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Der NSA-Untersuchungsausschuss hat von allen Fraktionen im Bundestag den Auftrag bekommen, Ausmaß und Hintergründe der Überwachung durch Geheimdienste aufzuklären. Doch nun tappen die acht Mitglieder des Ausschusses im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln: Viele Dokumente, die sie bei Bundesregierung, Ministerien und Geheimdiensten anforderten, wurden so stark geschwärzt, dass man wirklich nichts erkennen kann.

Rund 1000 Aktenordner haben die Mitglieder des Ausschusses erhalten. Viele tragen den Stempel „Geheim“ oder „Streng Geheim“. Es war zu erwarten, dass viele Dokumente von den Verantwortlichen geschwärzt werden, um Informationen vor den Ausschuss-Mitgliedern zu verbergen. Mit dem Ausmaß dieser Schwarzstift-Orgie sind jedoch alle Mitglieder des Ausschusses von allen Fraktionen nicht einverstanden – und es ist wahrlich selten, dass die sich mal alle einig sind. Sie sehen ihre Arbeit behindert.

Insbesondere Stellen in denen ausländische Geheimdienste vorkommen, wurden laut der Abgeordneten unleserlich gemacht. Dabei ist die Aufgabe des Ausschusses doch genau die Aufklärung dieses Geflechts zwischen deutschen und ausländischen Geheimdiensten. Sogar Dokumente aus öffentlichen Quellen sind geschwärzt worden, bevor sie an die Abgeordneten übergeben wurden. Das passierte zum Beispiel mit dem Transparenz-Bericht von Microsoft.

Es steht viel auf dem Spiel: Der Ausschuss soll vor allem die Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Geheimdiensten bei den illegalen Überwachungsprogrammen aufklären. In welchem Ausmaß wurden illegale Methoden von den deutschen Diensten eingesetzt? Wer wusste von der Massenüberwachung? Was für illegale Überwachungs-Programme laufen, an denen deutsche Dienste beteiligt waren – oder von denen sie wussten? Diese Fragen sind auch ein Jahr nach den Enthüllungen von Snowden noch immer nicht geklärt. Die Bundesregierung versucht weiterhin das Ganze auszusitzen.

Doch nicht nur die Zensur der wichtigen geheimen Dokumente behindert die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses: Als im Sommer bekannt wurde, dass das Handy des Ausschuss-Mitglieds Kiesewetter (CDU) abgehört worden sein könnte, überlegte der Vorsitzende des Ausschusses sogar auf Schreibmaschinen umzusteigen. So groß schätzte er die Gefahr durch Geheimdienste ein. Die Bundesregierung versucht außerdem weiterhin beharrlich zu verhindern, dass Snowden als Zeuge nach Deutschland eingeladen wird, um vor dem Ausschuss auszusagen.

Die Arbeit, die der NSA-Untersuchungsausschuss leistet ist wichtig und unverzichtbar. Die flächendeckende Überwachung gefährdet unsere Demokratie und verstößt gegen die Menschenrechte. Es sollte für die Bundesregierung selbstverständlich sein, die Aufklärung zu unterstützen. Doch wer Snowden nicht einmal befragt, hat wohl Angst davor, was er dann sagt.

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Autor*innen

Katharina Nocun ist studierte Ökonomin und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der technologischen Revolution auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie engagiert sich in der digitalen Bürgerrechtsbewegung für eine lebenswerte vernetzte Welt. Sie war 2013 Politische Geschäftsführerin und Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland und arbeitete als Referentin und Campaignerin u.a. für den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Campact e.V. und Wikimedia Deutschland e.V.. Katharina Nocun ist Botschafterin für die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Mitglied im Beirat des Whistleblower-Netzwerks und bloggt regelmäßig unter www.kattascha.de. Folge Katharina auf Twitter: @kattascha Alle Beiträge

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