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Agrosprit: Tödliches Spiel auf Zeit

Die Entscheidung ist vertagt: Der EU-Ministerrat konnte sich letzte Woche auf keine konkrete Agrosprit-Strategie einigen.

Weder der Kommissionsplan noch der von der Bundesregierung unterstützte „Kompromissvorschlag“ Litauens setzten sich durch. Die litauische Ratspräsidentschaft hatte vorgeschlagen, den Agrosprit-Anteil am Gesamtverbrauch auf sieben Prozent zu deckeln. Während Polen und Ungarn noch mehr bzw. unbegrenzt Agrosprit beimischen wollen, unterstützen Italien, Dänemark, die Niederlande und Luxemburg den etwas ehrgeizigeren Plan der EU-Kommission. Er sieht eine Deckelung auf fünf Prozent (das gegenwärtige Verbrauchsniveau) und für das Jahr 2020 ein Ende der finanziellen Förderung von Agrosprit aus essbaren Pflanzen vor.

Auch Deutschland hatte ursprünglich diesen Plan unterstützt – und war dann klammheimlich und ohne Begründung umgeschwenkt. Das muss der neue Energieminister Sigmar Gabriel wieder korrigieren – dafür gehen wir jetzt auch auf Kampagnen-Langstrecke. Denn die Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat werden voraussichtlich erst nach der Europawahl weitergehen.

Studie: EU-Agrosprit treibt Nahrungsmittelpreise hoch

Derweil hat Oxfam eine neue Studie von Forschern der Universität Hohenheim veröffentlicht (Biofuels: Effects on Global Agricultural Prices and Climate Change – deutschsprachige Zusammenfassung hier) Sie zeigt die konkreten Auswirkungen des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ausstiegs aus der Agrosprit-Förderung im Jahr 2020 auf die Nahrungsmittelpreise:

Die Weltmarktpreise für pflanzliche Öle fielen um 16 Prozent, für Ölsaaten um circa 10 Prozent, für Weizen um 4 Prozent. (Die unterschiedlichen Zahlen sind vor allem darin begründet, dass es sich bei 75 % des innerhalb der EU konsumierten Agrosprits um aus Ölpflanzen hergestellten Biodiesel handelt.)

Im Umkehrschluss heißt das: allein der EU-Agrosprit treibt die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel um bis zu 16 Prozent in die Höhe. Für uns „Wohlstandsbürger“ ärgerlich, aber verkraftbar – doch für Menschen an und unterhalb der globalen Armutsgrenze eine Frage von Leben und Tod.

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Autor*innen

Annette Sawatzki, Jahrgang 1973, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berkeley und Hamburg. Sie arbeitete als Dokumentarin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Büroleiterin von Bundestagsabgeordneten. Ihre Schwerpunkte als Campaignerin bei Campact liegen in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Alle Beiträge

1 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Liebe Frau Sawatzki,
    auch Sie lassen sich vors Pferd der Mineralöllobby spannen.
    Lebensmittel steigen weil die Banken mittlerweile in einem nie für möglich gehaltenen Mass mit Lebensmitteln spekulieren.
    Nicht weil Lebensmittel zu Biokraftstoffen verarbeitet werden.
    Sollten Sie an einer sachlichen und wissenschaftlichen Betrachtung wirklich interessiert sein
    bin ich Ihnen gerne behilfllich.
    Ihr Stephan Will
    http://www.buesch-pflanzenoele.de

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