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Maja schlägt zurück: Konzerne stolpern über 230.000 Unterschriften

Ein merkwürdiges Schauspiel bot sich den ankommenden Agrarminister/innen, als sie gestern in Cottbus aus ihren Limousinen stiegen: Als Vertreter von Bayer und Monsanto gekennzeichnete Stelzenläufer gingen mit der Giftspritze auf eine Demonstration der anderen Art los.

230 Tiere – vertreten durch die Pappsilhouetten von Hase, Igel, Frosch, Lerche und Biene – protestierten zusammen mit 40 Campact-Aktiven gegen die skandalöse Umsetzung der EU-Agrarreform durch die Bundesregierung.

 

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Die Bundesregierung plant, Pestizide und Monokulturen auf sogenannten “ökologischen Vorrangflächen” zuzulassen und damit den Artenschutz in der Landwirtschaft zum bedeutungslosen Feigenblatt zu machen. Noch können die Bundesländer die Regierung aufhalten. Und von Mittwoch bis heute verhandeln sie in Cottbus auf der Agrarministerkonferenz mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt um einen Kompromiss – während wir vor dem Hotel mit den Tiere demonstrierten.

Im Gepäck dabei: 230.000 Unterschriften. Innerhalb von nur zwei Wochen unterzeichneten so viele Menschen unseren Appell, mit dem wir die Agrarminister/innen aus Bund und Ländern zum Verbot von Pesitziden und Monokulturen auf Artenschutzflächen auffordern. Lange konnte sich das brandenburgische Landwirtschaftsministerium nicht recht entscheiden: Will Minister Jörg Vogelsänger als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz die Unterschriften stellvertretend für seine Kollegen in Empfang nehmen? Ein Mitarbeiter seiner Pressestelle schlug mir am Telefon sogar vor: “Schicken sie uns die doch per Post!”

Doch so einfach lassen wir uns nicht abwimmeln. Wir waren vor Ort, um den versammelten Ministerinnen und Ministern auch ungefragt die Meinung zu sagen. Und damit auch niemand übersieht, dass eine überwältigende Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern unsere Forderungen unterstützt, haben wir die Namen der Unterzeichnerinnen unübersehbar auf 230 übergroße Tiersilhouetten gedruckt – je tausend Namen pro Silhouette. Eine große Anzahl Spender/innen hatte dieses beeindruckende Bild ermöglicht. Und im Laufe der Aktion umzingelten die Tiere die Vertreter von Bayer und Monsanto, die auf Stelzen mit ihren Pestizidspritzen angerückt waren. Sie zeigten: Mit dem Protest der Bürgerinnen und Bürger ist zu rechnen.

Und so kam schließlich auch Minister Vogelsänger nicht an uns vorbei und stolperte förmlich über unsere Unterschriften. Auf dem Weg ins Konferenzhotel nahm er unseren Appell dann doch interessiert entgegen. Zwar fiel ihm zunächst nichts Besseres dazu ein als ein knappes “Den Imkern in Brandenburg geht es gut.” Doch als ich nachhakte, dass er für ein Verbot von Pestiziden und Monokulturen auf Vorrangflächen stimmen soll, rang er sich immerhin zu einem “Das bekommen wir schon hin!” durch. Auch wenn das vage ist und wir dranbleiben müssen: Unsere Botschaft ist sicher angekommen!

Auch sonst haben wir mit unserem Appell einiges in Bewegung gebracht: Im Bundesrat zeichnet sich zunehmend ab, dass viele Länder gegen die Geschenke der Bundesregierung für Monsanto und Co. stimmen werden. Die grün regierten Länder plus Mecklenburg-Vorpommern haben einen eigenen Antrag eingebracht, mit dem zumindest Pestizide auf Vorrangflächen verboten werden sollen. Der Umweltausschuss des Bundesrates hat dies mit großer Mehrheit unterstützt. Im Agrarausschuss hingegen fehlen noch Stimmen. Damit steht noch keine Mehrheit für unsere Forderungen, aber sie ist zumindest in greifbare Nähe gerückt – ein erster Erfolg, an dem unser Appell sicher nicht ganz unbeteiligt war.

Da traf es sich gut, dass es uns auch gelang, den Agrarminister aus Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, vor dem Konferenzhotel abzufangen und ihm den Rücken zu stärken. Er zeigte sich erfreut, dass innerhalb kurzer Zeit so viele Unterschriften zusammen gekommen sind. Und er bekräftigte seinen Widerstand gegen die Pläne der Bundesregierung.

Damit ist klar: Die Agrarministerkonferenz wird die Pläne der Bundesregierung nicht einfach so im Konsens durchwinken. Anfang Mai soll im Bundesrat endgültig abgestimmt werden. Diese Verzögerung spielt uns in die Hände. Wir haben nun genug Zeit, um unseren Protest auch in die Länder zu tragen. Wenn es uns gelingt, genug Länderstimmen für ein Verbot von Pestiziden und Monokulturen auf Vorrangflächen zusammen zu bekommen, kann endlich wieder mehr Lebensraum für Biene, Hase, Igel, Frosch und Lerche entstehen. Die Demonstration der Tiere war auf jeden Fall ein Erfolg. Denn am Ende konnten sie die Vertreter von Monsanto und Bayer symbolisch in die Flucht schlagen. Wir bleiben dran, damit dass auch tatsächlich so passiert.

