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Den TTIP-Lobbyisten auf der Spur – Teil 2

Trotz wachsender Kritik verhandeln EU und USA in Brüssel den umstrittenen Geheimvertrag TTIP weiter. Der zweite Teil der Infografik-Serie legt offen, welche Branchen besonders hartnäckig daran arbeiten, ihre Interessen im Abkommen zu platzieren.

Trotz wachsender Kritik verhandeln EU und USA in Brüssel den umstrittenen Geheimvertrag TTIP weiter. Die Konzernlobbys sitzen mit am Tisch, aber Bürger/innen sollen nichts zu sagen haben. Der zweite Teil der Infografik-Serie legt offen, welche Branchen besonders hartnäckig daran arbeiten, ihre Interessen im Abkommen zu platzieren.

Geheime Hinterzimmerdeals – Der Einfluss der Konzerne

Während Gewerkschaften oder Verbraucherverbände mit Standardantworten zu den TTIP-Verhandlungen abgespeist werden, erhalten Konzern-Lobbyisten Einladungen zu Gesprächen und inhaltlichen Beiträgen. Die Infografik-Serie der Nicht-Regierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) richtet den Scheinwerfer auf diese verborgene Lobbyarbeit. Die Daten zeigen: Vor allem Vertreter aus Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, Telekommunikation & IT und der Auto- und Chemieindustrie profitieren durch die geheimen Hinterzimmerdeals. Gen-Essen, Fracking, privatisierte Trinkwasserversorgung als auch laxer Datenschutz – das Abkommen soll ungebremste Profite damit ermöglichen.

Undercover Lobbyismus

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Mehr als 30 Prozent der Lobbyisten, die bei der Generaldirektion Handel der Europäischen Komission (engl. Directorate-General Trade, kurz DG-Trade) zu TTIP aktiv wurden, kommen aus der Privatwirtschaft und tauchen nicht in dem europäischen Lobby-Register auf. Unter ihnen finden sich Unternehmen wie Walmart, Walt Disney, General Motors, Maersk und France Telecom. Auch Industrieverbände wie die US-Handelskammer oder das Transatlantic Business Council (TABC) lobbyieren unter dem Radar.

Dies ist auch auf Schwachstellen des Lobby-Registers zurückzuführen: Da es freiwillig ist, liegt es bei den Unternehmen und Lobby-Gruppen selbst, ob sie dort eingetragen werden möchten oder nicht. Zudem sind sie nicht verpflichtet, genau zu berichten, an welchen spezifischen Themen sie dran sind – wie zum Beispiel TTIP.

Welche Branchen lobbyieren am meisten?

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Doch die nun vorliegenden Daten geben Einblick in die Hinterzimmer-Mauscheleien. Diese Branchen hatten während der Vorbereitungen zu den TTIP-Verhandlungen Ende 2012 und im Frühjahr 2013, die meisten Lobby-Treffen mit der Kommission:

