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TTIP-Leaks: 2 Enthüllungen, die zeigen, was die US-Agrarlobby vorhat

Die von Greenpeace vorgestellten TTIP-Papiere haben für Furore gesorgt. Sie zeigen: Europäische Standards im Bereich der Lebensmittel sollen aufgeweicht werden. Ein geleakter Lobbybrief enthüllt nun, wie die US-Agrarlobby Druck macht - und was sie sich von TTIP erwünscht.

TTIP-Leaks: Hormonfleisch, Gentechnik, Pestizide. Grafik: Zitrusblau/Campact [CC BY-ND 2.0]

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Auch wenn uns Sigmar Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel gerne dieses Märchen erzählen: Handelsabkommen wie TTIP und CETA kommen nicht dadurch zustande, dass sich die Verhandlungspartner gemeinsam auf höchste soziale und ökologische Standards einigen. Das ist nicht Gegenstand des Verhandlungsmandats. Die globalen Standards, um die es geht, sind Deregulierungsstandards. Es geht im Kern darum, ökosoziale Standards als „nichttarifäre Handelshemmnisse“ abzubauen.

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Brief von 22 US Senatoren zu Landwirtschaft in TTIP

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Die Wunschliste der Agrarlobby – und eine unverhohlene Drohung

Welche „Handelshemmnisse“ beim Zugang zum europäischen Markt die mächtige US-Agrarlobby gerne beseitigt sehen wollen, macht dieser aktuelle Brief von 22 US-Senatoren an den US-Chefunterhändler Michael Froman deutlich. Da geht es um folgende Fragen:

  • Beseitigung aller Zölle auf Rind-, Schweine- und Hähnchenfleisch, Früchte und Gemüse. Angesichts der sehr viel niedrigeren Tierhaltungsstandards eine Existenzgefährdung für die europäischen Landwirte.
  • Beseitigung der „Handelsbarrieren“ für Hormonfleisch, pestizidbelastete Früchte und Gemüse (in den USA ist ein mehrfaches an Pestiziden erlaubt), und Molkereiprodukte (in den USA wird BST-Hormon verwendet, um die Milchproduktion zu steigern).
  • Weiterhin müsse der Schutz von geographischen Herkunftsbezeichnungen („Thüringer Bratwurst“, „Schwarzwälder Schinken“) als Handelshemmnis beseitigt werden.
  • Schließlich stünden immer noch zahlreiche Genpflanzen zur Zulassung auf der Warteliste – und es sei unabdingbar, „nicht-wissenschaftliche“ Handelsbarrieren (d.h. die Anwendung des Vorsorgeprinzips) zu beseitigen.

Die Senatoren drohen ganz unverhohlen damit, dass ein TTIP-Abkommen ohne eine in ihrem Sinne zufriedenstellende Marktöffnung von Seiten der EU keine Zustimmung im US Senat finden würde.

Tauschhandel im „end game“

Natürlich versprechen uns Sigmar Gabriel und die EU-Kommission nun hoch und heilig, dass niemals irgendeiner der EU-Standards im Bereich der Lebensmittel aufgegeben würde. Aber solch ein Verhandlungsprozess ist wie ein Basar: Da kommt es in der Schlussphase der Verhandlungen, im „end game“, zum großen Tauschhandel. Es wäre naiv anzunehmen, dass sich die US-Agrarlobby und ihre Senatoren nicht doch irgendwo durchsetzen werden. Denn der Druck, den sie ausüben ist massiv.

Ein erster solcher Tauschhandel zeichnet sich schon ab: Die EU schlug bei der letzten Verhandlungsrunde in New York vor, dass die EU bereit wäre, mehr US-Fleisch in den EU-Markt zu lassen, wenn die USA dafür den Schutz von bestimmten geographischen Herkunftsbezeichnungen zugestehen würde.

Geheime TTIP-Papiere enthüllen das Verhandlungskalkül für US-Agrarprodukte

Doch wie die TTIP-Leaks deutlich machen, haben die USA einen anderen Tauschhandel im Sinn: Besseren US-Marktzugang für Autoteile, die in Europa hergestellt wurden, gegen EU-Importerleichterungen für US-Agrarprodukte. Hormonfleisch, Gentechnik & Co. inklusive. Da insbesondere in Deutschland die Automobil-Lobby sehr einflussreich ist, setzen die USA auf diesen mächtigen Hebel, um eine Bresche in die europäischen Schutzbestimmungen für Gesundheit, Tier- und Umweltschutz zu schlagen.

Was bedeutet das für unsere Landwirtschaft?

Wie Schweineproduktion im US-Bundesstaat North Carolina aussieht, zeigt dieses schockierende Video:

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Umwelt- und Tierschutz: Fehlanzeige. Bei freiem Import von Schweinefleisch, das unter solchen Bedingungen produziert wurde, wird die Agrarwende in Deutschland untergraben. Denn die Landwirte in Deutschland werden dann aus dem Markt gedrängt. Sie müssen aufgeben, zerrieben zwischen steigenden Umwelt- und Tierschutzauflagen hierzulande und wachsenden Billigimporten aus den USA. Die Antwort darauf kann nicht ein Verzicht auf die Agrarwende und eine bessere Landwirtschaft sein. Sondern eine regionale Produktion, und freier Handel nur für solche Produkte, die ohne Tierquälerei und Umweltzerstörung produziert werden. Doch mit TTIP und CETA würde dies unmöglich.

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

6 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Erbittet von Allen gewählten Parlamentarier in Eurem Wahlkreis (Bund, Land und Kommunen) um deren Meinung mit entsprechenden Kommentaren zum anstehenden TTIP-Abkommen. Wir wollen doch alle wissen, wer diesen Schwachsinn unterstützt und gegen die Interessen seiner Bürger stimmt. Solche Volksvertreter sind nicht mehr wählbar.

  2. Die Neoliberale Propgandamaschinerie wird weiter voran getrieben. Auf Kosten aller. Zum Nutzen weniger.
    Die ausgerufene Freiheit die uns der Neoliberalismus vorgaukelt bringt nichts außer Elend. Mit welcher Offenheit man die ideale des Freihandelsabkommens vor sich herträgt ist wie das Spiel mit dem Hütchenspieler, das einem die Hoffnung gibt und einem am Ende nichts mehr lässt als den bitteren Gedanken hätte ich doch vorher aufgehört nein hätte ich doch erst garnicht angefangen.

  3. Was nutzt es wenn es millionenmal angesehen wird, aber unsere Regierung nicht reagiert? Sehen Angela Merkel und Siegmar Gabriel das nicht??? Was da auf die Welt zukommt? Auf der einen Seite wird über Menschenrechte gesprochen und auf der anderen Seite werden wir kränker und kränker gemacht.
    Und wer will denn solches Fleisch essen???
    Ich bin dafür, dass auf jeder Packung Fleisch aus solchen Betrieben Fotos von den Tieren in den Ställen abgebildet werden sollen.

  4. Ich möchte dazu ergänzen, dass ich inhaltlich die Bedenken sehrwohl teile. Ich halte es lediglich für extrem ungeschickt, den Textausschnitt wie hier geschenen hervorzuheben.

  5. Dieser „geleakte“ Brief soll skandalös oder entlarvend sein? Das ist ganz normales, alltägliches Business-Gewäsch, Hyperbole, wie es in den USA täglich millionenfach überall verzapft wird. Macht euch bitte nicht lächerlich mit dem Zitieren von Kulturen, die ihr nicht versteht.

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