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Dieser 27-jährige bringt Facebook in Erklärungsnot

Max Schrems will es wissen: Was speichert Facebook über seine Nutzer? Und ist das überhaupt alles rechtens? Wir haben mit dem 27jährigen Juristen über seine Klage gegen den Konzern gesprochen.

Max Schrems will es wissen: Was speichert Facebook über seine Nutzer? Und ist das überhaupt alles rechtens? Wir haben mit dem 27-jährigen Juristen über seine Klage gegen den Konzern und seine nächsten Pläne gesprochen.

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Seit 2011 klagen Sie gegen Facebook. Mehr als 25.000 Menschen haben sich Ihrer Klage angeschlossen. Worum geht es in Ihrer Klage?

Max Schrems: Im Kern geht es darum, dass Facebook sich an die EU-Gesetze hält. Leider ist das derzeit eher Mangelware bei US-IT-Unternehmen. Die sehen EU-Grundrechte bisher eher als „süßen Vorschlag“ aber haben nicht wirklich eine Motivation sich daran zu halten. Konkret geht es bei Facebook z.B. um vollkommen unklare und ungültige Datenschutzrichtlinien, die Weitergabe der Daten an die NSA oder das Verfolgen von Nutzern auf anderen Webseiten.

Viele Nutzer sind unzufrieden mit dem Umgang von Facebook mit Nutzerdaten. Was war für Sie der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte? Gab es für Sie ein einschneidendes Erlebnis, bei dem Sie beschlossen haben “Jetzt muss ich klagen”?

Max Schrems: Nicht wirklich. Ich habe zuerst ein paar Beschwerden bei der zuständigen Datenschutzbehörde in Irland eingebracht. Diese Behörde tut aber nichts. Das ist ein Grundproblem beim Datenschutz in Europa: Aus Steuergründen sitzen die US-Konzerne fast alle in Luxemburg und Irland und beide Länder sind damit auch für den Datenschutz zuständig – und haben nur mäßiges Interesse hier sehr aktiv zu sein. Weil das in Irland eher aussichtslos war, hab ich dann eine Klage in Wien eingebracht.

Derzeit wird in der EU über neue Regeln zum Datenschutz verhandelt. Kann das Ergebnis Einfluss auf Ihren Streit mit Facebook haben?

Max Schrems: Ja – einen sehr großen. Wir brauchen endlich ordentliche Strafen und ordentliche Durchsetzung. Gleichzeitig müssen auch die Gesetze so klar und übersichtlich werden, dass jene Unternehmen die sich an die Gesetze halten wollen, wissen was sie zu tun haben – aber auch jene die das nicht wollen schnell und effektiv zur Verantwortung gezogen werden können. Derzeit versucht die Industrie leider hunderte kleine und große Löcher in die Datenschutzreform zu bohren, was dazu führen könnte, dass es weiter in den einzelnen EU-Staaten extreme Durchsetzungsunterschiede gibt bzw. die Gesetze überhaupt nicht mehr durchsetzbar sind.

Auf der Seite “Lobbyplag.eu” haben Aktivisten in mühevoller Kleinstarbeit Beweise dafür zusammengetragen, wie groß der Lobby-Einfluss bei den Verhandlungen zur EU-Datenschutzreform ist. Was war für Sie der krasseste Fall?

Max Schrems: Es gibt nicht wirklich den „einen Fall“. Die Strategie ist ganz anders: Durch hunderte kleine „Nadelstiche“ versucht man einfach so viele Löcher ins Gesetz zu bekommen, dass am Ende für die Industrie immer irgendein Ausweg bereitsteht.

Gehen wir einmal davon aus, dass sich die Lobbyisten nicht durchsetzen: Was würde sich positiv für einen Facebook-Nutzer ändern?

Max Schrems: Das wichtigste wären die Strafen und die Möglichkeit der internationalen Durchsetzung. Damit gäbe es endlich ernsthafte Konsequenzen für Datenschutzverletzungen und Facebook könnte sich nicht mehr in Irland verstecken.

Und nun drehen wir den Spieß einmal um: Stellen wir uns einmal vor, die Lobbyisten setzen sich in Brüssel durch – was bedeutet das für die Facebook-Nutzer? Was sind die größten Gefahren, die Sie sehen?