  • Die Agrarwirtschaft, inklusive multinationaler Konzerne wie Nestlé und Mondelez (ehemals Kraft Foods) als auch übergreifenden Vereinigungen wie etwa Food and Drink Europe, die größte Food-Lobby in Europa, die Konzerne wie Coca Cola, Nestlé und Unilever vertritt.
  • Branchenübergreifende Verbände wie die Handelskammer der USA, dem europäischen Arbeitgeberverband, das Transatlantic Business Council (TABC) und nationalen Industrieverbänden wie dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
  • Informations- & Telekommunikationstechnik, inklusive großen Konzernen wie Nokia, Ericsson als auch Industrieverbänden wie Digital Europe, dem IT-Größen wie Apple, Blackberry, IBM und Microsoft angehören.
  • Die Automobilbranche mit einigen der Größten Namen: BMW, Daimler und Ford. Auch der Reifenhersteller wie Michelin und der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) gehören dazu.
  • Technik / Maschinenbau – darunter die Giganten der verarbeitenden Industrie Simens und Alstom. Sowie Industrieverbände wie Orgalime und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).
  • Die Chemie-Branche mit CEFIC, der größten Chemi-Lobby-Gruppe der EU – Mitglieder sind u.a. BASF, Bayer, Dow. Dem amerikanischen Gegenstück ACC – leistet ebenfalls Lobbyarbeit für BASF, Bayer, Dow, und weiteren Konzernen. Sowie dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) und direkter Lobbyarbeit von Chemiegiganten wie Dow.
  • Der Finanzsektor mit Lobbyisten der weltgrößten Banken und Versicherer wie Morgan Stanley, Alianz, Citigroup.
  • Vertreter aus dem Gesundheitssektor wie Eucomed – setzt sich für die Interessen der Medizintechnikindustrie in Europa“ ein, darunter große Konzerne wie Siemens und Procter & Gamble. Oder der europäische Koordinierungsausschuss COCIR mit Lobbyarbeit für den medizinischen IT-Sektor für Unternehmen wie IBM, Samsung, orange und Agfa Healthcare.
  • Audiovisuelle Medien wie Walt Disney, das Medien-Netzwerk von Medienmogul Rupert Merdoch sowie der internationale Verband für Musik-Verlage wie Sony, Universal, und Warner.
  • Die pharmazeutischen Industrie, einschließlich der direkten Lobbyarbeit großer Pharmaunternehmen wie Glaxosmithkline (GSK) und Lobby-Gruppen wie EFPIA – der größte europäische Pharma-Verband mit multinationalen Konzerne wie Bayer, Eli Lilly, GSK und Pfizer.

Ganz vorne dabei: Die Agrarkonzerne

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Keine andere Branche hatte mehr Gespräche mit der Kommission als die Agrarwirtschaft. Von den 560 Treffen von Ende 2012 bis zum Frühjahr 2013, fanden 113 mit multinationalen Lebensmittelkonzernen, Agrarhändlern und Saatgutherstellern statt. Das schafften nicht einmal die Automobil-, Finanz-, Chemie- und Pharmazeutische-Lobby zusammen.

Dass die Europäische Kommission während der Vorbereitungen zu TTIP solch enge Verbindungen zur Agrar-Lobby pflegte, ist besorgniserregend. Zukünftig könnten Standards der Lebensmittelsicherheit ausgehebelt werden mit offener Hintertür für Gen-Mais, Chlor-Hühner und Co.

TTIP gefährdet unsere Demokratie

Ein Fass ohne Boden: Bei TTIP geht es um mehr als Lobbyarbeit für Chlor-Hühner, Fracking oder Gen-Mais. Ein so genannter „Rat zur regulatorischen Harmonisierung“ soll künftig EU-Gesetzgebungsverfahren zensieren, bevor Abgeordnete oder die Öffentlichkeit davon erfahren. So könnten Konzerne Fortschritte im Daten- und Umweltschutz oder mehr Rechte von Arbeitnehmer/innen künftig effektiv ausbremsen. Auf demokratischem Wege wäre das nie möglich.

Die gute Nachricht ist: Am 11. Oktober werden überall in Europa die Menschen den Widerstand auf die Straße tragen. Auch in Nordamerika wächst der Widerstand. Selbst wenn EU und USA das Abkommen zu Ende verhandeln, sind die Konzerne noch nicht am Ziel. Der Vertrag muss von den Parlamenten ratifiziert werden. Unser Online-Appell ist daher der Startschuss, vielfältige Aktionen werden folgen – in den Wahlkreisen der Abgeordneten, in Berlin und auch in Brüssel. Hier konfrontieren wir die Kommission am kommenden Montag, den 14. Juli mit über eine halbe Millionen Unterschriften gegen TTIP.

