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Geschenke über die man ungern spricht – Teil 1: Wiesenhof

Wenn Ausnahmen zur Regel werden: Die größten Stromverbraucher werden durch die Regierung bei der EEG-Umlage begünstigt. Grund: Ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit soll nicht gefährdet werden. Doch entsprechend mehr müssen die privaten Verbraucher_innen und öffentlichen Einrichtungen zahlen. Rund 20 Prozent der Umlage-Erhöhung im kommenden Jahr gehen auf das Konto der Ausnahmen. In einer fünfteiligen Serie wollen wir […]

Wenn Ausnahmen zur Regel werden: Die größten Stromverbraucher werden durch die Regierung bei der EEG-Umlage begünstigt. Grund: Ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit soll nicht gefährdet werden. Doch entsprechend mehr müssen die privaten Verbraucher_innen und öffentlichen Einrichtungen zahlen. Rund 20 Prozent der Umlage-Erhöhung im kommenden Jahr gehen auf das Konto der Ausnahmen. In einer fünfteiligen Serie wollen wir der Frage nachgehen: Für wen müssen wir hier eigentlich die Zeche zahlen?
Zum Beispiel für die Wiesenhof Geflügelkontor GmbH.

Vom rohen Ei bis zum Tiefkühlschlägel, „Deutschland Geflügelmarke Nr. 1“ liefert alles, was der Mensch vom Geflügel begehrt. Und wer Zweifel hat, dass das allein nicht genügt, dem verspricht die Wiesenhof Geflügelkontor GmbH sogar: „Wir tun mehr … alles aus einer Hand!“.

Was nicht zur Werbebotschaft gehört, ist die Tatsache, dass der Geflügelmäster mit einem jährlichen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro selbige Hand auch gerne aufhält. Zum Beispiel am Standort Möckern in Sachsen-Anhalt: Hier lässt sich Wiesenhof die tägliche Schlachtung von 100.000 Tieren hübsch subventionieren, denn Möckern profitiert von der „Besonderen Ausgleichsregelung (BesAr)“ des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG). Ursprünglich sollte dieser Paragraph Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von über 100.000 Megawattstunden (MWh) entlasten. Statt der vollen Umlage für die Ökostromförderung in Deutschland von zur Zeit 3,592 Cent und ab 2013 5,277 Cent je Kilowattstunde zahlen diese „Härtefälle“ maximal 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Die Differenz zahlen alle anderen Stromkunden – auf dass die Energiewende der deutschen Industrie nicht zum Verhängnis werde im gnadenlosen internationalen Wettbewerb.

Mittlerweile allerdings ist diese „Härtefallregelung“ genauso wässrig wie die Hühnchenfilets der 100.000 Tiere, denen täglich in Möckern der Hals umgedreht wird. Denn aus der Bemessungsgrenze von 100.000 MWh sind inzwischen schlappe 1.000 MWh geworden (ein Hundertstel!). Und hieß es ursprünglich im EEG noch, dass ein Unternehmen nur dann von der Ermäßigung profitieren darf, wenn es nachweist, dass die Stromkosten „maßgeblich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit“ führen, ist nun nur noch pauschal von einem Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit die Rede. Der Nachweis hierzu liegt laut dem für die Genehmigung der „Härtefälle“ zuständigen Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im eigenen Ermessen der Unternehmen. Klar, dass sich hier viele Kandidaten finden.

Mehr symbolisch fordert nun das EEG, dass Wiesenhof sich auch ein wenig um Energieeffizienz bemühen soll. Welch Glück für die Schlächter, dass sie seit 2011 ein zertifiziertes Energiemanagementsystem vorweisen können. Bei so viel Vorbildlichkeit brauchen sich die Hühnchenmäster doch nicht zu verstecken, könnte man meinen. Genau das tun sie aber: „Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns zu diesem politischen Thema nicht äußern möchten“, heißt es aus dem Hühnerstall.

Schade, denn so können sich Tierschützende nur an der Statistik entlang hangeln, um zu erfahren, mit wie viel Geld sie die Tierquälerei per Gesetz unterstützen müssen: Wiesenhof, als eines von 69 begünstigten Unternehmen des Ernährungsgewerbes, verbraucht gemittelte 27.000 MWh Strom. Nur für 1.000 MWh aber muss der Konzern die volle Umlage zahlen. Für den Rest zahlen die Schlachter im nächsten Jahr schlappe 109.233 Euro, Privatleute müssten für diesen Verbrauch jedoch stolze 1.424.790 Euro berappen!

Das erbost Tierfreundin und -freund natürlich, die das fragwürdige Billigfleisch aus der Massentierhaltung über ihre Stromrechnung mitfinanziert und damit den Fleischpreis schön tief hält. Zahlen müssen sie, ob sie wollen oder nicht. Da hilft auch kein Ökostromanbieter.

Wiesenhof ist nur eines von insgesamt 69 Unternehmen des Ernährungsgewerbes, die 2012 bei der EEG-Umlage begünstigt waren. Der gesamte Stromverbrauch dieser Branche beträgt 1.852 Gigawattstunden, im Durchschnitt also 27.000 Megawattstunden pro Unternehmen.

Weitere befreite Unternehmen sind:
Agrarfrost, Altmark Käserei Uelzena, Aviko GmbH, Bayerische Milchindustrie dG, Delfi Cocoa GmbH, Emsland-Aller Aqua GmbH, Franziska Stolle GmbH &Co.Brenz KG, Geestland Putenspezialitäten GmbH& Co.KG, Gräfendorfer Geflügel- und Tiefkühlfeinkost, Hansa Milch AG, Himmelsberger Mineralbrunnen GmbH, Leislinger Mineralbrunnen GmbH, Milei GmbH, Molkerei Ammerland eG, Müritz Milch GmbH, Sachsenmilch Leppersdorf GmbH, Sachsenmilch Molkeveredlungs GmbH, Schne-frost Ernst Schnetkamp, Uckermärker Milch GmbH, Vion Emstek GmbH, Weser-Ems Erfrischungsgetränke GmbH, Weimarer Wurstwaren GmbH, wheyco GmbH, Wiesenhof-Geflügel Möckern GmbH (2 Standorte befreit) , ZMV Mecklenburg Vorpommern GmbH, CDS Hackner GmbH, DMK Deutsches Milchkontor (7 Standorte befreit), Naabtaler Milchwerke GmbH, Hansa-Heemann AG.

Der Adventskalender der Ausnahmen entstand in Kooperation mit der Redaktion von klimaretter.info – dem Magazin für die Meinungsführer der Energiewende.
Alle Rechte an dieser Artikelserie liegen bei klimaretter.info.

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Autor*innen

Der studierte Architekt Fritz Mielert (*1979) arbeitet als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Zwischen 2011 und 2013 betreute er bei Campact Projekte im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, baute maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv. Alle Beiträge

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