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Autor*innen

Dr. Chris Methmann ist Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. Vorher hat er bei Campact Kampagnen geleitet. Als langjähriger Aktivist und Campaigner in der Klimabewegung streitet er für ein Ernährungssystem, das die Grenzen unseres Planeten endlich respektiert – und setzt sich dafür ein, dass nur ehrliches, gesundes und zukunftsfähiges Essen auf unseren Tellern landet. Alle Beiträge

23 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Hallo! Derzeit gibt es Pressemeldungen, wonach Imker über eine besonders gute Bedingungen für Bienen in diesem Frühjahr berichten. Die Schuld am Bienensterben (das wohl doch nicht so dramatisch ist) den Chemiekonzernen zu geben ist nicht ganz fair. Natürlich dürften PSM gewisse nachteilige Wirkung auf Insekten haben, aber zur Sicherung unserer Nahrungsgrundlage sind Pflanzenschutzmittel nach wie vor unbedingt notwendig. Auch wenn uns Werbung für Bioprodukte etwas anderes weismachen möchte (gerade hier sollte man kritisch sein, denn auch in der Biolandwirtschaft wird auch Chemie und Mineraldünger zurückgegriffen, nur eben vor dem Hintergrund dass der Kunde glaubt es fände nicht statt). Nach wie vor bringt Biolandwirtschaft trotzdem pro Hektar nur knapp halb so viel Ertrag wie konventionelle Landwirtschaft-eine Abschaffung des chemischen Pflanzenschutzes würde eine Verdoppelung der Nutzfläche nach sich ziehen müssen, was utopisch ist. Ein vernünftiger Umgang mit PSM in der Landwirtschaft und in Privatgärten, sowie das Anlegen von Blühstreifen in der LW und die Verbannung von honiglosen Hybridblumen aus den Hausgärten können den Bienen wirklich helfen.

  2. Ich werde das alles glücklicherweise nicht mehr erleben; ich bin schon alt. Aber ich habe schon lange gegen kriminelle Machenschaften dieser Leute und ihrer Gesinnungsgenossen unter den Politikern alles unternommen, was in meiner Macht stand. Wir müssen wachsam sein, sonst werden nach den Tieren die Menschen auf perfide Weise ausgerottet. Und das alles, obwohl man Geld nicht essen kann!

  3. @Manfred Anlauf
    Portugal ist natuerlich unbedingt eine Reise wert! Ob Porto, Lissabon oder Coimbra, ueberall begegnet man sehr freundlichen Menschen und natuerlich auch einer grossen Vergangenheit, welche sich in den wunderbar erhaltenen Orten und ihren historisch bedeutenden Bauten zeigt. Natuerlich will ich auf gar keinen Fall die Portugiesen in irgendeiner Form verunglimpfen, aber es ist dort gewesen, als sich mir die Augen buchstaeblich geoeffnet haben. Ich sehe aber leider bei uns die Fortsetzung der Geschichte. Ich bin der Meinung, dass wir unbedingt darauf draengen sollten, den Einsatz der Chemie in der Landwirtschaft zu begrenzen. Zu potent sind die Gifte geworden und wenn man die Debatte verfolgt hat in den letzten Jahren, so ist die Reaktion der Produzenten, welche diese Auswirkungen negieren und hier eine Beweisfuehrung der Gegner der chemischen Keule verlangt, beinahe unertraeglich. Das Neonicotinoide sehr starke Gifte fuer Insekten sind, ist hinlaenglich bekannt und auch ausreichend bewiesen! Ich denke es geht daher vor allem darum, das Bewusstsein zu wecken, dass wir Menschen eine gewisse Verantwortung fuer unsere Umwelt tragen und wahrnehmen muessen. Eine Initiative wie hier durch Campact gefuehrt ist ganz sicher hilfreich und enorm wichtig!
    Mit besten Gruessen,
    Volker Schmidt

  4. Bravo, das war eine Superaktion! Ich bin stolz auf Euch, auch wenn ich nicht dabei sein konnte. Macht weiter so, die Stimmung gegen die Agrarindustrie kippt, da bin ich sicher…

  5. Haben mit Interesse alles gelesen und können auch nur apellieren: Macht mit dieser Kampagne
    unbedingt weiter.
    Ein kleiner Beitrag für Bienen und alle Insekten ist unser Garten mit Blumen,Disteln und einem
    Bienenhotel.

  6. Ich gratuliere und hoffe, dass die Proteste ein Freihandelsabkommen mit USA
    verhindern wird. Meine Unterstützung habt Ihr.

  7. Großartige Aktion, die ich auch sehr gerne unterstützt habe. Gemeinsam erreicht man was, Gemeinsamkeit macht stark – aber auch jeder Einzelne, der z. B. bewusst einkauft oder auch gärtnert erreicht was.
    Ich habe z. B. in meinem Garten wirklich sehr viele (ich hoffe auch sehr gesunde) Bienen und verschiedenste Vogelarten. Gift jeder Art ist tabu, die Pflanzen werden hauptsächlich danach ausgesucht, ob sie Bienen und Hummeln anlocken.
    Ich bin immer entsetzt, dass selbst heute noch – in dieser aufgeklärten Zeit – viele Menschen Insekten jeder Art als lästig und nutzlos ansehen oder das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten billigend hinnehmen. Nach dem Motto: nicht hinsehen, dann muss ich auch nichts ändern. Solche Einstellung spielt uns Monsanto & Co. ja praktisch in die Hände. Deshalb sind Aktionen wie diese einfach unverzichtbar. Und ich freue mich sehr über den großen Zuspruch, den diese Aktion innerhalbkürzester Zeit erfahren durfte.

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