Würde TTIP abgeschlossen, wäre das auch für ein weiteres geplantes Geheimabkommen ein Durchbruch: TISA soll eine gigantische Privatisierungswelle bringen und betrifft potenziell ein Drittel aller Arbeitsplätze in Europa. Wenn wir TTIP stoppen wird es leichter, auch dieses Vorhaben zu blockieren.

Quellenhinweis
Alle Quellenangaben zu den Infografiken finden Sie hier und in dieser Excel-Datei den zugehörigen Datensatz (Zeitraum Januar 2012 – April 2013).

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Autor*innen

Appelle, Aktionen und Erfolge: Darüber schreibt das Campact-Team. Alle Beiträge Janine studierte Journalistik und Kunst-und Medienwissenschaft mit Fokus auf Medienpolitik und neue Technologien. Als Journalistin arbeitete sie für TV, Radio und Online-Redaktionen und engagierte sich für Reporter ohne Grenzen e.V. 2011 wechselte sie zu einer Online-Agentur und entwickelte als User-Experience Designerin nutzerfreundliche und nutzerzentrierte Web-Konzepte. Bei Campact war sie von 2014 bis 2021. Alle Beiträge

15 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Sehr geehrte Frau Strasser, heute kam in den Nachrichten von SWR3, dass eine Petition gegen das Freihandelsabkommen startet, die 1.000.000 Unterschriften benötigt. Ist das ihre Petition oder läuft da parallel eine andere Aktion. Danke im Voraus.

    Mit freundlichen Grüßen Kögel
    15.07.2014

    • Der Bericht vom SWR bezog sich auf eine von uns und anderen geplante Europäische Bürgerinitiative, das ist etwas Neues und anderes als unsere Unterschriftensammlung. Wenn ab September das Sammeln der Unterschriften dort beginnt, würden wir Sie ganz herzlich bitten, dort noch einmal zu unterschreiben.

  2. Sehr geehrte Frau Strasser, heute kam in den Nachrichten von SWR3, dass eine Petition gegen das Freihandelsabkommen startet, die 1.000.000 Unterschriften benötigt. Ist das ihre Petition oder läuft da parallel eine andere Aktion. Danke im Voraus.

    Mit freundlichen Grüßen Marion Kögel
    15.07.2014

  3. Pingback: News 10.07. 2014 |
  4. erst mal ein riesen Dank an Eure Tatkraft. Aber noch die dringende Frage: wie sieht der Protest in anderen EU-Staaten aus? Und gibts Eure Berichte, Statements, Zahlen … auch in englischer Sprache? Wo kann ich fie finden?
    Weiter so! !!
    Ulf

    • Lieber Ulf, danke für das Kompliment, und das gebe ich gerne zurück. Nichts von dem was wir hier gemeinsam auf die Beine stellen würde ohne Sie/Euch auch nur annähernd funktionieren!
      Wir bereiten gerade eine Europäische Bürgerinitiative vor (mehr dazu Ende nächster Woche) und im Aufbau dieser Bewegung stellen wir fest, dass es in vielen Ländern Bündnisse und Bewegungen gibt. Großbritannien, Luxemburg, Rumänien, Finnland, Spanien, Frankreich… wir haben Kontakte in 18 EU-Länder. Wir werden eine mehrsprachige Website dieser Europäischen Bürgerinitiative aufbauen. Nicht als reines Campact-Projekt, sondern als ein sehr breites Bündnis.

    • Bezieht die US Amerikaner in die Aktion mit ein. Da gibt es auch viele Leute, denen diese Freihandelsabkommen nicht passen.
      (Focus dort TPP, ist das gleiche in grün)

    • Wir arbeiten mit amerikanischen Organisationen zusammen, zum Beispiel mit Public Citizen. Der Informationsaustausch findet täglich über E-Maillisten statt, hin und wieder treffen wir uns.

