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EU-Parlament schränkt Nahrungsmittelspekulation ein

Das Europaparlament hat am Mittwoch eine neue Finanzmarkt-Richtlinie beschlossen, mit der die Spekulation mit Nahrungsmitteln stark eingeschränkt wird. Auch wenn nicht alle unserer Forderungen erfüllt wurden, ist das ein wichtiger Fortschritt. Wieder einmal zeigte sich: Bürgerprotest wirkt - auch in Europa.

Am Mittwoch hat das Europaparlament der neuen Finanzmarkt-Richtlinie MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) zugestimmt, mit der die Spekulation mit Nahrungsmitteln stark eingeschränkt wird. Bereits im Januar hatten sich EU-Kommission, Europäischer Rat und Europaparlament auf diesen Kompromiss geeinigt – wir berichteten darüber in diesem Blog. Auch wenn nicht alle Forderungen unseres Appells „Mit dem Essen zockt man nicht“ erfüllt wurden, ist das ein wichtiger Schritt nach vorne.

Vor allem Großbritannien hatte im Dienste der Finanzlobby lange die einzig wirksame Hürde gegen Spekulation bekämpft: verbindliche Positionslimits. Sie beschränken die Anzahl der Rohstoffgeschäfte, die jeder Händler durchführen darf. Am Ende mussten die Briten klein beigeben. Doch an ein paar Stellen konnte sich die Finanzlobby leider durchsetzen: So werden Limits werden nicht auf europäischer Ebene, sondern von den nationalen Aufsichtsbehörden festgelegt. Damit besteht die Gefahr, dass es an den europäischen Börsen zu einem Unterbietungswettbewerb kommt, bei dem das Land mit den schwächsten Regeln die Richtung vorgibt. Hier heißt es also weiterhin wachsam zu bleiben.

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Wie bei jedem Kompromiss, kann man sich darüber streiten, ob das Glas jetzt halb voll oder halb leer ist? Doch ohne unser gemeinsames Engagement und die jahrelange Arbeit unserer Bündnispartner wäre das Glas immer noch ganz leer. Es zeigt sich wieder einmal, was kraftvoller Bürgerprotest erreichen kann. Mehr als 100.000 Menschen haben unseren Appell gegen das Geschäft mit dem Hunger unterzeichnet. Wir haben ihn den entscheidenden deutschen EU-Parlamentariern überreicht und sie ermutigt gegenüber der Finanzlobby hart zu bleiben.

Viele hundert Campact-Aktive hatten zudem Töpfe mit ihrem Slogan gegen Agrarspekulation bemalt. Mit ihnen schlugen wir gemeinsam mit unseren Bündnispartnern zum Welternährungstag in Berlin lautstark Alarm. Vor dem Brüsseler Ratsgebäude bildeten wir mit den Töpfen den Schriftzug „Stop Food Speculation“. All dies hat sich ausgezahlt – und in Europa wird die Spekulation nun eingeschränkt. Ohne die Unterstützung von über 100.000 Campact-Aktiven wäre das nicht möglich gewesen – vielen Dank dafür!

In der EU müssen sich 28 nationale Regierungen, Kommission und Europaparlament auf Kompromisse verständigen – kein Wunder, dass der Fortschritt oft eine Schnecke ist. Doch etwas hat sich in den letzten Jahren verändert: Das Europaparlament wird zu einer immer mächtigeren und selbstbewussteren Vertretung der Bürgerinnen und Bürger Europas – und das ist gut so! Wann immer in den vergangenen Jahren Lobbyisten in die Schranken gewiesen wurden, war dies den Parlamentariern zu verdanken und nicht den Regierungen oder der Kommission.

So hat die Mehrheit der Europaabgeordneten jüngst die geplante Saatgutverordnung gekippt und gegen ein Zweiklassen-Internet gestimmt. Natürlich gilt auch hier, genauso wie auf nationaler oder lokaler Ebene: Nur wenn sich die Menschen zu Wort melden, finden sie auch Gehör. Der Journalist Harald Schumann schrieb dazu im Tagesspiegel:

„Auf EU-Ebene sei Demokratie nicht möglich, weil es keine gemeinsame europäische Öffentlichkeit gebe, behaupten Nostalgiker des Nationalstaates gerne, darunter auch die Karlsruher Verfassungsrichter. Doch diese nationale Borniertheit ist überholt. Heute genügen zwei, drei Mausklicks, um sich auch in Europa einzumischen. Wenn immer mehr EU-Bürger das nutzen, sind die Tage der Brüsseler Hinterzimmerpolitik gezählt.“

Zwar ist es mit zwei, drei Mausklicks alleine meist nicht getan – darauf hat Campact-Mitbegründer Günter Metzges ebenfalls im Tagesspiegel hingewiesen. Aber im Prinzip hat Harald Schumann recht: Die nationale Borniertheit ist überholt.

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Autor*innen

Yves Venedey war Campaigner im Kampagnen-Team 1, verantwortlich für Klima-Themen. Er war schon Marktforscher, Briefträger, Geschäftsführer, Journalist und Pressesprecher. Yves Venedey ist Autor des Buchs "Abschalten", das 2011 im Fischer Verlag erschienen ist. Alle Beiträge

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