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Kapert Bertelsmann re:publica 14 als Werbeplattform für TTIP?

Die wirtschaftsliberale Bertelsmann Stiftung sponsort die Debatte zum umstrittenen EU-US-Freihandelsabkommen TTIP auf der re:publica 14. Wir meinen: TTIP braucht breiten gesellschaftlichen Protest und keine von Konzernen gesponsorten Debatten.

Am Dienstag geht sie an den Start, die re:publica 14. Laut ihrer Website ist sie „die größte Konferenz Europas im Themenbereich Internet und digitale Gesellschaft. Sie versteht sich als politische, kulturelle, vor allem aber als sehr junge Veranstaltung„. Letztes Jahr kamen 5.000 TeilnehmerInnen, und in diesem Jahr sollen es deutlich mehr werden.

Einer ihrer Geldgeber (aka „Partner“, so nennt sich das heute) in diesem Jahr ist die Bertelsmann Stiftung. Sie ist eine „wirtschaftsliberale deutsche Denkfabrik“ (Wikipedia). Sie will, so Wikipedia weiter, „zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme alle Lebensbereiche nach den ‚Grundsätzen des Unternehmertums und der Leistungsgerechtigkeit‘ und dem Leitbild ‚so wenig Staat wie möglich‚ umgestalten.“

Da TTIP staatliche Handlungsfähigkeit untergräbt und Konzerne in ungeahnter Weise ermächtigt, ist es denn auch nur stimmig, wenn die Bertelsmann Stiftung zu den wichtigsten Promotoren des umstrittenen EU-US-Freihandelsabkommens TTIP gehört. Sie hat methodisch äusserst fragwürdige Studien publiziert, die unter unrealistischen Annahmen Wachstumseffekte als Ergebnis von TTIP prognostizieren (Wer sich für Details zu den Studien interessiert, hier klicken – diese Präsentation vergleicht die Bertelsmann Studie mit anderen von der Kommission und Bundesregierung in Auftrag gegebenen Arbeiten). Sie ist auch Empfänger von Geldern der EU-Kommission, um mittels einer „TTIP roadshow“ für TTIP in den USA zu werben.

Als Partner der re:publica 14 ist die Bertelsmann Stiftung insbesondere „Partner“ einer Diskussion über TTIP. Hier gibt sie sich ganz ausgewogen als Vertreter einer „balanced debate“. Da kann man nur hoffen, dass den Bertelsmännern die Debatte um die Ohren fliegt. So wie der EU-Kommission die Wachstums- und Beschäftigungseffekte von TTIP in diesem Monitor-Beitrag um die Ohren geflogen sind, in dem der Autor der Bertelsmann-Studie, Prof. Felbermayr, diese selbst als „klein“ bezeichnet.

http://youtu.be/7ySQ5ff857g

Lobbycontrol schreibt: „Die Bertelsmann Stiftung ist organisatorisch und personell eng mit dem Medienkonzern Bertelsmann verknüpft. Dass eben dieser Konzern einer Profiteure des Abkommens sein wird – dazu braucht es keine mathematischen Modelle. Mit über 16 Mrd. Euro Jahresumsatz ist Bertelsmann das größte Medienimperium in Europa. Bekannte Medien wie RTL, stern, die Verlage Heyne oder Goldman, die Buchgeschäfte „Der Club“ oder der US-Verlag Random House gehören dem Bertelsmannkonzern. Der Konzern Bertelsmann hat ein Interesse an Liberalisierungen und erweiterten Schutzrechten für geistiges Eigentum durch ein Freihandelsabkommen, um seine Marktmacht auszubauen.“

Man fragt sich schon, an wen die re:publica sich und ihr junges Publikum hier verkauft hat. Wir meinen: zu demokratiefeindlichen Unterfangen wie TTIP oder dem ähnlich gelagerte CETA-Abkommen mit Kanada braucht es weniger von Konzernen gesponserte „ausgewogene Debatte“, sondern noch viel mehr breiten gesellschaftlichen Protest! TTIP stoppen!

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Autor*innen

Annette Sawatzki, Jahrgang 1973, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berkeley und Hamburg. Sie arbeitete als Dokumentarin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Büroleiterin von Bundestagsabgeordneten. Ihre Schwerpunkte als Campaignerin bei Campact liegen in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Alle Beiträge Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

12 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich habe den campact-Aufruf gegen TTIP unterzeichnet. Aus meiner Sicht läuft die Sache für das TTIP umso schlechter, für „uns“ also umso besser, je mehr Öffentlichkeit darüber hergestellt werden kann. Dazu hat die re:publica sicherlich einen Beitrag geleistet.
    Ich unterstelle, dass die Bertelsmann-Stiftung – nicht blöd – so ähnlich analysiert und es für sich als wichtig erachtet, zu „uns“ diskursiv anschlussfähig zu bleiben. Das sind in meinen Augen erst mal erfreuliche Symptome, was die Entwicklung der Kräfteverhältnisse zum TTIP betrifft. Das sollten wir als Ansporn nehmen – keine (Berührungs-)Angst vor dem Gegenüber, aber erst recht natürlich auch keine (politische) Barmherzigkeit. Der Weg ist noch weit.

