AfD Rechtsextremismus Handel Service Tierschutz Demokratie Klimakrise Montagslächeln 20 Jahre Campact

Demokratischer Fortschritt: Das sagen die Parteien

Intransparente Handelsabkommen, Konzerninteressen statt Bürgerbegehren: Mehr und mehr Menschen verlieren ihr Vertrauen in die Demokratie. Mit fairen Regeln für alle können wir das ändern. Lies hier, was die Parteien davon halten.

Demokratie ist keine Handelsware - Demo gegen TTIP / Campact e.V. [CC BY-ND 2.0]
Teilen
E-Mail senden

Beim Aufbruch 2017 haben über 75.000 Campact-Aktive darüber abgestimmt, welche Herausforderungen eine neue Bundesregierung dringend angehen muss. Das Ergebnis: 10 Forderungen für sozialen, demokratischen und ökologischen Fortschritt. Auf diese Punkte haben wir die Wahlprogramme der Parteien abgeklopft.

Forderung 4: Lobbyismus bekämpfen

Wird in Berlin über ein neues Gesetz verhandelt, sitzen nicht nur Volksvertreter/innen am Tisch: Bei politischen Entscheidungen reden viele Lobbyistinnen und Lobbyisten mit. Wer zu welchen Themen Einfluss nimmt, ist weitgehend unbekannt. Hier hängt die Bundesregierung deutlich hinterher: Anders als zum Beispiel in den USA gibt es in Deutschland kein verpflichtendes Lobbyregister.

Es braucht daher als ersten Schritt ein zentrales, öffentlich zugängliches Verzeichnis, in dem sich professionelle Lobbyist/innen verpflichtend registrieren. Dieses Transparenzregister würde Angaben zu Budget, beteiligten Personen und Politikfeld erfassen. Es würde verbindliche Regeln für alle Akteure schaffen – ob Verband, Unternehmen, Nichtregierungsorganisation, Agentur oder Kanzlei. Ein solches Lobbyregister würde intransparente Einflussnahme erschweren und Interessenvertretung endlich regulieren.

Die Organisation Lobbycontrol streitet seit Jahren für ein solches Lobbyregister. Hier kannst Du den Entwurf dazu im Detail nachlesen, der bereits von vielen Parteien unterstützt wird.

Wie viel Transparenz wollen die Parteien?

Für Die Linke ist der Einfluss von Lobbys ein wichtiges Thema: Sie fordert Obergrenzen bei Spendengeldern, vollständige Transparenz bei Nebeneinkünften von Abgeordneten und längere Übergangszeiten für Politiker/innen, die in Unternehmen oder Lobbyverbände wechseln. Die Linke verspricht in ihrem Wahlprogramm, ein “verbindliches, maschinenlesbares und transparentes Lobbyregister” (S. 110) einzuführen.

Auch SPD und Grüne sprechen sich für ein Lobbyregister aus. Beide Parteien wollen darüber hinaus eine “exekutive Fußspur” (SPD-Wahlprogramm, S. 80) beziehungsweise einen „legislativen Fußabdruck“ (Wahlprogramm der Grünen, S. 147) einführen, über den nachvollzogen werden kann, welche Interessenvertreter/innen und Lobbyist/innen an einem Gesetzesentwurf mitgewirkt haben.

CDU/CSU und die FDP erwähnen das Thema Lobbyismus mit keinem Wort in ihren Parteiprogrammen. Die CDU-Fraktion im Bundestag, die von 2013 bis 2015 doppelt so viele Lobbyausweise ausstellte wie alle anderen Fraktionen zusammen, blockierte bisher die Einführung eines Lobbyregisters.

Die AfD verspricht, Lobbyismus einzudämmen und stellt dazu ein “Lobbyisten-Gesetz mit konkreten Rechten, Pflichten und Sanktionen für Mandatsträger und Lobbyisten” (Wahlprogramm, S. 11) in Aussicht. Wie ein solches Gesetz ausgestaltet werden soll, steht nicht genauer im Wahlprogramm.

