CETA repariert? – Weit gefehlt! Exxon und Co. können weiterhin EU-Staaten verklagen
Das umstrittene System der privaten Investitions-Schiedsgerichte wurde in CETA überarbeitet und prozedurale Verbesserungen erreicht. Dies heißt jedoch keineswegs, dass die Gefahr von Klagen durch internationale Unternehmen gebannt ist.
Das System der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gibt ausländischen Investoren die Möglichkeit zu klagen, wenn sich die Geschäftsbedingungen im „Gastland“ ihrer Investitionen ändern. Hat eine solche Klage Erfolg, zahlt der beklagte Staat entweder hohe Entschädigungssummen. Oftmals passiert es auch, dass Staaten nach der Androhung von Klagen politische Maßnahmen wieder zurückziehen bzw. auf Eis legen.
Die Liste von konkreten Fällen ist lang und zeigt: Staaten zahlen Unsummen an Unternehmen, nur weil sie beispielsweise umwelt- oder sozialpolitische Maßnahmen treffen. Die Warnung vor der Gefahr durch private Schiedsgerichte ist also keineswegs eine apokalyptische Schwarzmalerei, sondern ein sehr real.
Die überarbeitete Version der Schiedsgerichtsbarkeit in CETA – das sogenannte Investment Court System (ICS) – ändert an dem Prinzip nichts: Unternehmen erhalten Sonderklagerechte, die Staaten und uns Bürger/innen nicht zur Verfügung stehen. Vage Formulierungen lassen es weiterhin zu, dass Unternehmen gegen eine Vielzahl von Maßnahmen klagen können. Das neu hinzugekommene Recht auf Regulierung ist vage formuliert und auf “legitime politische Ziele” begrenzt. Was im Einzelfall legitim ist und was nicht entscheiden am Ende die Schiedsrichter/innen.
Mit CETA werden auch verschiedene US-Unternehmen, die in Kanada eine Niederlassung haben, die Möglichkeit bekommen EU-Staaten zu verklagen. Zwar sind laut CETA-Vertrag Briefkastenfirmen davon ausgenommen, nicht aber Tochtergesellschaften wie beispielsweise ExxonMobil Canada.
Klagen gegen Fracking-Regulierung werden dann möglich, wenn ein Unternehmen bereits Investitionen in der EU getätigt hat und ein EU-Staat beispielsweise ein Frackingmoratorium erlässt. Das viel zitierte Beispiel ist die Klage Lone Pine Resources Inc. Gegen Kanada wegen eines Fracking Moratoriums der Provinz Quebec. Klagen gegen Gentechnik sind analog dazu möglich, wenn ein internationaler Konzern bereits im Gentechnik-Geschäft aktiv ist und ein EU-Staat die Regeln verschärfen bzw. den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verbieten will.
Frage zum Vergleich; Wodurch hat ein inländischer Landwirt Schutz seiner Investitionen, wenn der Staat oder ein Nicht-EU-Nachbarstaat abrupt Gentechnik zulässt und dadurch der Verursacher einer Genverunreinigung beim Landwirt nicht mehr erkennbar ist? Wieviele Instanzen hat der Rechtsweg? Ist das faires unternehmerisches Risiko?
Investitionsschutz ist eine logisch nicht zu rechtfertigende Konstruktion der Wirtschaft und der mit-absahnenden Kommerzjuristen, im Grundansatz nur für die Investorenseite interessant, politisch-gesellschaftliche Flexibilität blockierend, und dürfte daher nach gesundem Menschenverstand von vornherein überhaupt kein Verhandlungsthema in Handelsabkommen sein.
Warum investiert ein Unternehmen auf unsicherem Terrain? Weil und nur dann, wenn es sich Profit verspricht. Damit verbundene Risiken sind doch wohl ganz simpel ‚unternehmerisches Risiko‘. Wie dreist ist doch die Wirtschaft, sich dagegen auf Kosten von Allgemeinheit absichern zu wollen! Und wenn mit ‚Investitionen zum Wohle und der Entwicklung des Gastlandes, womöglich auf Nachfrage aus diesem‘ argumentiert wird, dann ist dies schlicht Verschaukelung.
Unternehmen sind Wohltäter nur für die Eigner!