  2. Habt ihr zu dem Thema mal mit Markus Beckedahl gesprochen? Der ist ja einerseits bei netzpolitik.org erklärter Gegner von TTIP, auf der anderen Seite schon lange im RP-Team. Würde mich mal interessieren.
    sg, Jan

  3. Wieso soll mir Geld etwas „flüstern“? Es reicht durchaus schon, dass Gelder durch die Potenzierung sich selbst generieren. Doch die Quintessenz aus vorangegangenem Artikel ist der
    Geltungszuwachs, welcher ebenso potenziell mitwächst.

    Nach dem Grundwissen der Physik ist potentlielle Energie (quasi der Geldhaufen) des heutigen Menschen der Sicherheitsgedanke. Doch mit so einem „Geldhaufen, Macht“ in der Tasche, ist der Träger ganz schön unbeweglich.

    Geld muss uns als Menschen dienen und nicht den Menschen untertan werden lassen.

  4. Und wieso darf die Bertelsmann Stiftung das nicht? Wenn ihr Geld hättet, würdet ihr das doch genauso tun.

    • … es ist immer eine Frage wofür man sein Geld einsetzt. Und da sind wir der Meinung, dass Werbung für ein demokratiefeindliches Abkommen kein guter Zweck ist.

    • Wenn diese Veranstaltung Werbung für #TTIP war, dann war ich wohl in einem Paralleluniversum.

    • Na, angesichts des track record von Bertelsmann war die Vermutung nur naheliegend. Doch Glückwunsch – nicht jedem gelingt es mit den Bertelsmännern zu tanzen ohne dabei auszurutschen…

    • Bertelsmann-Kritik in aller Ehren. Aber wir hätten uns von Euch dabei mehr Vertrauen gewünscht. Vielleicht wäre es besser gewesen, mit uns vorher darüber zu reden, bevor Ihr erstmal mit so einer Anklage kommt.

    • Und wir hätten uns einen frühzeitig kritischen Blick von Euch gewünscht. Schon die Selbstdarstellung von Bertelsmann in der Ankündigung ist irreführend. „Balanced debate“ – so kann man es nicht nennen, was Bertelsmann in Bezug auf TTIP bisher getan hat. Möglicherweise wusstet Ihr nicht, dass Bertelsmann dafür bezahlt wird, eine Werbetournee für TTIP durch die USA zu organisieren. Und ihr hattet Vertrauen darein, dass es schon stimmen wird, was Herr Felbermayr im Auftrag von Bertelsmann in seiner Zweit-Studie verbrochen hat (ebenfalls im Vertrauen darauf, dass seine Leser schon keine Ahnung von volkswirtschaftlichen Methoden haben werden).

      Bertelsmann hat bei Euch zielgruppengerechtes Marketing versucht. Die zurechtgeföhnte Wirtschaftsstudie wird dann lieber nicht verlinkt, weil der Schwindel ja schon aufgeflogen ist und deshalb ein bisschen peinlich. Die vermeintlich „kritische Studie“ (ein Reader, in dem ein paar moderat kritische Beiträge vorkommen – neben anderen) wird dafür gleich doppelt verlinkt, um das „kritische“ optisch aufzubauschen. LOL. Und dann wurde spät und kurzfristig noch ein zweiter Veranstalter hinzugefügt, damit es noch ein bisschen mehr „balanced“ rüberkommt. Von wessen Geld lebt der zweite Verein eigentlich? Dessen Webpräsenz schweigt sich darüber aus.

    • Da möchte ich Herrn Beckedahl voll zustimmen.
      Das der Vorwurf von campact, Bertelsmann habe inhaltlichen Einfluss auf die re:publica genommen, scheinbar reine Spekulation ist, spricht nicht für die Seriosität von campact, und hätte in dem Beitrag oben deutlicher formuliert werden können.

    • Bertelsmann greift dabei außerdem zu unethischen Mitteln, bringt z. B. Wissenschaftler dazu, bewusst gegen wissenschaftliche Grundsätze zu verstoßen – um geschönte Daten zu liefern, mit denen man die Bevölkerung an der Nase herumführen kann.
      Konkretes Beispiel: Derselbe Wirtschaftswissenschaftler (Gabriel Felbermayr) erstellte eine TTIP-Studie im Auftrag der Bundesregierung und dann noch mal eine für Bertelsmann – auf Basis identischer Daten, aber mit unterschiedlichem Ergebnis bei den mutmaßlichen Beschäftigungseffekten. Die sind in der Bertelsmann-Auftragsstudie größer, weil Felbermayr dort gegen wissenschaftliche Grundsätze verstößt. Während er ursprünglich (methodisch korrekt) die positiven und die negativen Job-Effekte von TTIP gegeneinander aufrechnet, unterschlägt er im Auftrag von Bertelsmann die negativen Effekte einfach.
      Felbermayr selbst weiß genau, dass das unwissenschaftlich ist und sich nach ethischen Maßstäben von selbst verbietet. Denn seiner Ursprungsstudie prangert er genau das an, was er für Bertelsmann in der anderen Studie macht: „Andere Studien vernachlässigen fälschlicherweise den Reallokationseffekt und interpretieren zusätzliche Beschäftigung im Exportsektor als gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsgewinne.“
      Wieviel Bertelsmann dafür bezahlt hat, kann man nur mutmaßen. Aber es war offensichtlich genug, damit ein Professor am Ifo-Institut sich dafür hergibt.

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