Bist Du auch für mehr Transparenz? Dann teile diesen Beitrag mit Deinen Freundinnen und Freunden.

Teilen
E-Mail senden

Forderung 5: Keine undemokratischen und unfairen Freihandelsabkommen abschließen

Die letzten Jahre haben gezeigt: Es besteht dringender Bedarf für eine neue Handelspolitik. Die zuletzt von der EU verhandelten Handels- und Investitionsschutzabkommen wie TTIP, CETA oder JEFTA ermöglichen es Unternehmen, gegen Staaten zu klagen, wenn sie ihre Profite durch staatliche Maßnahmen geschmälert sehen. So kann zum Beispiel die Einführung eines Mindestlohns als „indirekte Enteignung“ gelten.

Mit diesen Sonderklagerechten können ausländische Investoren den nationalen Rechtsweg umgehen. Werden Klagen angedroht oder tatsächlich eingereicht, hebelt das die Demokratie aus. Solche Sonderklagerechte für Konzerne dürfen nicht länger Bestandteil von Handelsabkommen sein.

Beim Abschluss von Handelsabkommen müssen Mindeststandards in relevanten Bereichen vereinbart werden. So kann die Handelspolitik als ein Instrument genutzt werden, um ökologische, soziale und menschenrechtliche Standards weltweit nach oben zu schrauben. Beispielsweise sollten Steueroasen keine Handelserleichterungen erhalten und ambitionierte Minderungsziele für CO2-Emissionen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens die Voraussetzung für Handelsabkommen sein.

Campact selbst hat konkrete Vorgaben für faire Handelsabkommen formuliert. Du findest diese hier.

So stehen die Parteien nach TTIP und CETA zum Freihandel

Die große Bewegung gegen TTIP und CETA hat beim Thema Handel für große Aufmerksamkeit gesorgt: Alle Parteien gehen in ihren Programmen darauf ein. Die CDU/CSU positioniert sich im Wahlprogramm klar als Befürworter der bisherigen Handelsabkommen: “Wir wollen das zwischen der EU und Kanada abgeschlossene Freihandelsabkommen CETA mit Leben erfüllen und wir streben weiterhin ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA an” (Wahlprogramm, S. 23). Die Partei kündigt lediglich an, Deutschland gegen unfaire Handelspraktiken zu schützen.

Die SPD hatte im vergangenen Jahr nach parteiinternem Ringen CETA zugestimmt, nachdem die umstrittenen Schiedsgerichte (ISDS) durch einen Schiedsgerichtshof ersetzt wurden. Im Parteiprogramm heißt es nun zwar: “Unser Ziel ist es, in allen Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren” (Wahlprogramm, S. 110). Grundsätzlich hält die Partei aber an Konzerngerichten fest.

Auch die Grünen, als Partei beim Thema CETA ebenfalls gespalten, sprechen sich für Handelsabkommen aus – aber nur, wenn diese fairen Handel ermöglichen: “Handelsabkommen, die anders als TTIP, CETA und TiSA transparent verhandelt wurden und an sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien ausgerichtet sind, können eine gerechte Globalisierung fördern” (Wahlprogramm, S. 96). Abkommen müssten vom Vorsorgeprinzip geleitet sein und weltweit Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz sichern, ebenso wie Arbeitsnormen und Menschenrechte. Statt einseitiger Klagemöglichkeiten für Konzerne fordern die Grünen für solche Abkommen einen “ständigen Handelsgerichtshof unter dem Dach der Vereinten Nationen, vor dem auch Betroffene gegen Investoren klagen können” (Wahlprogramm. S. 96).

Auch die FDP sieht in Handelsabkommen die Chance, “der Globalisierung gerechte Regeln zu geben” (Wahlprogramm, S. 104). Sie spricht sich für einen Welthandel aus, der hohe Standards im Bereich Menschenrechte, Lebensmittel- und Umweltsicherheit schützt, ohne explizit Schiedsgerichte zu erwähnen. Das Ziel: “Die Angst vor Freihandel muss daher Optimismus und der Hoffnung auf Fortschritt und Frieden weichen” (S. 104).

