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CETA-Leak: Winkt Gabriel die Paralleljustiz für Konzerne durch?

Ein vertraulicher Bericht, der Campact vorliegt, offenbart: Sigmar Gabriel schwingt zwar Reden gegen eine Paralleljustiz für Konzerne, ist jedoch drauf und dran diese zu ermöglichen.

Ein Campact vorliegender vertraulicher Bericht der Bundesregierung offenbart: Sigmar Gabriel schwingt zwar Reden gegen eine Paralleljustiz für Konzerne, ist jedoch drauf und dran diese zu ermöglichen.

So etwas nennt man Chuzpe: Da steht Sigmar Gabriel gestern vor dem deutschen Bundestag. Seine große Rede zum Haushalt des Wirtschaftsministeriums. Er redet vom Freihandel und seinen Chancen. Von „Nachhaltigkeits-, sozialen und ökonomischen Regeln der Globalisierung“. Er betont seine Überzeugung, dass man zwischen zwei entwickelten Rechtssystemen kein Investitionsschutzabkommen braucht. Er spricht davon wie wichtig Transparenz ist und brüstet sich mit dem TTIP-Beirat, den das Wirtschaftsministerium eingerichtet hat.

Doch während Gabriel in Berlin lyrische Reden von Nachhaltigkeit und Transparenz schwingt, bereiten seine Beamten den Durchmarsch des Handels- und Investitionsabkommens CETA zwischen EU und Kanada vor. Campact liegt ein vertraulicher Bericht vor, der von Gabriels Beamten nach der Sitzung des handelspolitischen Ausschusses der EU-Mitgliedsstaaten am vergangenen Freitag verfasst wurde.

Gabriels Beamte loben die Arbeit der Kommission. „Grundsätzlich sei das erzielte Ergebnis positiv zu bewerten“. Sie äussern keine grundsätzliche Vorbehalte am Investitionsschutz, sondern kritisieren sicherlich wichtige, aber eben Einzelheiten seiner Ausgestaltung. Gibt Gabriel den Weg frei für ein Abkommen, das weit entfernt ist, „Nachhaltigkeitsregeln der Globalisierung“ zu definieren?

Die umstrittenen Investitionsschutzklauseln (ISDS), die Gabriel doch für unnötig hält: Sie sind weiterhin im Entwurf des CETA-Abkommens enthalten. Die angekündigte Abzeichnung (Paraphierung) von CETA beim EU-Kanada-Gipfel am 26. September ist nun nicht mehr vorgesehen. Es würde Gabriel jetzt nicht wirklich etwas kosten, wenn er Nachverhandlungsbedarf anmeldet. Doch Gabriel legt sich nicht quer, obwohl dies als „rote Linie“ des SPD gilt.

CETA wird weithin als Blaupause für das bekanntere TTIP-Abkommen mit den USA gesehen. Es wurde 5 Jahre im Geheimen, ohne jegliche Transparenz, verhandelt. Wie will Gabriel die Paralleljustiz für Konzerne (ISDS) bei TTIP verhindern, wenn er sie jetzt bei CETA durchwinkt? CETA ermöglicht „TTIP durch die Hintertür“, denn es wird US-Konzernen mit Niederlassungen in Kanada den Weg zu Schiedstribunalen eröffnen. Es schränkt die Handlungsspielräume von Bundesländern und Kommunen massiv ein, z.B. bei sozialen und Tariftreue-Kriterien öffentlicher Beschaffung. Es öffnet den Weg für umweltzerstörendes Teersandöl auf die europäischen Märkte. Und sichert die Milliarden-Investitionen der Ölkonzerne in Teersände ab gegen Klimapolitik. CETA ist eine „Investoren-Waffe gegen die Demokratie“.

Sehen so Gabriels Nachhaltigkeitsregeln der Globalisierung aus?

Nun will die EU-Kommission den Sack zubinden. Doch bis heute hat die Öffentlichkeit nicht offiziell, sondern nur dank eines Leaks der Tagesschau Kenntnis von einem Abkommen, das tief in die Handlungsspielräume unserer Demokratie, von Bundesländern und Kommunen eingreifen wird.

Transparenz: Fehlanzeige! Demokratie: Fehlanzeige! Nachhaltigkeit: Fehlanzeige!

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Wird Gabriel damit durchkommen? Von Nachhaltigkeit und Transparenz reden, aber eine Paralleljustiz für Konzerne ermöglichen?

Es wird nicht zuletzt auf die SPD ankommen. Der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europaparlament ist der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. Er hat ein Papier „sozialdemokratische Positionen“ zu CETA veröffentlicht, in dem es klar als SPD-Position heisst: “ ISDS muss aus diesem Vertrag heraus.“ Auch die früherer SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin hält CETA „in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig„.

Am 20. September hält die SPD ihren Parteikonvent im Willy-Brandt-Haus in Berlin ab. TTIP und CETA stehen nicht auf der Agenda. Doch Thema sind 25 Jahre friedliche Revolution: Motto „Demokratie muss erkämpft werden“. Wir wollen die SPD vor dem Willy-Brandt-Haus daran erinnern, dass die Demokratie heute mit CETA und TTIP auf dem Spiel steht. Wollen Sie dabei sein? Dann unterzeichnen Sie unseren Appell zu CETA! Wir werden die Berliner Unterzeichner über Einzelheiten dieser Aktion informieren, und alle anderen zum europaweiten Aktionstag am 11. Oktober mobilisieren.

