Auf der Anklagebank: 1,4 Milliarden Euro Schadensersatz für den Atomausstieg
Der Energiekonzern Vattenfall verklagt Hamburg vor einem geheimen Gremium aus Wirtschaftsanwälten und lockert damit Umweltauflagen. Was dahinter steckt und wie es dazu kommen konnte, erklärt der Experte Jürgen Knirsch von Greenpeace im Interview.
Der Energiekonzern Vattenfall verklagt den deutschen Staat vor einem geheimen Gremium aus Wirtschaftsanwälten und lockert damit Umweltauflagen. Was dahinter steckt und wie es dazu kommen konnte, erklärt der Experte Jürgen Knirsch von Greenpeace im Interview.
Lange bekannt und im Zusammenhang mit den Handelsabkommen TTIP und CETA viel diskutiert: die privaten Schiedsgerichte. Investoren sollen Staaten vor privaten Schiedsgerichten verklagen können, wenn sie ihre Gewinnaussichten durch demokratische Beschlüsse oder durch Urteile unabhängiger Richter beeinträchtigt sehen. In diesen überwiegend geheimen Schiedsverfahren stellen konzernnahe Anwaltsfirmen zugleich Richter, Kläger und Verteidiger. Berufung ist nicht möglich.
Konzerne klagen – die Steuerzahler zahlen
Auf eine solche Investitionsschutzklausel in einem anderen Abkommen berief sich Vattenfall – und verklagte Deutschland auf 1,4 Milliarden Euro Schadensersatz für Gewässerschutz-Auflagen beim Bau des Kohlekraftwerks Moorburg. Diese Klage wurde durch „Vergleich“ entschieden: Vattenfall wurde die lästigen Auflagen los.
In einer zweiten Klage verklagt Vattenfall die deutschen Steuerzahler sogar auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz für den Atomausstieg. Diese Klage ist noch nicht entschieden. Wie Vattenfall auf die gigantischen Summen kommt bleibt ein Geheimnis – denn die Klageschriften beider Verfahren sind für die Öffentlichkeit nicht einsehbar.
Privaten Schiedsgremien eine klare Absage erteilen
Der Fall Vattenfall kann mit TTIP und CETA zur bitteren Normalität werden. Deshalb: Unterzeichnen Sie hier die europaweite Bürgerinitiative gegen TTIP & CETA – nur mit einer starken Bürgerbewegung können wir die Abkommen stoppen!
Zur Person
Jürgen Knirsch arbeitet bei Greenpeace und ist Handels-Experte. Er setzt sich vor allem mit den Auswirkungen von Schiedsgerichtsverfahren auf Umwelt- und Verbraucherstandards auseinander.
Uns ist leider ein Fehler unterlaufen und wir haben ihn im Beitrag korrigiert: Es handelt sich um eine Schadensersatzsumme von 1,4 Milliarden Euro haben wir gerade erfahren. Entschuldigt bitte und seid Euch gewiss: uns ist die journalistische Qualität und Faktentreue unserer Blogbeiträge sehr wichtig.
Ich unterschreibe beileibe nicht alles, was von Greenpeace kommuniziert wird, aber die geheimen Schiedsverfahren sind ein echtes Ärgernis!