  5. Die Gefahren von Assoziierungsabkommen wie TTIP sieht am Urteil in der Rechtssache C-138/13:

    41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 über den Abschluss des Zusatzprotokolls und des Finanzprotokolls, die am 23. November 1970 unterzeichnet wurden und dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei als Anhänge beigefügt sind, und über die zu deren Inkrafttreten zu treffenden Maßnahmen im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde, ist dahin auszulegen, dass die darin enthaltene Stillhalteklausel einer Regelung des nationalen Rechts entgegensteht, die eingeführt wurde, nachdem das Zusatzprotokoll in dem betreffenden Mitgliedstaat in Kraft getreten ist, und vorschreibt, dass Ehegatten von in diesem Mitgliedstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen, wenn sie zum Zweck der Familienzusammenführung in das Hoheitsgebiet dieses Staates einreisen wollen, vor der Einreise nachweisen müssen, dass sie einfache Kenntnisse der Amtssprache dieses Mitgliedstaats erworben haben.

    Hier wurde eine Regelung zur wirtschaftlichen Niederlassungsfreiheit in einem Assoziierungsabkommen so ausgelegt, dass Sprachauflagen beim Ehegattennachzug gegen die Stillhalteklausel zur Niederlassungsfreiheit von Untenehmen verstossen. TTIP ist ein solches Assoziierungsabkommen. Nun kann man das Urteil in der Sache begrüßen, aber es ist schon heftig, dass die Niederlassungsfreiheit für Unternehmer so breit ausgelegt wird, das in diesem Fall ein Ehepartner ein pauschales Einreiserecht erhält und Integrationsmaßnahmen illegalisiert werden und jede staatliche Flexibilität verloren wird. Daran hat gewiss niemand 1970 gedacht. Wenn das schon bei solchen Sachen entschieden wird, welche Fallstricke gibt es dann erst bei TTIP, wo es nicht um einfach Menschen sondern ganz harte wirtschaftliche Interessen geht. Mit dem Urteil des EUGH verliert Deutschland aufgrund eines „Assoziierungsabkommen“ seine Souveränität die Einreise von Bürgern dieses betreffenden Staates zu gestalten. So entkernt der Staat seine Legislativkompetenz durch Stillhalteregeln in Abkommen und macht seine Demokratie wirkungslos.

    • Bei dem grundsätzlichen Problem stimme ich Ihnen zu, das Beispiel empfinde ich aber als nicht besonders passend. Es gibt sicher bessere.

  6. Danke für eure unermüdliche Arbeit gegen diesen Irrsinn vonn TTIP, TISA und Konsorten. Dass wir gerade der Abwicklung der demokratischen Staatsform beiwohnen ist unübersehbar. Mal sehen wann bei uns die Kommandos zur Bekämpfung „kommunistischer Umtriebe“ die ersten Säuberungen durchführen. Dass verblendete Machtmenschen auch vor millionenfachem Mord nicht zurückzucken, konnte man ja in anderen Ländern dieser Welt schon mehrfach beobachten in den vergangenen 60 Jahren. Gods own country über alles, über alles….

    • Die EU schließt Handelsabkommen ab mit Ländern, in denen Gewerkschafter ermordet werden (Kolumbien), das ja. Aber unsere Verhältnisse hier unterscheiden sich von denen dort doch sehr. Und damit das so bleibt und nicht eintritt, was Sie hier an die Wand malen wehren wir uns. Ich denke wir sind stark genug, um TTIP und andere Abkommen zu verhindern.

    • Liebe Frau Strasser,

      haben Sie noch Fleyer zum TTIP, welche sich für eine Briefkasten-Einwurfaktion eignen?

      Liebe Grüße
      Hans-Peter

    • Lieber Hans-Peter, Flyer und ähnliches wird es voraussichtlich im Herbst geben, wenn die Unterschriftensammlung für die Europäische Bürgerinitiative startet.

  7. Dieses Freihandelsabkommen muss verhindert werden, weil sonst den illegalen Machenschaften Tür und Tor geöffnet wird.

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