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

9 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Es ist schrecklich wie hier die Demokratie zerstört wird.
    Demokratie heist Herrschaft des Volkes
    also müssen die Bürger die Vorgabe für Gesetze machen
    die Politiker müssen den Willen des Volkes umsetzen.
    Die Wirtschaft hat sich nach diesen Gesetzen zu richten.

    Konzerne dürfen keine Eigenen Gesetze machen

    Deratige pseudo Schiedsgerichte darf es auf keinen Fall geben.

    Wir treiben regen Handel mit dem Ausland, wir brauchen diese sogenannte Freihandelsabkommen wie CETA TTiP nicht.

    Politiker die solche Freihandesabkommen befürworten bringen uns in eine unmenschliche korrupte Konzerndiktatur.

    Geschützt werden muss die Soziale Gerechtigkeit nicht der Konzernprofit.

  2. 🙁 Diese Nachricht macht mich wütend aber auch traurig. ISDS „durch zu winken“ wäre eine Katastrophe.
    Es ist schwer zu glauben, dass unsere Politiker nicht sehen, wie diese Paralleljustiz für Konzerne die eigene Regierungsfähigkeit drohen wird!

    Es geht nicht nur um US-Konzerne, die europäische Standards durch Schiedsgerichte umgehen wollen, sondern möglicherweise auch um deutsche Konzerne, die (nachdem sie eine Niederlassung im Ausland gegründet haben) auch ISDS-Klagen gegen Deutschland führen könnten – und mit dem selben Ziel!

    Um überhaupt mitregieren zu können, müsste die SPD erhebliche Verrenkungen nach rechts vollbringen. Leider scheint diese Tendenz sich noch weiter zu entwickeln.

    • Noch ist die Auseinandersetzung nicht verloren. Zum einen laufen die Verhandlungen zwischen EU-Kommission und Mitgliedsstaaten noch. Zum anderen wird selbst nach Abschluss der Verhandlungen die Ratifikation im Europaparlament erforderlich. Und danach wird zumindest nach dem klaren Willen der Bundesregierung der Bundestag und auch der Bundesrat das Abkommen ratifizieren müssen. Daher: dranbleiben! Wer unsere Appelle zu CETA und TTIP unterzeichnet hat, wird informiert wenn in seiner Region eine Aktion stattfindet.

  3. Eine Schweinerei wie hier mit unseren Rechtrn umgegangrn wird. Was können wir tun? Eine Demonstration in Berlin und vor dem Europaparlament ist angebracht.

    • Am 11. Oktober ist europaweiter Aktionstag gegen TTIP und CETA. Haben Sie schon unterschrieben gegen TTIP und CETA? Die Links finden Sie am Ende des Beitrags. Wir werden Sie informieren, wie Sie auch in Ihrer Stadt etwas gegen TTIP und CETA tun können!

    • Am 20. September werden wir eine Aktion vor dem Parteikonvent der SPD machen. In der SPD gibt es deutliche Stimmen (im Blogbeitrag verlinkt), die sich gegen TTIP und CETA aussprechen. Wir wollen die SPD freundlich, aber entschieden für eine Ablehnung von TTIP und CETA gewinnen. Haben Sie schon unterschrieben gegen TTIP und CETA? Die Links finden Sie am Ende des Beitrags. Wir werden Sie informieren, wie Sie auch in Ihrer Stadt etwas gegen TTIP und CETA tun können!

    • Das kann man so pauschal nicht stehen lassen.
      Zahlreiche Sozialdemokraten sind aktive Fördermitglieder von NGO’s, die sich in der EBI gegen TTIP / CETA engagieren; ich z.B. bei CAMPACT und der Umweltorganisation München. Mein Ortsverein hat einen offenen Brief an S. Gabriel geschrieben, in dem er unter Verweis auf die fehlende Transparenz im CETA- Verfahren sowie auf die im Vertrag fixierten Klauseln zu ISDS die Bundesregierung auffordert, CETA solle am 25./ 26.9. 14 nicht paraphiert werden- was ja nun (hoffentlich?) tatsächlich auch nicht geschehen wird. Weitere überaus kritische sozialdemokratische Stimmen zum vorliegenden Vertrag CETA (Bernd Lange, Herta Däubler-Gmelin) sind in diesem Artikel ja erwähnt; man könnte noch eine ganze Reihe hinzufügen. Auf dem im Artikel erwähnten SPD- Parteikonvent am 20.9.14 liegen vier diesbezügliche Anträge zur Abstimmung an. (THA-13,…17;
      http://www.spd.de/scalableImageBlob/123428/data/20140911_antragsbuch_konvent-data.pdf ).
      Als ein Beispiel für weitere gleichartige SPD- Initiativen auf lokaler Ebene mochte ich auch auf einen von der SPD- Stadtratsfraktion eingebrachten Stadtratsbeschluss gegen CETA / TTIP in Magdeburg verweisen: (http://ratsinfo.magdeburg.de/vo0050.asp?__kvonr=220207&search=1)

      Allerdings: wie entscheidet die SPD letztendlich?
      Auch ich will lieber keine Prognose abgeben…

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