Max Schrems: Facebook tut jetzt schon was es will. Mit der sehr rasanten technischen Entwicklung wären wir vollkommen transparent. Alle möglichen Daten – egal für welchen Zweck diese gesammelt wurden – könnten z.B. verknüpft werden und fast alle Regeln hätten Ausnahmen, die Facebook im Einzelfall dem Nutzer entgegenhalten könnte. Am Ende wäre das dann ein Nudelsieb, bei dem sich die Frage stellt, warum man das Grundrecht auf Datenschutz nicht gleich abschafft anstatt es mit 1.000 Hintertüren praktisch bedeutungslos zu machen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Autor*innen

Katharina Nocun ist studierte Ökonomin und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der technologischen Revolution auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie engagiert sich in der digitalen Bürgerrechtsbewegung für eine lebenswerte vernetzte Welt. Sie war 2013 Politische Geschäftsführerin und Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland und arbeitete als Referentin und Campaignerin u.a. für den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Campact e.V. und Wikimedia Deutschland e.V.. Katharina Nocun ist Botschafterin für die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Mitglied im Beirat des Whistleblower-Netzwerks und bloggt regelmäßig unter www.kattascha.de. Folge Katharina auf Twitter: @kattascha Alle Beiträge

8 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Liebe Katharina
    Diese Logik verstehe ich nun überhaupt nicht. Alle jammern, wie furchtbar der
    Datenmissbrauch ist.
    F… ist nicht alternativlos. Es gibt Mails und sms und Handys, an denen man ja schon den ganzen Tag rumtippt. Warum muss ich mich digital entblößen? Es gab sogar in alten Zeiten mal ein „Fernmeldegeheimnis“! Heute posten sie in die ganze Welt, dass die Kartoffeln gar sind.
    Wenn jetzt alle komasaufen, wird das dann auch zum Gruppenzwang? Nach dem Motto:
    100 Milliarden Fliegen können nicht irren, esst mehr Sch…….

  2. Ich finde f… so überflüssig , dass ich nicht mal diesen Namen schreiben möchte.
    Wer da seine Daten (und ach so tollen Bilder) hinschickt, der muss auch bestraft (transparent) werden!
    Denn obendrein finanziert man damit einen Steuerhinterzieher (in Millionenhöhe)!
    Alte Bauernregel:
    Wenns nix kostet, bist Du die Ware!!!

    • Hallo Harald,

      derzeit hat Facebook ein Quasi-Monopol als soziales Netzwerk. Man geht nicht zu Facebook, weil es so tolle Dienste bietet, sondern weil alle anderen da sind. Nicht jeder kann wirklich frei entscheiden dort mitzumachen oder nicht – Jugendliche stehen beispielsweise unter immensem Gruppendruck in der Schule, etc.. Daher ist es wichtig bessere allgemein verbindliche Standards für solche Unternehmen wie Facebook durchzusetzen, damit Konzerne mit einer marktbeherschenden Stellung nicht mehr auf Kosten unserer Privatsphäre ihre Marktmacht ausnutzen können.

      Beste Grüße,

      Katta

  3. Bei Facebook kann ich das Problem beim Datenschutz nicht so recht verstehen.
    Es ist doch niemand gezwungen seine Daten dort einzugeben. Und wenn man sich durch andere so sehr genötigt fühlt, kann man immer noch den 98-jährigen Hermann Müller aus der Musterstraße 1, 12345 Hintertupfingen spielen. Wo ist das Problem?

    • So, das können Sie also nicht verstehen? Ist schon ok, dass facebook sich nicht an bestehende Gesetze halten muss, ich brauch ja einfach nur unter falschem Namen zu agieren. Ist ja auch ok, Sie und Ihre Frau aus dem Garten heraus beim Duschen zu fotographieren, bekleben Sie doch einfach Ihre Scheibe mit Folie.

    • Manchmal fragt man sich schon wie naiv muss man sein, irgendwelche Daten preiszugeben. In dem Filmbeitrag wurde gesagt und gezeigt wie man Daten abfischt.
      Das sollte uns zu Denken geben, wäre Facebook vor 30 Jahren entwickelt worden die Stasi wäre hocherfreut gewesen.
      Ein altes Sprichwort sagt: Ein geprochenes Wort kann man nicht mehr zurückholen, ein geschriebenes Wort sei es in Facebook oder in den sozialen Netwerken und auf Blog´s erst recht nicht.
      Daran sollte man immer Denken,

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