuerung durch das geplante Steuerabkommen zu entgehen. In wenigen Minuten kann ein Bankkunde sein Konto zum Beispiel in eine ausländische Niederlassung derselben Bank – etwa in Singapur – oder eine Tochtergesellschaft auf den Bahamas verlegen. Wer will, kann sein Geld auch mit komplexen Strukturen weiter verschleiern.

Im August berichtete die Financial Times Deutschland es gebe Hinweise, nach denen die Schweizer Großbank UBS Steuerbetrügern helfe, ihr Geld in Singapur zu verstecken. Recherchen der ZEIT zufolge verschieben Schweizer Banken massiv Gelder nach Singapur. Die Möglichkeit des „Abschleichens“ (Verschieben der Gelder in andere Steueroasen vor Inkrafttreten des Abkommens) ist einer der Hauptkritikpunkte der SPD-Länder, die das Abkommen deswegen im Bundesrat blockieren.

Schwarzgeld auf dem Weg in die Schweiz - und weiter nach Singapur?

Schwarzgeld auf dem Weg in die Schweiz – und weiter nach Singapur?

Kann Schäuble das Abschleichen mit seinem Besuch in Singapur stoppen? Nein. Er will lediglich das bereits existierende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Singapur aktualisieren. DBAs sollen in erster Linie vermeiden, dass Personen, die in beiden Staaten Einkünfte erzielen, in beiden Staaten – also doppelt – besteuert werden. Als Vorlage dient das sogenannte Musterabkommen der OECD, das regelmäßig überarbeitet wird und damit neue Standards setzt. Es enthält auch Regelungen über einen Informationsaustausch. Danach können Staaten beim jeweils anderen Staat Informationen über vermeintliche Steuerbetrüger erfragen.

Diese Art des Informationsaustauschs funktioniert üblicherweise jedoch nur „auf Anfrage“ und ist extrem schwach. Im Grunde muss der anfragende Staat bereits wissen, was er sucht, bevor er ein aussichtsreiches Informationsgesuch stellen kann. Außerdem sind Informationen oftmals gar nicht verfügbar oder nur sehr schwer zugänglich, so dass die Anfragen ins Leere laufen.

Einen Fluchtweg verbaut Schäuble deutschen Steuerbetrügern damit also nicht. Eines der größten Schlupflöcher des deutsch-schweizerischen Abkommens bleibt weiter offen wie ein Scheunentor. Deshalb muss Schäuble das Abkommen endlich für gescheitert erklären und sich für eine weit bessere Alternative stark machen: Die Zinsrichtlinie der Europäischen Union.

Die EU-Zinsrichtlinie sieht einen automatischen Informationsaustausch vor. Die EU-Mitgliedsstaaten sowie einige Drittstaaten informieren sich gegenseitig über Zinseinkünfte auf Auslandskonten von EU-BürgerInnen. Weil die ursprüngliche Richtlinie Schlupflöcher aufweist, hat die EU-Kommission sie grundlegend überarbeitet. Ausländische Niederlassungen von Banken – wie in Singapur – würden zum Beispiel mit erfasst. Diese neue Variante könnte ein enorm wirkungsvolles Instrument zur effektiven und gerechten Besteuerung von Kapitaleinkünften und zur Verbrechensbekämpfung werden. Schäuble muss es nur wollen!

Nachtrag 16.10.2012: Markus Meinzer vom Tax Justice Network hat diesen Artikel in einem Blogbeitrag aufgegriffen und mit weiteren Informationen ergänzt: http://steuergerechtigkeit.blogspot.de/2012/10/steuerflucht-nach-singapur.html

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9 Kommentare

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  1. Steuerabkommen Schweiz – die SPD blockiert es mit dem Hinweis das die Möglichkeit des „Abschleichens“ (Verschieben der Gelder in andere Steueroasen vor Inkrafttreten des Abkommens) gegeben ist. Das ist ja einer der Hauptkritikpunkte der SPD-regierten Bundesländer um das Abkommen weiterhin im Bundesrat blockieren. Nun könnte man als naiver Depp freilich meine, dies geschehe im Interesse des Steuerzahlers um eine faire gleichmäßige Belastung aller zu erreichen. Gegenteiliges ist der Fall: Denn viele SPD-Politiker – aktive wie auch passive – verdienen sich ein goldenes Näschen mit Vorträgen und hoch dotierten Nebenjobs bei den Großbanken die ja weltweit tätig sind. UBS hat die eigenständigen Abschieb-Consuttantberater sogar in den eigenen Gebäuden untergebracht-kurze Wege sind eben doch die besten…. und die Steuerbetrüger machen davon ordentlich Gebrauch. Singapurs bankenwelt boomt Dank der Verschiebepraxis der Sparkonten deutscher Steuerbetrüger von der Schweizer Muttergesellschaft in eine Bankfiliale in Singapur. Und da werden massenhaft Konten insbesondere von Genossen und Grüne, aber auch Linke und Unionspolitiker, Freie Demokraten und sogar NDP-lern dabei sein – das ganze Abkommen mit der Schweiz ist fauler Zauber – nur um dem ehrlichen Steuerzahler vorzugaukeln das man etwas in Sachen Seuerbeschiß unternimmt. In Sachen Steuerbetrug braucht keiner etwas den bankrotten Südländern vorzuwerfen, das können unsere zumindest genauso gut. Wird Zeit das wir mal wieder eine durchsetzungsfähige Regierung bekommen die ohne Koalitionspartner auskommt und das wir den Bundesrat komplett abschaffen, denn diese staatliche Blockieranstalt öffnet Korruption und Betrug Tür und Tor

  2. Kriege werden mit Bomben und Soldaten geführt, doch wenn man der Gesellschaft Schaden zufügt, indem man ihr zustehende, notwendige Steuern eigennützig vorenthält, dann ist die Wirkung für Überlebende, Nachwachsende ähnlich schlimm. Soldaten dürfen auf Verständnis hoffen, Kollaborateure weitaus weniger. Zu recht!

  3. Guten Tag,

    warum unternimmt Campact eigentlich nichts gegen die patriarchal-religiös motivierte Beschneidung von neugeborenen Jungen?
    Campact ist doch links, oder doch nicht? Oder bedeutet „links“ heute Schweigen im Interesse der kinderbeschneidenden Religionsausübung? Also keine Kampagne für die Würde der schwächsten unter uns – den Kindern?

    • Vielen Dank für die Anregung. Täglich werden viele wichtige Kampagnenthemen an uns herangetragen. Leider können wir nicht alle davon aufgreifen – entweder, weil wir schlicht keine Kapazitäten frei haben, oder weil sie nicht unseren Kampagnenkriterien entsprechen.

      Bitte sehen Sie einmal auf der Seite http://www.openpetition.de/ nach, ob es dort möglicherweise eine entsprechende Kampagne bereits gibt. Andernfalls können Sie dort auch selbst eine solche Kampagne starten.

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