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Und was, wenn Fracking unbedenklich ist? Ein Gedankenexperiment

Nehmen wir einmal an, das Hauptargument der Fracking-Freunde träfe zu: Die Risiken von Fracking wären beherrschbar. Nicht, dass die Annahme plausibel wäre – aber nur mal so zum Spaß. Vor einiger Zeit gab es ja zum Beispiel diesen Beitrag bei ARD-Panorama, der ziemlich Wellen geschlagen hat. Tun wir einfach mal so, als hätten die Menschen, […]

Nehmen wir einmal an, das Hauptargument der Fracking-Freunde träfe zu: Die Risiken von Fracking wären beherrschbar. Nicht, dass die Annahme plausibel wäre – aber nur mal so zum Spaß. Vor einiger Zeit gab es ja zum Beispiel diesen Beitrag bei ARD-Panorama, der ziemlich Wellen geschlagen hat. Tun wir einfach mal so, als hätten die Menschen, die dort zu Wort gekommen sind, einfach Recht. Stellen wir uns also vor, Fracking wäre keine Risiko-Technologie – und für das Trinkwasser unbedenklich. Ein kleines Gedankenexperiment, das sich lohnt, geteilt zu werden – versprochen! 😉

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Fracking Gedankenexperiment

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Das wissen wir aus dem Chemieunterricht: Vor dem Experiment muss man Ordnung machen, sonst wird der Versuchsaufbau gestört! Wischen wir also erstmal die kleinen Bedenken vom Tisch; zum Beispiel die Studie aus den USA, dass Bohrlöcher oft undicht sind, und daher Methan in Trinkwasser gelangen kann; oder die Berichte über doppelt so hohe Krebsraten im Kreis Rotenburg, wo Erdgas gefördert wird. Ah, da hinten liegt ja auch noch der Zeitungsartikel über die hohe Quecksilberbelastung an einem Bohrloch in der Lüneburger Heide, schnell weg damit. Von der Erdbebengefahr will ich nichts mehr hören!

Es ist für unser Experiment sehr hilfreich, dass in Deutschland schon seit den 60er Jahren gefrackt wird – die Umweltfolgen aber nie systematisch untersucht worden sind. Da muss man gar nicht erst so viel Einwände vom Tisch wischen, sondern kann gleich die Phantasie unbeschränkt spielen lassen.

Gut, alles vorbereitet. Jetzt zum Versuchsaufbau. Da fängt es schon an. Wo sollen wir unseren kleinen Bohrturm denn aufstellen? Hmm, Deutschland ist ganz schön dicht besiedelt, fällt einem da auf. Wird ganz schön eng, wenn dicht an dicht eine Bohrung nach der anderen gemacht wird. Schon ein wenig ungünstig, der Flächenverbrauch beim Fracking. Aber gut, jetzt mal theoretisch betrachtet wäre das natürlich trotzdem möglich.

Also, mal schauen, wo gibt es denn aussichtsreiche Vorkommen…? Ah, da gibt es doch diese Studie von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) – richtig, dass war der Fracking-Laden, wo Exxon, RWE und Wintershall im Kuratorium sitzen. Und diese Studie bescheinigt Deutschland große unkonventionelle Erdgas-Vorkommen. Tja gut, aber das Problem ist doch, dass die Konzerne damit ja auch Geld verdienen wollen. Dafür müssen wir erstmal wissen, welche Vorkommen man auch wirtschaftlich fracken kann. Nochmal schnell bei der BGR nachgeschaut…oh, die Wirtschaftlichkeit haben die gar nicht betrachtet – insofern noch völlig unklar, ob und wieviel davon gefördert werden kann.

Super! Endlich ein Anlass für eine schöne Probebohrung. Das muss man doch nur mal testen. Und Gabriel und Hendricks haben ja gesagt, Fracking zur Forschung soll erlaubt bleiben – hatten wir ja am Anfang gesagt, ist nicht gefährlich. Oh… habe kurz überschlagen, das wird nicht billig. So eine Probebohrung kostet ganz schön Geld! Zweistellige Millionenbeträge kommen da pro Bohrloch leicht zusammen. Dafür könnte man ganz schön viele Häuser bauen mit Wärmedämmung… ach egal, ich komme vom Thema ab! Vielleicht gibt auch das Forschungsministerium ein bisschen dazu. Habe gerade gehört, dass Exxon da neulich auch mal angefragt hat.

Wie auch immer, angenommen, wir finden da ein paar auskömmliche und wirtschaftlich förderbare Vorkommen. Jetzt geht es also los mit dem Fracking. Kann es kaum erwarten, bis das Gas strömt … Was, so lange soll das dauern? Mehrere Jahre, selbst wenn wir sofort loslegen, und dann sprudelt das Gas auch nur so langsam… Achso, dann steht das ganze schöne Fracking-Gas gar nicht jetzt zur Verfügung, wo wir uns doch so gerne von russischen Gas-Importen unabhängig machen wollen?

Puh, und warum ist das denn auf einmal so warm hier? Am Klimawandel kann das ja nicht liegen, auch diese Kleinigkeit haben wir ja vorher wegdefiniert. Nicht, dass am Ende noch einer auf die Idee kommt, Fracking würde die Atmosphäre überheizen.