Die Linke hingegen spricht sich für eine “grundlegende Neuausrichtung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen weltweit” (Wahlprogramm, S. 105) aus – nicht nur gegen TTIP und CETA, sondern gegen alle Handelsabkommen, die “Märkte öffnen und Privatisierungen zementieren” (Wahlprogramm, S. 98), insbesondere mit Ländern des globalen Südens. Statt “Freihandelsdiktat” sollten lokale Märkte geschützt und die Ausfuhr von wertvollen Rohstoffen durch Zölle erschwert werden.

Abkommen wie TTIP, CETA und TiSA stoßen in der AfD auf Ablehnung, wobei es der Partei nicht um die globale Sicherung von Standards und Rechten zu gehen scheint, sondern hauptsächlich um die Interessen deutscher Unternehmer und Verbraucher. So heißt es im Wahlprogramm etwa: “Investitionsschutzverträge sollen nur abgeschlossen werden, wenn sie auch deutsche Unternehmen gegen unsichere Rechtsverhältnisse absichern” (S. 20).

Freihandel – ja oder nein? Teile diesen Beitrag in Deinen sozialen Netzwerken.

Teilen
E-Mail senden

Forderung 6: Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen

Bildung, Infrastruktur, Gesundheit: All das kostet Geld, und wir tragen als Steuerzahler/innen unseren Teil dazu bei, dass es unserer Gesellschaft gut geht. Doch Steuerflucht wird zunehmend zum Problem: Allein deutsche Steuerzahler/innen betrügen den Fiskus jährlich um hunderte Milliarden Euro – sie verstecken ihr Schwarzgeld hinter Briefkastenfirmen oder stiftungsähnlichen Konstruktionen. Auch Vermögen aus Betrug, Korruption und organisierter Kriminalität verschwinden bequem im anonymen Offshore-Dschungel. Helfershelfer sind Banken und Finanzdienstleister, die still und leise Vermögen über Landesgrenzen hinweg transferieren und Schwarzgelder verstecken. Dieses Geld fehlt dann zur Finanzierung des Gemeinwesens, ob bei uns oder in anderen Ländern.

Die Bundesregierung muss deshalb aktiv gegen Steuerflucht vorgehen und Banken mit dem Entzug von Lizenzen drohen, wenn diese Steuerflucht unterstützen. Und auch Steuerbehörden und Steuerfahndung müssen finanziell und personell besser ausgestattet werden, um Steuerkriminalität wirksam zu verfolgen. Viele Unternehmen wie Starbucks oder Apple zahlen außerdem legal kaum Steuern, weil sie sich mit zahlreichen Tricks der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen. Diese Löcher müssen gestopft werden. Unternehmen sollten dort Steuern zahlen müssen, wo sie ihren Gewinn erwirtschaften.

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit informiert in einem umfangreichen Papier über den Handlungsbedarf beim Thema internationaler Steuergerechtigkeit. Du kannst es hier lesen.

Die Pläne der Parteien gegen Steuerflucht und Schlupflöcher

Die CDU/CSU nimmt für sich in Anspruch, auf diesem Gebiet bereits erfolgreich “gemeinsames, international abgestimmtes Handeln gegen die Aushöhlung der Bemessungsgrundlage und gegen Gewinnverlagerungen” vorangetrieben zu haben (Wahlprogramm, S. 34) und will auf diesem Weg weiter fortschreiten. Allerdings blockierte in der Vergangenheit gerade die Union wichtige Maßnahmen gegen Steuerflucht und Geldwäsche in Berlin und Brüssel.

Auf die von der Union blockierten Maßnahmen – ein öffentliches Transparenzregister und die Veröffentlichung länderbezogener Steuerzahlungen von internationalen Konzernen – setzt Die Linke. Das Wahlprogramm fordert außerdem unter anderem Strafen für Banken, die Steuerflucht unterstützen, bessere internationale Zusammenarbeit, eine Schwarze Liste der Steueroasen und eine Aufstockung von Personal zur Verfolgung von Steuerkriminalität (S. 77). Auch die Grünen befürworten ein öffentliches Transparenzregister und länderbezogene Steuertransparenz und wollen Banken und Kanzleien verbieten, Geschäfte mit Steueroasen zu machen (Wahlprogramm, S. 195).

