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Verhindert Schäuble die Zockerei mit Mais und Getreide?

Der Endspurt der EU-Verhandlungen über die Spekulation mit Nahrungsmitteln hat begonnen. Ein Grund zur Hoffnung: Finanzminister Schäuble scheint sich in letzter Sekunde den Forderungen der Zivilgesellschaft angeschlossen zu haben.

Seit rund zwei Jahren verhandelt die EU in Brüssel über wirksame Hürden gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln. Jetzt hat der Endspurt begonnen. In den kommenden Wochen wird das Paket zur Finanmarktreform (MiFID) festgezurrt. Für uns gibt es Grund zur Hoffnung: Wie die Organisation foodwatch über ein vertrauliches Papier aus dem Bundesfinanzministerium herausgefunden hat, hat sich Finanzminister Schäuble in letzter Sekunde den Forderungen der Zivilgesellschaft gegen die preistreibende Spekulation mit Nahrung angeschlossen.

Der stille Herr Schäuble
Herr Schäuble vollzog seine Kehrtwende ganz still und heimlich: Ende August schickte er ein vertrauliches Papier an die anderen EU-Regierungen. Darin fordert er seine Kolleg/innen dazu auf, die Gesetzeslücken zu schließen, mit der die Finanzlobby den Gesetzesentwurf des Ministerrats gelöchert hat wie einen Schweizer Käse. Dazu muss man wissen, dass Herr Schäuble über zwei Jahre lang unsere Kampagne „Mit dem Essen spielt man nicht!“ öffentlich ignorierte, keine Stellungnahme abgeben wollte und nicht zu unserer Übergabe von über 240.000 Unterschriften erschien. Unter der Oberfläche haben unsere Argumente anscheinend dennoch gewirkt. Hartnäckig sein und an den Themen dran bleiben zahlt sich für soziale Bewegungen immer wieder aus.

Spekulanten in die Schranken!
Damit Schäuble in den kommenden Wochen der Abschlussverhandlungen nicht vor der Finanzlobby einknickt, ist es umso wichtiger, dass wir gemeinsam unsere Stimme gegen Nahrungsmittelspekulation erheben. Deshalb gehen wir am kommenden Dienstag, den 15. Oktober mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis gegen Nahrungsmittelspekulation auf die Straße. In Frankfurt am Main ziehen wir mit hunderten Menschen ein Absperrband durch das Bankenviertel. Die Börse sowie die Zentralen der größten Profiteure der Zockerei mit Mais und Getreide – Deutsche Bank und Allianz – sind die Aktionspunkte der Demo. Kommen Sie zur Demo!

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Das Gesetz und seine Schlupflöcher
Ministerrat, EU-Kommission und Parlament haben sich bisher darauf geeinigt, dass es verbindliche Positionslimits an den Rohstoffbörsen geben soll. Für die Limits hatten wir uns immer wieder stark gemacht. Denn sie beschränken die Anzahl der Rohstoffgeschäfte, die jeder Händler durchführen darf, und schieben der exzessiven Spekulation damit einen Riegel vor.

Doch den jetzigen Gesetzesentwurf des Ministerrats spicken absichtliche Lücken und Ausnahmen, wie Banken und Investmentfonds die Limits umgehen können. So sollen die Positionslimits etwa nicht für den weitgehend unregulierten Schattenhandel außerhalb der Rohstoffbörsen gelten, obwohl dieser die größte Gefahr darstellt. Die Limits sollen auch nur für einzelne Händler gelten und nicht konzernübergreifend für Gruppen von Händlern. Konzerne wie die Deutsche Bank könnten die Limits einfach umgehen, indem sie ihre Investmentgesellschaften und deren Rohstofffonds als separate Händler mit jeweils einem eigenen Limit betrachten. Werden diese Schlupflöcher nicht in den letzten Verhandlungstagen gestopft, wird das Gesetz eine leere Hülle bleiben.

Mit dem Essen spielt man nicht!
Den Gesetzesprozess in Brüssel haben wir mit der Kampagne „Mit dem Essen spielt man nicht!“ im Bündnis mit vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland und Europa begleitet. Immer, wenn Entscheidungen kurz bevor standen, waren wir mit Aktionen zur Stelle. Zum Beispiel letztes Jahr zum Welternährungstag mit einem dreihundertköpfigen Protestorchester gegen den Hunger, das vor dem Brandenburger Tor auf leeren Töpfen Alarm schlug. Oder mit dem gigantischen Schriftzug „Stop Food Speculation“ bestehend aus denselben leeren Töpfen vor dem EU-Parlament in Brüssel. Kurz vor den Abschlussverhandlungen weisen wir am kommenden Dienstag die Zocker im Frankfurter Bankenviertel symbolisch in die Schranken. Seien Sie dabei! Und wenn Sie nicht in Frankfurt und Umgebung wohnen, spenden Sie für die Demo!

topforchester

StopFoodSpeculation

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Schäuble wird auf keinen Fall der „Finanzlobby“, seinen besten Freunden, in den Rücken fallen. Seine Partei sondiert gerade mit den Grünen ob es eine Möglichkeit für eine Koalition geben könnte. Solche Schlagzeilen wie diese hier, lassen sein Lügenherzlein hüpfen. Auf diese Weise kann er sich schön als Ökoritter aufspielen, das beeindruckt den Koalizionspartner. Wenn alles über die Bühne gegangen ist, wird er wieder sein wahres Gesicht zeigen und seine Kumpels aus der Finanzwelt können machen was sie wollen.

  2. Herr Schäuble,
    kann es in Ihrem Interesse sein, dass Spekulanten immer reicher und ein rießiger Teil der Menschheit so verarmt, dass es sich kein Essen mehr leisten kann. Sind diese Hungertoten vierlleicht von der Politik gewollt? Noch eine Frage. Wer regiert uns überhaupt? bei den „Volksvertretern“ hat man leider immer mehr das Gefühl, sie wären nur noch „Handlanger“
    um Antwort wird gebeten

    Kraus

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