OK, , dann brauchen wir halt Geduld. Bald haben wir dann wenigstens richtig viel Gas, damit wir es uns schön mollig warm machen können zu Hause. Aber was mach ich mit meinem Kumpel Oettinger, dem ehemaligen EU-Energiekommissar, der gesagt hat, dass auch auf lange Sicht Fracking den europäischen Gasbedarf nur zum kleinen Teil wird decken können. Ach ja, und da hinten steht ja auch noch die Studie vom Fraunhofer-Institut, dass wir mit Energiesparen und einer forcierten Energiewende eh günstiger und schneller Erdgasimporte ersetzen als mit Fracking – Mist, die wollte ich doch eigentlich schon länger wegwerfen.

Egal, also, wo war ich… Nehmen wir mal an, Fracking wäre für das Trinkwasser nicht gefährlich… Ähm, wofür brauchten wir Fracking nochmal?

Fracking ist eine Gefahr für das Trinkwasser. Doch selbst wenn wir uns das wegwünschen: Flächenverbrauch, Unwirtschaftlichkeit, geringe Vorkommen, Klimaschäden – es bleiben genug Gründe, die Technologie abzulehnen. Fracking verlängert die fossile Sackgasse ein kleines Stück – hat mit Energiewende aber nichts zu tun.

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Autor*innen

Dr. Chris Methmann ist Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. Vorher hat er bei Campact Kampagnen geleitet. Als langjähriger Aktivist und Campaigner in der Klimabewegung streitet er für ein Ernährungssystem, das die Grenzen unseres Planeten endlich respektiert – und setzt sich dafür ein, dass nur ehrliches, gesundes und zukunftsfähiges Essen auf unseren Tellern landet. Alle Beiträge

40 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Mit welchem Strom wurde dieser Artikel wohl geschrieben? Mit Kohlestrom, der die Luft verpestet, das Klima wandelt und ganze Dörfer auslöscht? Oder mit Atomstrom, der das Böse an sich darszellt und uns auf Jahrhunderte hinaus verstrahlt? Oder mit Gasstrom, der ja anscheinend Krebs auslöst? Oder mit Ölstrom, der die Meeresspiegel steigen und Wüsten wachsen lässt? Oder mit Windstrom, der Fledermäuse abmurkst, Wale in die Irre und Anwohner in den Wahnsinn treibt? Oder mit Solarstrom, der hochgiftige Altlasten zurücklassen wird und hochgradig ineffizient ist. Oder mit Wasserstrom, der ganze Ökosysteme zerstört und den Wasserhaushalt ins Ungleichgewicht bringt?
    Oder mit… hm…bliebe an sich nur doch die Tretmühle. So wird es sein. Denn der Autor ist ja sicher kein Umweltgangster oder unterstützt gar die diabolischen Stromkonzerne. Hihi , ich stelle mir gerade den Herrn Methman auf nem alten Hometrainer mit Keilriemen zum Dymamo vor, während er seine Texte tippt. Deswegen ist er also so schlank.

    • Auch wenn das hier eigentlich nichts zur Sache tut: Ich betreibe meinen Computer mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien von der EWS Schönau – und ich stehe dazu 😉 Wer ein Haar in der Suppe sucht, wird es finden. Aber das Erneuerbare besser als fossile sind, erschließt sich irgendwie von selbst, finde ich.

    • Wir betreiben ab nächstem Jahr sogar unser gesamtes Haus mit grüner Energie. Das ist gar nicht mal teurer als andere.

  2. Eine sachliche und verständliche Faktendarstellung wäre hilfreicher. Vielleicht findet dann das Gedankenexperiment für den statt, welcher sich mit diesem Thema frisch auseinander setzt. Für wohl Informierte mag der Artikel ja recht witzig sein, sieht man ja an den Kommentaren.
    Die Überschrift weckt Interesse, verspricht aber mehr als der Inhalt hergibt.

  3. Pingback: Fracking |
  4. Ich war 2012 mehrere Monate in einer grossen Förderregion in den USA (North Dakota) wo täglich mit fracking neue Quellen erschlossen wurden. Abends in der Kneipe konnte ich dort von den Ölarbeitern beim Bier viele Insiderinfos bekommen. Es wurde alle paar Tage berichtet, dass beim fracken wieder mal das „casing“ (Betonhülle um das Bohrloch) „gecracked“ wurde. Es passiert also ständig, dass der schützende Betonmantel um das Bohrloch beim Einpumpen des Sand-/Wasser-/Lösungsmittelgemisches durch den hohen Druck gesprengt wird. Dann drücken innerhalb kürzester Zeit grosse Mengen der Frackingflüssigkeit in das umliegende Erdreich und die Brühe kann sich in grundwassernahen Schichten verteilen. Bis das bemerkt, das Fracken unterbrochen und der Schutzmantel ausgebessert wird, ist die Kontaminierung um die Leckstelle natürlich schon weit fortgeschritten. Ausbesserungen macht man sowieso nur bei grossen Verlusten (weil teuer), „kleine“ Leckagen ignoriert man. Die Verschmutzung lässt sich dann auch nicht mehr beheben – Kolatteralschaden… Wie eigentlich immer bei komplexen Technologien geht auch beim fracken in der Realität viel schief. Selbst wenn es in der Theorie eine ziemlich sichere Sache sein mag – in der Praxis ist es eine gefährliche Schweinerei und jeder aus der Branche weiß das genau.

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