Die SPD betont wie die Union die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit gegen Steuerflucht, setzt aber auch im Inland auf stärkere Kontrolle: “Wir wollen, dass alle Bundesländer ihre Steuerverwaltung, Steuerfahndungen und Betriebsprüfungen personell vernünftig aufstellen. Sämtliche aus einer Straftat erlangten Vermögenswerte und alle rechtswidrigen Gewinne sollen konsequent eingezogen werden” (Wahlprogramm, S. 53). Die Partei fordert außerdem ein europäisches Transparenzregister zur Vermeidung von Steuerflucht und Geldwäsche und will Banken bestrafen, die solche Praktiken unterstützen.

Die FDP beklagt die “aggressive Steuerplanung” internationaler Konzerne zur Vermeidung von Steuern und kündigt an, sich in Zukunft mit dem Thema auseinandersetzen zu wollen: “Wir setzen uns dafür ein, dass sowohl auf internationaler Ebene der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) als auch auf Ebene der Europäischen Union Konzepte entwickelt werden, die eine faire Besteuerung für alle Unternehmen sicherstellen, den Standort Deutschland aber nicht gefährden” (Wahlprogramm, S. 132).

Wenn auch ohne konkrete Vorschläge fordert die AfD in ihrem Wahlprogramm ebenfalls: „Gewinne sind dort zu versteuern, wo sie erwirtschaftet werden“ (S. 51).

Fandest du diesen Überblick aufschlussreich? Dann teile ihn mit Deinen Freundinnen und Freunden.

Teilen
E-Mail senden

Mehr Infos zur Bundestagswahl

Im Rahmen dieser Übersicht können wir nur kurz auf die jeweilige Position der Parteien eingehen. Wenn Du mehr wissen willst, findest Du alle Wahlprogramme hier.

Du findest diesen Überblick interessant? Dann teile den Beitrag mit Deinen Freundinnen und Freunden.

Teilen
E-Mail senden
TEILEN

Autor*innen

Katrin Beushausen kam von der Bühne zur Politik: Nach dem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete sie als Pressereferentin und Dramaturgin, lehrte und promovierte zum Verhältnis von Theater und Öffentlichkeit. Sie organisierte kreativen Protest gegen Uni-Sparpläne und stritt bei 350.org gegen klimaschädliche Investitionen. Seit 2016 ist sie Campact Campaignerin. Alle Beiträge

1 Kommentar

Kommentare sind geschlossen
  1. wir werden keine neue Politik bekommen
    den es wird sich nichts Ändern das ist so
    sicher wie das Amen in der Kirche

Auch interessant

Aufbruch 2017 Ökologischer Fortschritt: Das sagen die Parteien Aufbruch 2017 Sozialer Fortschritt: Das sagen die Parteien Aufbruch 2017 Prozesstransparenz: So verlief der Redaktions- und Abstimmungsprozess Aufbruch 2017 Ein Kompass für progressive Politik Aufbruch 2017 Aufbruch 2017: So wollen wir leben Aufbruch 2017 Nicht weiter so: Für einen Politikwechsel in Deutschland und Europa Aufbruch 2017, Campact, Demokratie Aufbruch 2017: Wie Du bei der Bundestagswahl mitreden kannst Aufbruch 2017 Bundestagswahl 2017: So schaffen wir den Aufbruch Aufbruch 2017 In diesen Paketen steckt der Aufbruch! Aufbruch 2017 „Das ist echte direkte Demokratie. Davon brauchen wir mehr!“
Campact ist eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen entschlossen für progressive Politik eintreten und unsere Demokratie verteidigen. Wenn wichtige politische Entscheidungen anstehen, starten wir Kampagnen - digital und auf der Straße. Wir schmieden breite Bündnisse und mobilisieren eine starke Bewegung für die gemeinsame Sache. NewsletterHilfe und FAQKontaktDatenschutzImpressumCookie Einstellungen